Autor: Webmaster HW

Komm auf den Punkt! – Roland Spinola 0

Komm auf den Punkt! – Roland Spinola

Stel­len Sie sich folgen­de Situa­ti­on vor: In einer Unter­hal­tung sagt jemand „Sie haben sich doch mit Komple­men­tär­wäh­run­gen beschäf­tigt – worum geht es da eigent­lich?“ Das ist Ihre Chance! Wenn Sie jetzt kurz und klar darstel­len können, worum es geht, kann das der Beginn einer inter­es­san­ten Diskus­si­on werden!

Wie viel Zeit haben Sie? Eine Minute, viel­leicht zwei, wenn Ihr Gegen­über inter­es­siert ist! Und wie oft passiert es Ihnen, dass Sie ich verhas­peln, verspre­chen, vom Hölz­chen zum Stöck­chen kommen und schließ­lich merken, dass das Inter­es­se ihres Zuhö­rers – oder sind es gar mehre­re? – lang­sam nach­lässt. Ein paar höfli­che Bemer­kun­gen – dann wendet man sich ande­ren Themen zu.

Mein Kolle­ge Wolf­gang Enßlin beschreibt eine Vari­an­te, die wohl jedem von uns schon passiert ist – sei es als Opfer oder als Täter: „Sie wollen Ihrem Gegen­über eine faszi­nie­ren­de Idee oder einen wich­ti­gen Gedan­ken­gang erklä­ren … und spon­tan wird bei Ihnen ein unge­hemm­ter Rede­fluss ausge­löst – wie in einem Weizen­si­lo: Klap­pen­he­bel auf und das Korn fließt heraus auf den darun­ter stehen­den Empfän­ger, der nur noch ‚Bahn­hof‘ versteht. Ihr Zuhö­rer schal­tet ganz einfach ab.“

Woran liegt’s?

An mangeln­dem Wissen in den wenigs­ten Fällen. Weshalb gelingt es dann so selten, unser Wissen und Ideen klar, kurz und wirkungs­voll zu kommunizieren?

„Tritt fest auf, mach’s Maul auf, hör bald auf“, hat Martin Luther die Regeln für einen guten Vortrag zusam­men­ge­fasst. Und Kurt Tuchol­sky meinte: „Klare Dispo­si­ti­on im Kopf – möglichst wenig auf dem Papier. Haupt­sät­ze, Haupt­sät­ze, Haupt­sät­ze. Merke: wat jestri­chen is, kann nich durchfalln.“

Finanzzirkus 0

Der Krieg gegen die arbeitende Bevölkerung – Wolfgang Berger

Im Jahre 1870 bildet die Londo­ner Manège-Schule erst­mals Zirkus­di­rek­to­ren aus. Die Abschluss­qua­li­fi­ka­ti­on für die erfolg­rei­chen Absol­ven­ten ist eine Berufs­be­zeich­nung, die hundert Jahre später auch woan­ders in Mode kommt: Mana­ger. Der Begriff leitet sich vom latei­ni­schen „manum agere“ ab: jemand an der Hand führen.

Im Zirkus hat es ange­fan­gen. Kennen Sie das? Zirkus­tie­re werden an der Leine geführt, mit Tricks und Gewalt dres­siert und zu Kunst­stü­cken gezwun­gen, die sie von sich aus nie tun würden. So wie Zirkus­tie­re gegen ihre Natur auf ein nicht artge­rech­tes Verhal­ten gedrillt werden, dril­len Unter­neh­men viele Menschen gegen ihre Natur auf ein nicht artge­rech­tes Verhalten.

„Angst und Geld sind das einzi­ge, was Mitar­bei­ter moti­viert“, meinte Jeffrey Skil­ling, Chef der Enron Corpo­ra­ti­on – einem Ener­gie­kon­zern aus Texas – bis zur spek­ta­ku­lä­ren Pleite in 2001. Der Harvard Absol­vent hatte seine Karrie­re bei der Unter­neh­mens­be­ra­tung McKin­sey begon­nen und dann den größ­ten Wirt­schafts­kri­mi des 20. Jahr­hun­derts insze­niert. Nach jahre­lan­gen Anfech­tungs­kla­gen hat im Sommer 2013 ein Bezirks­rich­ter in Hous­ton, Texas, seine Gefäng­nis­stra­fe von 24 auf 14 Jahre redu­ziert – gegen Zahlung von 40 Millio­nen Dollar.
Die Share­hol­der-Value-Doktrin zerbricht die Menschen 

Die Enron-Pleite hat 22.000 Menschen arbeits­los gemacht und zugleich ihre Alters­ver­sor­gun­gen vernich­tet. In den letz­ten fünf Jahren vor dem Zusam­men­bruch hat Enron seinen Gewinn jähr­lich um 65 Prozent stei­gern können. Der nach der Börsen­ka­pi­ta­li­sie­rung gemes­se­ne Wert des Unter­neh­mens war welt­weit an sechs­ter Stelle. Namhaf­te Exper­ten haben im Jahre 2000 den Enron-Verwal­tungs­rat (Board) als einen der fünf besten der USA bewertet.

In weni­gen Tagen ist dann das Karten­haus aus Gier, Skru­pel­lo­sig­keit und Größen­wahn zusam­men­ge­fal­len. Auslö­ser für eine Unter­neh­mens­stra­te­gie, die zunächst von der Fach­welt bewun­dert und anschlie­ßend von einem Tsuna­mi regel­recht über­rollt wird, ist ein US-ameri­ka­ni­sches Gerichts­ur­teil. Weil alle großen Firmen eine Nieder­las­sung in den USA haben und dort mit astro­no­mi­schen Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen verklagt werden können, hinter­lässt es eine Spur auf der ganzen Welt:

1932 grün­den Joseph und Charles Revson die Kosme­tik­fir­ma Revlon. Zu Beginn der 1980er Jahre inter­es­siert sich die Leitung der Firma für die Gewin­ne der Eigen­tü­mer, aber außer­dem auch noch für Belan­ge von Beleg­schaft, Kunden und Liefe­ran­ten. Da wird sie verklagt. 1985 verur­teilt der Dela­ware Supre­me Court (das höchs­te Gericht des Bundes­staa­tes) die Führung des Unter­neh­mens. Nach dem Urteil des Gerichts muss die Leitung eines Unter­neh­mens der Eigen­tums­meh­rung der Aktio­nä­re alles – wirk­lich alles andere unter­ord­nen. Mit diesem Urteil gelingt es Ronald Pere­man, die Akti­en­ge­sell­schaft „feind­lich“ zu über­neh­men. Und das heißt: Gegen den erbit­ter­ten Wider­stand der Beleg­schaft und der Unternehmensleitung.

Das Urteil zwingt die Unter­neh­men der Welt zu einer Stra­te­gie, die „Share­hol­der-Value-Doktrin“ genannt wird. „Share­hol­der Value“ ist der Betrag, den das gesam­te Unter­neh­men zum gegen­wär­ti­gen Börsen­kurs wert ist. Das Manage­ment muss mit allen lega­len Mitteln den Unter­neh­mens­wert stei­gern und dadurch den Reich­tum der Aktio­nä­re mehren. Andere Ziele dürfen nur verfolgt werden, wenn es nicht zu Lasten dieses höchs­ten Gebots geht.

Wo die Doktrin nicht befolgt wird, sinkt der Akti­en­kurs – und damit droht eine feind­li­che Über­nah­me des Unter­neh­mens. Fonds, die solche Spiele radi­kal betrei­ben, finan­zie­ren Über­nah­men mit Kredi­ten großer Finanz­in­sti­tu­te, vornehm­lich in der „City of London.“ Die Rück­zah­lung der Kredi­te wird dem erober­ten Unter­neh­men aufge­bür­det. Wenn es den Wert des Unter­neh­mens erhöht, muss die Unter­neh­mens­lei­tung Perso­nal entlas­sen. Naomi Klein beschreibt diese Machen­schaf­ten und ihre Hinter­grün­de auf 763 Seiten detail­liert und fakten­reich: »Die Schock-Stra­te­gie – Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus«.

Die Vorstän­de müssen mitspie­len und ihre Verant­wor­tung für das Ganze zurück­stel­len. Die Voraus­set­zun­gen dafür schuf Mitte der 1970er Jahre die Unter­neh­mens­be­ra­tung »McKin­sey & Compa­ny Inc.« Bis dahin waren Mana­ger Arbeit­neh­mer, ebenso wie die ihnen unter­stell­ten Mitar­bei­ter – und stan­den damit in natür­li­chem Inter­es­sen­ge­gen­satz zu den Kapi­tal­eig­nern. Mit „Stock Opti­ons“ (Akti­en­op­tio­nen) wurden die ange­stell­ten Unter­neh­mens­füh­rer von der Seite der Beleg­schaft auf die Seite des Kapi­tals gezogen.

Akti­en­op­tio­nen werden als Erfolgs­bo­nus – als Beloh­nung – zusätz­lich zum Gehalt ausge­ge­ben, wenn der Akti­en­kurs eine bestimm­te Höhe erklimmt. Wer solche Optio­nen besitzt, kann sie gegen Aktien des von ihm gelei­te­ten Unter­neh­mens eintau­schen und diese Aktien später auch verkaufen.

Unab­hän­gig von den Zwän­gen der Recht­spre­chung hat der Inha­ber von Optio­nen ein persön­li­ches Inter­es­se an einem hohen Akti­en­kurs. Die Versu­chung ist groß, diesem Inter­es­se andere Themen unter­zu­ord­nen: die Belan­ge der Beleg­schaft und die lang­fris­ti­ge Zukunft des Unter­neh­mens; gewach­se­ne Kunden- und Liefe­ran­ten­be­zie­hun­gen; Fair­ness gegen­über Wett­be­wer­bern; Loya­li­tät gegen­über Produk­ti­ons­stand­or­ten, die die Infra­struk­tur bereit­stel­len und deren Bevöl­ke­rung von Entlas­sungs­wel­len betrof­fen ist; sowie Rück­sicht auf den Staat, auf dessen Infra­struk­tur alle Unter­neh­men ange­wie­sen sind.

Akti­en­op­tio­nen haben den Kapi­ta­lis­mus von Grund auf verän­dert. Die Führung von börsen­ge­han­del­ten Akti­en­ge­sell­schaf­ten ist seit­dem weni­ger bestrebt, Produk­te oder Dienst­leis­tun­gen anzu­bie­ten, Stand­or­te und Arbeits­plät­ze zu erhal­ten. Sie bemüht sich vor allem darum, den Akti­en­kurs nach oben zu trei­ben. Die übri­gen Arbeit­neh­mer – bis dahin in einer Inter­es­sen­ge­mein­schaft mit der Unter­neh­mens­spit­ze – blei­ben zurück und profi­tie­ren nicht mehr von dem Produk­ti­vi­täts­zu­wachs, den sie erarbeiten.
Auch das Land, in dem die Akti­en­ge­sell­schaft ihren Sitz hat, bleibt zurück. Die Mehr­heit der Aktien der 30 größ­ten und umsatz­stärks­ten deut­schen Unter­neh­men, die an der Frank­fur­ter Börse gehan­delt werden – die deut­schen „DAX-Konzer­ne“ – gehört nach Auskunft der Wirt­schafts­prü­fer Ernst & Young auslän­di­schen Inves­to­ren. In ande­ren Ländern ist es kaum anders. Viele dieser Konzer­ne weisen Bilanz­sum­men aus, die das Brut­to­in­lands­pro­dukt der meis­ten Staa­ten dieser Welt übersteigen.

Die Fonds haben ihren Sitz über­wie­gend auf exoti­schen Inseln, die ihnen als „tax haven“ (Steu­er­flucht­stät­te) dienen. Diese „Offshore“-Finanzplätze“ liegen jenseits der eige­nen Küste (off shore). Aber die Fonds werden in der „City of London“ verwal­tet. Ähnlich wie der Vati­kan kein Teil Itali­ens ist, gehört der Finanz­di­strikt „City of London“ nicht zu Groß­bri­tan­ni­en. Er ist eine eigen­stän­di­ge poli­ti­sche Einheit. Die dort gülti­gen Geset­ze werden von den ca. 250 global täti­gen Finanz­in­sti­tu­ten gestal­tet, die dort nieder­ge­las­sen sind und keine natio­na­le Iden­ti­tät haben.

Samuel J. Palmi­s­a­no, Aufsichts­rats­vor­sit­zen­der der Compu­ter­fir­ma IBM, drückt die Aufla­gen des Finanz­sek­tors in seiner „Road­map to 2015“ (Ziel­pla­nung für 2015) knackig aus: „Earnings to double“ (Den Gewinn verdop­peln). Unter der Leitung der CEO (Präsi­den­tin) Virgi­nia M. „Ginni“ Romet­ty sollen die welt­weit über 430.000 Mitar­bei­ter die Rendi­ten der Aktien in weni­gen Jahren um 100 Prozent erhö­hen. Dieser Druck wird an die gesam­te Beleg­schaft weitergegeben.

Die Konse­quen­zen zeigen sich in den Verei­nig­ten Staa­ten – dem Ausgangs­punkt der verän­der­ten Recht­spre­chung – am drama­tischs­ten: 1970 verdien­te ein Unter­neh­mens­chef in den USA das 25fache des Durch­schnitts­ein­kom­mens seiner Mitar­bei­ter, heute ist es das 500fache. Im Rest der Welt drif­ten die Einkom­men zwischen der Unter­neh­mens­spit­ze und der Beleg­schaft ähnlich stark auseinander.

Leserbriefe 05/2013 0

Leserbriefe 05/2013

Sommer­ta­gung 90. Geburts­tag Helmut Creutz

Am Rande der Tagung hatte ich viel­fach Gele­gen­heit, mich mit ande­ren Teil­neh­mern auszu­tau­schen. Geball­tes Fach­wis­sen war auf der Tagung unter­wegs. Sehr erfri­schend waren der Sketch mit Andre­as Bange­mann und Stef­fen Henke, die Rumba-Einla­ge mit Stef­fen Henke und seiner Frau, um flie­ßen­des Geld tänze­risch darzu­stel­len. Gran­di­os auch die tänze­ri­sche Inter­pre­ta­ti­on von Silvio Gesells „Robin­so­na­de“ durch Jona­than Ries.

Es war ein gran­dio­ses Wochen­en­de – mein Dank an alle Orga­ni­sa­to­ren und Mitmacher.
Marie-Luise Volk,
Gesund­heits­be­ra­te­rin (GGB) und Spre­che­rin der Bürger­initia­ti­ve „Bürger/innen sagen NEIN
zur Agro-Gentech­nik“ im Land­kreis Cochem-Zell
www.agrogen-rlp.de – www.kritisches-netzwerk.de

Eine wunder­vol­le Sommer­ta­gung bei herr­li­chem Wetter.

Dr. Frank Schep­ke, Löptin – www.kannwas.org

Syste­ma­ti­sche Belanglosigkeit

„Wenn wir auf unsere Schu­len und Hoch­schu­len schau­en, dann müssen uns erheb­li­che Zwei­fel kommen, ob die Aufga­ben, mit denen Schü­ler in Trab, wenn auch nicht bei Laune gehal­ten werden, diesen Anfor­de­run­gen genü­gen. Können wir uns Lehrer vorstel­len, die auf die Mitar­beit ihrer Schü­ler für eine wich­ti­ge gemein­sa­me Ange­le­gen­heit ange­wie­sen sind? Können wir uns Schü­ler vorstel­len, die das im Ernst erwar­ten? Die Aufga­ben, die Schü­lern und Studen­ten aufer­legt werden, sind beinah ausnahms­los trivi­al. Schu­len sind wahre Produk­ti­ons­stät­ten für belang­lo­se Aufga­ben. Allein die Tatsa­che, dass immer alle das Glei­che tun müssen und immer alle am fest­ge­leg­ten Stan­dard gemes­sen werden, macht die Arbeit, die in der Schule geleis­tet wird – von Schü­lern wie von Lehrern – syste­ma­tisch belang­los. Dass ein Schü­ler mit einer ihm gemä­ßen Aufga­be befasst werde, wird nicht einmal mehr für wünschbar gehal­ten. Dass ein Profes­sor sich um Talent und Bega­bung jedes seiner Studen­ten sorgt, macht ihn zu einem Stör­fak­tor im Betrieb. Aufga­ben müssen nicht bedeut­sam sein, wenn nur die Resul­ta­te abprüfbar sind und mit einer Note erle­digt werden können. Und an die Stelle der Koope­ra­ti­on bei der Bewäl­ti­gung wich­ti­ger Aufga­ben ist die Konkur­renz getre­ten, die jede Erkennt­nis und alle Wahr­heits­su­che dem Sieges­wil­len und der Image­pfle­ge opfert. Aus Lehren­den und Lernen­den sind Prüfer und Prüf­lin­ge gewor­den und die Aufga­ben sind zum Prüfstoff verkom­men, wodurch selbst Inhal­te von erheb­li­cher Trag­wei­te zu Baga­tel­len werden. Bildung ist von diesen Bildungs­ein­rich­tun­gen nicht zu erwar­ten und wird auch nicht von ihnen erwar­tet. Man kann in ihnen reüs­sie­ren oder schei­tern, das ist alles. Dass sich im Einzel­fall Bildung dennoch ereig­net, weil Lehrer und Schü­ler trotz alle­dem auch unter den widrigs­ten Umstän­den dort einan­der und ihre Aufga­ben finden, ist ein Wunder, ändert aber nichts an der trau­ri­gen Bilanz. Wäre diese Proze­dur nur einfach wirkungs­los, dann könnte man die vergeu­de­te Zeit und die verschwen­de­ten Steu­er­gel­der bekla­gen, und müsste sich sonst nicht weiter aufre­gen. Dann wäre die Sache eben einfach unnütz. Tatsäch­lich aber ist sie sehr wirk­sam, und es wird dabei eine verhee­ren­de Lekti­on gelernt, nämlich die, dass es auf mich über­haupt nicht ankommt, auch nicht auf das, was ich tue oder kann oder lasse, nicht darauf, ob ich Gutes oder Böses im Sinn habe oder
igno­rant gegen­über beidem bin, sondern ledig­lich darauf, dass ich mithal­ten kann im Kampf um Rang und Vorteil.“

Zitiert aus dem Vortrag von Prof. Mari­an­ne Grone­mey­er, 2012 anläss­lich des 10. Todes­tags von Ivan Illich.
Im Ganzen hier zu finden: http://www.marianne-gronemeyer.de/resources/Bremen+2012+10.+Todestag.pdf

Ein Jubiläum der besonderen Art – Andreas Bangemann 0

Ein Jubiläum der besonderen Art – Andreas Bangemann

Sommer­ta­gung der HUMANEN WIRTSCHAFT aus Anlass des 90. Geburts­tags von Helmut Creutz.
Ein Bericht von Andre­as Bangemann

„Wir sind sehr glück­lich, dieses Fest hier feiern zu können.“, sagten Barba­ra und Helmut Creutz zu Beginn dieser beson­de­ren Sommer­ta­gung vom 13. bis 14. Juli 2013 in Wuppertal. 

In der Silvio-Gesell-Tagungs­stät­te hat Helmut Creutz ein „Heim­spiel“. Seit Jahr­zehn­ten nimmt er immer gerne die Einla­dun­gen zu Veran­stal­tun­gen an diesem Ort an.

Das Programm hatte dementspre­chend einen Schwer­punkt in Vorträ­gen rund um das Schaf­fen des erfolg­rei­chen Buch­au­tors und Wirtschaftsanalytikers.

Den Anfang machte Prof. Günther Moewes, der erläu­ter­te, wie es Helmut Creutz gelang, ihn in seinen Bann zu schla­gen. In seiner Lehr­tä­tig­keit als Profes­sor an der Fach­hoch­schu­le in Dort­mund stieß er wieder­keh­rend auf die ökono­mi­schen Zwänge, welche einer ökolo­gisch erfor­der­li­chen Entwick­lung im Bauwe­sen im Wege standen.

Umso mehr inspi­rier­te ihn die Begeg­nung mit Helmut Creutz und dessen Werk. Kurze Zeit nach dem Kennen­ler­nen lud er ihn zu Vorträ­gen nach Dort­mund ein.

„Geld­ord­nung und Bauwe­sen – Die Haupt­ur­sa­che der Ökolo­gie­feind­lich­keit unse­rer Wirt­schaft“ titel­te Günther Moewes 1991 in der Einladung. 

In der Folge verband sich die Arbeit von Günther Moewes immer ausge­präg­ter mit dem Wissen seines Aache­ner Archi­tek­ten­kol­le­gen. Das Buch „Geld oder Leben – Umden­ken und unsere Zukunft nach­hal­tig sichern“ entstamm­te 2004 als Ergeb­nis dieser „Symbio­se“. Bis heute ist Günther Moewes, wenn auch beruf­lich im Ruhe­stand, schrei­bend in der Sache tätig. Unnach­gie­big macht er auf das folgen­schwe­re immer deut­li­cher an den Ursa­chen vorbei­ge­hen­de poli­ti­sche Verhal­ten aufmerk­sam. Ein Verhal­ten, das schlicht reflex­haft einsei­tig auf die Sympto­me der erkenn­ba­ren Miss­stän­de reagiert und den Ursa­chen nicht auf den Grund geht.

Profes­sor Chris­ti­an Kreiß aus Aalen sprach am Nach­mit­tag unter dem Titel „Profit­wahn – Warum sich eine mensch­li­che Wirt­schaft lohnt“. 

Er kann als einer der zuletzt zu Helmut Creutz‘ „Kreis der Bewun­de­rer“ Hinzu­ge­kom­me­nen benannt werden. In seinem Vortrag, den er spick­te mit Zita­ten des Aache­ners, war die „Linie“ unver­kenn­bar, welche die beiden verbindet.

Tipps aus dem Reparatur-Café – Pat Christ 0

Tipps aus dem Reparatur-Café – Pat Christ

Drei Fragen an den Olden­bur­ger Post­wachs­tums­öko­no­men Niko Paech

So, wie Menschen heute nach Geld, Konsum und immer mehr Wohl­stand jagen, das kann nicht gut sein und wird nicht gut gehen, warnt Niko Paech seit langem. Der Post­wachs­tums­öko­nom plädiert für ein neues Bewusst­sein von gutem Leben, das einen ande­ren Konsum­stil hervor­bringt. Inak­zep­ta­bel ist für den Wachs­tums­kri­ti­ker, dass Waren auf Verschleiß herge­stellt werden. Gegen­über Pat Christ berich­tet er, was jeder einzel­ne gegen geplan­te Obso­les­zenz tun kann.

Herr Paech, in welchem Umfang produ­zie­ren gerade Elek­tro­kon­zer­ne Ihren Erkennt­nis­sen zufol­ge auf vorzei­ti­gen Verschleiß?

Minia­tu­ri­sie­rung, Digi­ta­li­sie­rung und die Halb­lei­ter­tech­no­lo­gie bilden perfek­te Voraus­set­zun­gen für das Design von Objek­ten, die nicht repa­ra­bel sind und deren Verschleiß sich unbe­merkt, zuwei­len auch schwer beweis­bar, regel­recht einpro­gram­mie­ren lässt. Das ist die Schat­ten­sei­te vermeint­li­cher Fort­schrit­te in der Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie: Wo sich alles steu­ern und program­mie­ren lässt, kann eben auch die Zerstö­rung auto­ma­ti­siert werden, ohne den Nutzern die Chance zu lassen, selbst­tä­tig für Instand­hal­tung zu sorgen oder Objek­te zu repa­rie­ren. Digi­ta­li­sie­rung als Spät­sta­di­um einer durch und
durch indus­tri­el­len Fremd­ver­sor­gung führt nicht nur zur Verküm­me­rung eige­ner Fähig­kei­ten, sondern auch zur Entmün­di­gung. Einer­seits machen wir uns zuse­hends abhän­gig von den heiß geliebten
Elek­tronik­spiel­zeu­gen, ande­rer­seits können wir deren Hard­ware in keins­ter Weise gestal­ten oder beherr­schen. Hinzu kommt, dass die Komple­xi­tät des Designs der Produk­te dazu führt, dass wir die Quali­tät nicht mehr eigen­hän­dig prüfen können. Ein Fahr­rad, ein Hemd, eine mecha­ni­sche Näh- oder Schreib­ma­schi­ne, eine Rohr­zan­ge, ein Möbel­stück etc. kann ich mir genau anschau­en. Unter
Nutzung meiner Sinnes­or­ga­ne bin ich wenigs­tens teil­wei­se in der Lage, das Mate­ri­al, die Robust­heit, die Verar­bei­tung zu prüfen. Ein Smart­phone ist vergli­chen damit eine Mischung aus Wunder­tü­te und Roulette.

Nur haltbar ist nachhaltig – Pat Christ 0

Nur haltbar ist nachhaltig – Pat Christ

Stefan Schrid­de wehrt sich mit „Murks? Nein danke!“ gegen program­mier­ten Verschleiß

Gesell­schafts­kri­tik ist für Stefan Schrid­de an dieser Stelle fehl am Platz: Nicht die „geizi­gen“ Konsu­men­ten, sondern die Konzer­ne tragen nach seiner Meinung die volle Verant­wor­tung dafür, dass immer mehr Produk­te auf Verschleiß produ­ziert werden. Mit seinem Verein „Murks? Nein danke!“ setzt er sich dafür ein, dass halt­ba­rer produ­ziert wird. „Halt­bar­keit ist der größe­re Hebel als Nach­hal­tig­keit“, betont der Stadt- und Regionalentwickler.
Dass Produk­te bewusst auf Verschleiß produ­ziert werden, sei längst keine Verschwö­rungs­theo­rie mehr, sagt er. An vielen Beispie­len konn­ten Schrid­de und seine Mitstrei­ter dies aufzei­gen. „Es werden zum Beispiel Konden­sa­to­ren für Geräte ausge­wählt, die eindeu­tig unter­di­men­sio­niert sind“, so der Anti-Murks-Aktivist.
Dabei koste­ten elek­tro­ni­sche Bautei­le, die zehn Jahre länger halten würden, gar nicht mehr: „Im Falle der Konden­sa­to­ren müsste man um die drei Cent zusätz­lich ausge­ben.“ Auch könn­ten Plati­nen kosten­neu­tral so geplant werden, dass sie es 30 Jahre länger machen: „Das haben mir Inge­nieu­re, mit denen ich gespro­chen habe, bestätigt.“
Was bei einer Jacke schlecht möglich ist, funk­tio­niert bei allen tech­ni­schen Gerä­ten: Ein einge­bau­ter Zähler begrenzt bewusst die Nutzung. Aufge­flo­gen ist diese Verschleiß­me­tho­de inzwi­schen unter
ande­rem bei Toner­kar­tu­schen, Kaffee­ma­schi­nen und Akkus. Schrid­de: „Bei Kartu­schen wird zum Beispiel auf 15.000 Seiten runter­ge­zählt.“ Ist diese Zahl erreicht, erfolgt die Meldung, dass die Kartu­sche leer ist. Wer so clever ist und den Chip auf Null stellt, kann jedoch mit dieser angeb­lich leeren Kartu­sche munter weiter­dru­cken: „Manche Kartu­schen drucken insge­samt 50.000 Seiten.“ Also drei­mal so viel.

Gerechte Medizin hilft besser – Wilfried Deiß 0

Gerechte Medizin hilft besser – Wilfried Deiß

Gesund­heits­we­sen als Modell für die Wirt­schaft der Zukunft?
Über die Bedeu­tung von Ungleich­heit und Nach­hal­tig­keit für das Gesundheitswesen

„Ich sehe voraus, dass sich unsere moder­ne west­eu­ro­päi­sche Entwick­lung einem vergleich­ba­ren Konflikt nähert ‚(Anm.: gemeint ist nichts Gerin­ge­res als der Gali­lei-Konflikt).‘ Das poli­ti­sche System unse­res Landes beruht auf Annah­men, die mit der Lebens­wirk­lich­keit nicht länger verein­bar sind; auf der Annah­me nämlich, dass ein stetes expo­nen­ti­el­les Wachs­tum der mate­ri­ell verfüg­ba­ren Ressour­cen, des mate­ri­el­len Brut­to­so­zi­al­pro­duk­tes, dauer­haft möglich ist. Sämt­li­che seiner wesent­li­chen Grund­la­gen, Struk­tu­ren, Verhal­tens­wei­sen und Erwar­tun­gen sind durch diese Annah­me inhalt­lich geprägt. Sein Geld­sys­tem und die Markt­wer­te der Güter und Dienst­leis­tun­gen beru­hen auf ihr. Es sieht seine Legi­ti­ma­ti­on durch die Zustim­mung seiner Bürger zur demo­kra­ti­schen Ordnung und zum Partei­en­staat nur unter der Bedin­gung eines steti­gen und ange­mes­se­nen Wirt­schafts­wachs­tums gesi­chert. Steti­ges und expo­nen­ti­el­les Wirt­schafts­wachs­tum und Macht­er­hal­tung im bestehenden
poli­ti­schen System bedin­gen einan­der … . Wer die Möglich­keit dauer­haf­ten expo­nen­ti­el­len Wachs­tums leug­net, gefähr­det deshalb das gegen­wär­tig reale demo­kra­ti­sche Herr­schafts­sys­tem ebenso wie die Bewei­se Gali­leis das dama­li­ge Herr­schafts­sys­tem der Kirche gefähr­de­ten.“ – Fest­vor­trag auf der 56. Physi­ker­ta­gung 1992 in Berlin, Phys. Bl. Juli/Aug 1992 von Prof. Kurt Biedenkopf

Die „Zeitung“ der HUMANEN WIRTSCHAFT – Redaktion 0

Die „Zeitung“ der HUMANEN WIRTSCHAFT – Redaktion

Die Zeitung der HUMANEN WIRTSCHAFT … mehr als eine Zeitung

Der Markt für Print­me­di­en, wie Tages­zei­tun­gen, Zeit­schrif­ten und Peri­odi­ka aller Art erlebt einen nie für möglich gehal­te­nen Rück­gang der Aufla­gen. Die digi­ta­len Medien sorgen für einen Umbruch, dessen Ende noch nicht abzu­se­hen ist. Offen­bar began­nen die Heraus­ge­ber der aufla­gen­star­ken Titel viel zu spät damit, sich um zukunfts­fä­hi­ge Konzep­te zu bemü­hen, die der Verän­de­rung der Nutzung von Medien in Zeiten des Inter­net Rech­nung tragen. Die Eins-zu-Eins-Kopie des alten Geschäfts­mo­dells wurde versucht, war aber aussichts­los. Für Infor­ma­tio­nen im Inter­net bezahlt man nicht. Auch Werbe­stra­te­gien lassen sich nicht einfach „Kopie­ren und Einfügen“.

Damit die gute, alte Zeitung nicht ganz stirbt, haben wir uns entschlos­sen, ihr zu neuem Leben zu verhelfen.

Am 7. August war es soweit. Die HUMANE WIRTSCHAFT hat die erste Ausga­be ihrer „Zeitung“ heraus­ge­bracht. Auf Anre­gung des Lesers Tris­tan Abromeit heißt die neue Publi­ka­ti­on aus unse­rer Redak­ti­on „Die Zeitung der HUMANEN WIRTSCHAFT“. In unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den, aber mindes­tens einmal monat­lich wird über Hinter­grün­de, neues­te Entwick­lun­gen und Zusam­men­hän­ge rings um die Themen Wirt­schaft, Geld und Boden in Form eines Inter­net-News­let­ters informiert.

Wir durch­su­chen für unsere Leser das Daten­meer des Inter­net nach rele­van­ten Infor­ma­tio­nen mit dem thema­ti­schen Schwer­punkt, den auch unsere Zeit­schrif­ten­ar­beit prägt. Wir entschleu­ni­gen die Flüch­tig­keit der Infor­ma­tio­nen, die aufgrund ihrer Unmen­ge in ihrem Wahr­heits­ge­halt nicht mehr einschätz­bar ist. Mit der Schlin­ge unse­rer Wahr­neh­mung, getra­gen von jahr­zehn­te­lan­ger Erfah­rung und ausge­rüs­tet mit moderns­ten Instru­ment für die “Infor­ma­ti­ons­jagd“ fangen wir die Wirk­lich­keit für unsere Leser ein. 

Wir weisen auf Veran­stal­tun­gen hin und geben Hinter­grund­in­for­ma­tio­nen zu Verei­nen und Organisationen. 

Wann und wo auch immer sich auf der Welt neue Entwick­lun­gen erge­ben, berei­ten wir diese Infor­ma­tio­nen auf und stel­len Sie Ihnen zur Verfügung.

„Die Zeitung der HUMANEN WIRTSCHAFT“ gibt es als Email, PDF-Datei oder Online auf der Websei­te der Zeit­schrift oder über unsere Sozia­len Netzwerkseiten. 

Das Beste: Die Zeitung ist kosten­los! Und alle von uns geschrie­be­nen Texte stehen unter Crea­ti­ve Commons Lizenz zur Weiter­ver­wen­dung bereit. Die Zeitung ist wie alles bei der HUMANEN WIRTSCHAFT unab­hän­gig von Einnah­men durch Werbung. 

Getra­gen wird die Zeit­schrift von Abon­nen­ten, Spen­dern und Mitglie­dern im „Förder­ver­ein für Natür­li­che Wirt­schafts­ord­nung e. V.“ und dem unbe­zahl­ba­ren Einsatz unse­rer Autoren und Mitarbeiter. 

Alle Akti­ven in den Grup­pen und Initia­ti­ven seien einge­la­den, uns ihre Infor­ma­tio­nen, Hinwei­se und Berich­te zu senden:
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Redak­ti­ons­schluss für die 2. Ausga­be ist der 27. 8. 2013

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Tempelreinigung, Holzschnitt (1860) von Julius Schnorr von Carolsfeld 1

Die unterdrückende Religion des Geldes – Christoph Körner

… oder die befrei­en­de Reli­gi­on des Reiches Gottes im Wirken Jesu, darge­stellt an der Geschich­te von Jesu Tempel­rei­ni­gung (Mk.11, 15–19)

Reli­gi­on kann sehr ambi­va­lent verstan­den werden. Deshalb möchte ich Ihnen zu Beginn eine Episo­de aus meinem Leben erzäh­len, die mir sehr eindrück­lich in Erin­ne­rung blieb.

Mit eini­gen kriti­schen Theo­lo­gen habe ich in der DDR im klei­nen Kreis mit kriti­schen Marxis­ten über Reli­gi­on und Gesell­schaft disku­tiert. In einem Gespräch mit Prof. Dr. Dohle sagte ich damals, die Marxis­ten müss­ten endlich den Marx’schen Satz „Reli­gi­on ist Opium des Volkes“ revi­die­ren, wenn sie glaub­haft mit Chris­ten disku­tie­ren woll­ten. Darauf die Antwort: „Opium kann sowohl Gift als auch Heil­mit­tel sein. Je nach­dem wie es ange­wen­det wird, kann es schäd­lich oder heilend wirken. So verhält es sich auch mit der Religion.“

Da wurde mir klar: Es gibt sowohl eine Reli­gi­on der Unter­drü­ckung als auch eine Reli­gi­on der Befrei­ung. Am Beispiel der Tempel­rei­ni­gung Jesu begeg­nen uns kontrast­reich beide Reli­gi­ons­phä­no­me­ne. Verkör­pert die Reli­gi­on des Tempels Reli­gi­on als Ausbeu­tungs­in­stru­ment, so bedeu­tet die Reli­gi­on des Reiches Gottes im Wirken Jesu ein befrei­tes Leben ohne Ausbeu­tung und Unter­drü­ckung. Dies möchte ich Ihnen am Beispiel der Tempel­rei­ni­gung Jesu verdeutlichen.

1. Vorbe­mer­kung:
Zwei Fragen: Wie kommt es, dass in den Texten der Bibel Jesus häufi­ger über Wirt­schaf­ten, Geld und Besitz spricht als über Himmel, Liebe oder Gebet? Hängt es damit zusam­men, dass das Reich Gottes, das er ankün­digt und zeichen­haft lebt, trans­pa­rent in unse­rer irdi­schen Welt werden soll, vor allem im gerech­ten Wirt­schaf­ten und rich­ti­gem Vertei­len der Lebens­gü­ter?! Denn alle Menschen sollen Zugang zu den Gütern des Lebens haben!

Und zum ande­ren: Wie kommt es, dass Jesus die Zentral­ge­walt des Tempels wie kein ande­rer Prophet vor ihm so radi­kal kriti­siert und die Banker aus dem Vorhof des Tempels vertreibt und auch das Zins­neh­men wie im alten Israel verbietet?

Mir scheint, dass hierin das ursäch­lichs­te Anlie­gen Jesu besteht, das bis heute aber die Theo­lo­gie und die Kirche noch nicht recht erkannt haben. 

Wie wich­tig die Tempel­rei­ni­gung Jesu für die Urkir­che war, geht schon daraus hervor, dass alle vier Evan­ge­lis­ten davon berich­ten: Markus 11,15–19; Matth.21,12–17; Luk. 19,45–48; Joh. 2,13–16. Ich bezie­he mich auf die Markusstelle:

Die Tempel­rei­ni­gung: 11, 15–19
15 Dann kamen sie nach Jeru­sa­lem. Jesus ging in den Tempel und begann, die Händ­ler und Käufer aus dem Tempel hinaus­zu­trei­ben; er stieß die Tische der Geld­wechs­ler und die Stände der Tauben­händ­ler um 16 und ließ nicht zu, dass jemand irgend­et­was durch den Tempel­be­zirk trug. 17 Er belehr­te sie und sagte: Heißt es nicht in der Schrift: Mein Haus soll ein Haus des Gebe­tes für alle Völker sein? Ihr aber habt daraus eine Räuber­höh­le gemacht. 18 Die Hohen­pries­ter und die Schrift­ge­lehr­ten hörten davon und such­ten nach einer Möglich­keit, ihn umzu­brin­gen. Denn sie fürch­te­ten ihn, weil alle Leute von seiner Lehre sehr beein­druckt waren. 19 Als es Abend wurde, verließ Jesus mit seinen Jüngern die Stadt.

Wo bitte geht’s zur Wirtschaftsdemokratie? – Johannes Heinrichs 0

Wo bitte geht’s zur Wirtschaftsdemokratie? – Johannes Heinrichs

Wie alle vier Jahre wieder sind wir in diesem Septem­ber 2013 aufge­ru­fen, unser pseu­do­de­mo­kra­ti­sches Kreuz­chen zu machen auf einer Liste von Partei­en, mit denen sich nur wenige iden­ti­fi­zie­ren können. Jeden­falls aber keine/r, die/der eine tief­grei­fen­de Geld­re­form im Sinne der Huma­nen Wirt­schaft und/oder gar eine Demo­kra­tie­re­form im Sinne einer vier­ge­glie­der­ten, wert­ge­stuf­ten Demokratie
will. Diese Partei­en sind für sie alle nur das rela­tiv klei­ne­re Übel.

Wahlkampf ohne aufrüttelnde Themen – Wilhelm Schmülling 0

Wahlkampf ohne aufrüttelnde Themen – Wilhelm Schmülling

Was lockt die Wähler hinter dem Ofen hervor? Steu­er­sen­kung, Abschaf­fung des Solis, eine Miet­preis­be­gren­zung, PKWMaut für Auslän­der oder „Veggy-Days“?
Um Wähler anzu­lo­cken, bieten alle Partei­en solche oder ähnli­che Wahl­ge­schen­ke an. Doch viele Wähler wenden sich frus­triert ab, zu oft wurden sie mit leeren Verspre­chun­gen gekö­dert. Einige Beispiele:
• Die EURO-Einfüh­rung, ein Beispiel unde­mo­kra­ti­schen Verhal­tens. Im Maas­tricht-Vertrag fest­ge­leg­te Krite­ri­en – Das Haus­halts­de­fi­zit darf jähr­lich nicht mehr als 3 % des Brutto-Inlands­pro­dukts betra­gen und die staat­li­chen Schul­den dürfen 60% des BIP nicht über­stei­gen – wurden vom Staat gebrochen.
• 1990 sollte der Aufbau Ost aus der Porto-Kasse gezahlt werden. „Blühen­de Land­schaf­ten“ wurden verspro­chen. Mit dem Soli­da­ri­täts­zu­schlag musste schließ­lich die Wieder­ver­ei­ni­gung finan­ziert werden. Den Soli­da­ri­täts­zu­schlag gibt es immer noch, obwohl er bis „Ende 1999 endgül­tig weg“ sein sollte. Der Staat brach sein Versprechen.
• 2008 verspra­chen Angela Merkel und Peer Stein­brück, dass die Bank-Einla­gen der Deut­schen sicher seien. 2013 deutet man aus Regie­rungs­krei­sen (versteckt) an, dass dem nicht so ist.
• 2012 erklär­te Bundes­kanz­le­rin Merkel, eine gemein­sa­me Schul­den­haf­tung inner­halb der EU (soge­nann­te Euro­bonds) werde es nicht geben, „Solan­ge ich lebe“. Wünschen wir ihr ein langes Leben und beob­ach­ten, was nach der Wahl im Septem­ber passiert.

Ist es da erstaun­lich, wenn viele Wähler nicht zur Wahl gehen, wohl wissend, damit der Demo­kra­tie einen schlech­ten Dienst zu tun? Sie verwei­sen auf die vielen gebro­che­nen Wahl­ver­spre­chen, tref­fen mit Wahl­ent­hal­tung aber nicht die schul­di­gen Poli­ti­ker, sondern die Basis unse­rer Demo­kra­tie, freie Wahlen. Wenn wenigs­tens Erfol­ge vorzeig­bar wären, um die Lethar­gie der Wähler zu über­win­den, dann könnte man auf eine höhere Wahl­be­tei­li­gung hoffen. Da wird doch die Redu­zie­rung der Arbeits­lo­sen­zah­len von fünf auf drei Millio­nen als große Leis­tung gefei­ert. Drei Millio­nen Arbeits­lo­se sind nur Beweis für die
Unfä­hig­keit der Regie­ren­den. Wir glau­ben sogar eini­gen Poli­ti­kern, Fehl­ent­wick­lun­gen mit Geset­zes­ver­bes­se­run­gen begeg­nen zu wollen, z. B. Studi­en­ge­büh­ren abzu­schaf­fen, Kinder­geld und Harz-IV-Bezüge zu erhö­hen und die Mehr­wert­steu­er nicht zu erhö­hen. Ob dieses Wollen nach der Wahl zur Wirk­lich­keit wird, darf bezwei­felt werden. Mit solchen Ände­run­gen wäre zwar eine Linde­rung der sozia­len Not erreicht und etwas mehr Kauf­kraft für die Konsu­men­ten. Die Ursa­chen der Arbeits­lo­sig­keit, der hohen Mieten usw. würden jedoch nicht beho­ben. So wäre das Ergeb­nis: Not wird gelin­dert, aber nicht verhindert.

Andreas Bangemann 0

Kapital, die Neutronenbombe der Wirtschaft? – Andreas Bangemann

Der Erfin­der der Neutro­nen­bom­be, Samuel Cohen, beschrieb sein Massen­ver­nich­tungs­mit­tel, als die „vernünf­tigs­te und mora­lischs­te Waffe, die je erfun­den wurde“ (New York Times, Septem­ber 2010). „Es ist die einzi­ge nuklea­re Waffe der Geschich­te, mit der Kriegs­füh­rung Sinn macht. Wenn der Krieg vorbei ist, ist die Welt noch intakt.“ Offi­zi­ell dürfte es eigent­lich keine Neutro­nen­bom­be mehr geben.
Zwischen 1996 und 2003 demon­tier­ten die USA und Frank­reich angeb­lich die letz­ten noch gebau­ten. Doch die Logik dieser Waffe umgibt unser Leben weiter auf subti­le Weise. Die „Rüstungs­in­dus­trie der Angst“ schafft es, uns in Abhän­gig­keit von den Sachen zu halten und in ihren „Kapi­tal­fa­bri­ken“ gerade immer so viel bereit­zu­stel­len, dass die Mensch­heit ihren Feti­schis­mus erhält. Wir beschüt­zen mate­ri­el­le Dinge und eine abstrak­te Wohl­stands­vor­stel­lung auf Kosten von mensch­li­chem Leben und auf Kosten der Natur. Die Armen sind von den Reichen abhän­gig, die Schwar­zen von den Weißen, die Frauen von den Männern, die Zivi­lis­ten von den Mili­tärs und die Arbei­ter von den Unternehmern.

Buchvorstellungen 05/2013 0

Buchvorstellungen 05/2013

Chris­ti­an Kreiß: „Profit­wahn“ – Warum sich eine menschen­ge­rech­te­re Wirt­schaft lohnt – Tectum Verlag (15. 6. 2013), Klap­pen­bro­schur, 200 Seiten, 17,95 €, ISBN 978–3‑8288–3159‑9

Lavalu­na-Film Film­pro­duk­ti­on: „Poly­po­ly – Geld für alle“ –, produ­ziert von Dinah und Roland Pfaus, DVD, Spiel­zeit: 83 Minu­ten, 12,– €, die DVD kann in unse­rem Online-Shop bestellt werden

Ernst Fried­rich Schu­ma­cher: „Small is beau­tiful“ – Die Rück­kehr zum mensch­li­chen Maß. Der Öko-Klas­si­ker neu aufge­legt mit einem Vorwort von Niko Paech, oekom Verlag, (Aug. 2013), broschiert, 304 Seiten, 19,95 €, 978–3‑86581–408‑1, auch als E‑Book erhältlich

Bestel­lung im Inter­net auf unse­rer Online-Shop­sei­te: http://shop.humane-wirtschaft.de

Jahresfeier 2013 0

Jahresfeier 2013

Unsere dies­jäh­ri­ge Jahres­fei­er (31.10. bis 3.11.2013) wird wieder einmal ein Event, für den Sie sich unbe­dingt ein wenig Zeit nehmen soll­ten. Wir haben ein tolles Programm in petto, das für fast jeden etwas zu bieten hat. Für den Work­shop mit Roland Spino­la (siehe Programm) gibt es nur noch wenige Restplätze,…

Vermögensabgabe statt ökonomischem Unvermögen! – Roland Rottenfußer 0

Vermögensabgabe statt ökonomischem Unvermögen! – Roland Rottenfußer

„Wär ich nicht arm, wärst Du nicht reich!“, heißt das bekann­te Zitat von Bertold Brecht. Umge­kehrt gilt dies aber auch. Über­mä­ßi­ger Reich­tum steht zu wenig im Fokus der Öffent­lich­keit. Dabei ist er in mehr­fa­cher Hinsicht gemein­schafts­schäd­lich. Weil Geld an allen Ecken und Enden fehlt und sich gewal­ti­ge, demo­kra­tisch nicht legi­ti­mier­te Macht­zen­tren bilden. Attac fordert jetzt in einem Papier eine einma­li­ge Vermö­gens­ab­ga­be der Reichen mit einem Gesamt­vo­lu­men von über einer Billi­on Euro. Außer­dem sollen lang­fris­ti­ge Mecha­nis­men der Umver­tei­lung von oben nach unten etabliert werden. Ist dieser Vorschlag von Attac begrü­ßens­wert? Ja. Ist er ausrei­chend? Nein. Kaba­ret­tist Volker Pispers ist in Hoch­form: „Wenn die 10 Prozent rich­tig Reichen im Land bereit wären, die Hälfte ihres Vermö­gens abzu­ge­ben, wären die Staats­schul­den prak­tisch weg.“ Höflich plät­schern­des Lachen im Publi­kum. „Und das bräuch­ten die gar nicht auf einen Schlag zu tun. Wenn die reichs­ten 10 Prozent bereit wären, 10 Jahre lang jeweils 5 Prozent von ihrem Vermö­gen abzu­ge­ben – das würden die in dem einzel­nen Jahr über­haupt nicht mitkrie­gen.“ Betre­te­nes Schwei­gen im Publi­kum. Irgend­wo muss doch der Haken sein! Tatsäch­lich schließt Pispers mit der Bemer­kung: „Es gibt nur ein einzi­ges Problem: Wir haben eine Demo­kra­tie. Und Sie krie­gen in einer Demo­kra­tie keine Mehr­heit für eine Poli­tik, von der 90 Prozent der Bevöl­ke­rung profi­tie­ren würden.“

Renan Demirkan – Foto: © Pat Christ
Foto: © Pat Christ
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Eine Schauspielerin begehrt auf – Pat Christ

Im Allge­mei­nen ist der Begriff nicht umstrit­ten: „Tole­ranz“ wird viel und gern verwen­det. Da gibt es den „Verein für Tole­ranz & Zivil­cou­ra­ge“ in Neumüns­ter. Die „Tole­ranz Fabrik“ in Würz­burg. Oder das „Bünd­nis für Demo­kra­tie und Tole­ranz“ der Bundes­re­gie­rung. Für die aus der Türkei stam­men­de Schau­spie­le­rin Renan Demir­kan aller­dings ist Tole­ranz eine „Herr­schafts­ges­te“. Ange­sichts des sich ausbrei­ten­den Rechts­ra­di­ka­lis­mus warnt sie in ihrem Buch „Respekt“ vor den Folgen „tole­ran­ter“ Respekt­lo­sig­kei­ten. In tole­ran­ten Gesten verrät sich für Demir­kan oft ekla­tan­te Respekt­lo­sig­keit. „Die viel beschwo­re­ne ‚Tole­ranz‘ besteht auf dem Abstand zu Allem“, sagt sie. Wer sein Gegen­über tole­riert, lässt es zwar leben. Aber er nimmt sie oder ihn noch lange nicht an. Ist noch lange nicht bereit, den Schritt vom „Ich“ zum „Wir“ zu voll­zie­hen. Tole­ranz passt genau zur indi­vi­dua­li­sier­ten Kultur des Westens, findet Renan Demir­kan: „Denn dessen Ideal­bild ist der getrenn­te Mensch.“ Den man auf Abstand duldet. Ohne sich weiter mit ihm zu soli­da­ri­sie­ren. Tole­riert wird damit nicht nur das Indi­vi­du­um. Sondern zum Beispiel auch wach­sen­de Armut und Unge­rech­tig­keit im eige­nen Land.

Die neue Bodenfrage – Benedikt Härlin 0

Die neue Bodenfrage – Benedikt Härlin

„Man verkauft nicht das Land, auf dem Menschen gehen“ (One does not sell the land people walk on.), den berühm­ten Ausspruch des Lakota-Häupt­ling Crazy Horse im Jahre 1873 hätte damals wohl eine große Mehr­heit der Mensch­heit für selbst­ver­ständ­lich gehal­ten. Die Vorstel­lung, das Land ihrer Vorfah­ren und Kinder wie Weizen, Werk­zeug oder Pferde zu verkau­fen, wäre ihnen absurd, ja undenk­bar erschie­nen. Land­nah­me war seiner­zeit noch eine exklu­si­ve Beschäf­ti­gung von Köni­gen und Fürs­ten und der von ihnen beauf­trag­ten Erobe­rer. Die gaben zu der Zeit, auch in Deutsch­land, gerade erst die Gewohn­heit auf, mitsamt dem Land auch die Menschen zu verkau­fen, die darauf lebten. Die USA waren dage­gen einer der ersten Staa­ten der Welt, in dem unein­ge­schränk­tes Privat­ei­gen­tum an Grund und Boden zum verbrief­ten Bürger­recht wurde. Der Spruch des Helden von „Little Bighorn“ vor 140 Jahren, unter dessen Jagd­grün­den, zu Unrecht, Gold vermu­tet wurde, galt auch den eige­nen Leuten. Sich durch Zahlung von Geld an Einzel­ne sich des Erbes ganzer Gemein­schaf­ten zu bemäch­ti­gen, gehört seit Langem zu den Grund­la­gen dessen, was heute als „Land­g­rab­bing“ bezeich­net wird.

Wirtschaft und Ethik – Johannes Korten 0

Wirtschaft und Ethik – Johannes Korten

Fast 15 Jahre ist es mitt­ler­wei­le her, dass ich in einer Vorle­sung zum Thema Umwelt- und Ressour­cen-Ökono­mik saß, in der sich der vorle­sen­de Profes­sor bitter darüber beklag­te, dass die Fakul­tät nach einer Mehr­heits­ent­schei­dung des Fakul­täts­ra­tes das Fach „Wirt­schafts­ethik“ aus dem Stun­den­plan gestri­chen hatte. Ein, zwei Semes­ter gab es das Ange­bot noch als frei­wil­li­ge Veran­stal­tung, danach wurde der Unter­richt dann mangels Inter­es­se einge­stellt. Ein aufmerk­sa­mer Blick in den Hörsaal konnte dieses mangeln­de Inter­es­se eigent­lich nur bestä­ti­gen. Über­all kleine ange­hen­de Unter­neh­mer und Nach­wuchs­füh­rungs­kräf­te, die sich mit den Niede­run­gen alltäg­li­cher, harter Arbeit nicht wirk­lich ausein­an­der­set­zen woll­ten oder muss­ten, scho­ben Mami und Papi in den meis­ten Fällen doch monat­lich den dicken Scheck für Auto und Wohnung rüber. Das Mantra vom alles regeln­den und ohne jegli­che Eingrif­fe perfekt funk­tio­nie­ren­den Markt wurde uns ja auch tagtäg­lich vorge­be­tet. Gehört habe ich die Botschaft wohl, allein mir fehlte der Glaube. Nicht umsonst war dieses Studi­um eine solche Quäle­rei für mich. Der fehlen­de Glaube hat sich während meiner beruf­li­chen Lauf­bahn seit­dem auch nur unwe­sent­lich verän­dert. Als 2000 die so genann­te „New Econo­my“ zusam­men­brach, war es mit der Herr­lich­keit in den Unter­neh­men erst­mal vorbei. In vielen Fällen siegte Macht­be­wusst­sein über Kompe­tenz und mit dieser Verän­de­rung zog ein ziem­lich kalter Wind in die Unter­neh­men ein. Das Diktat der Kapi­tal­märk­te mit Ihren jung­spun­di­gen Invest­ment­ma­na­gern die gestan­de­nen Führungs­kräf­ten erzäh­len, sie hätten ihre „Haus­auf­ga­ben nicht gemacht“ (O‑Ton, genau­so erlebt), nahm rasant zu. Absur­de Börsen­vor­schrif­ten mit immer kürze­ren Berichts­zy­klen haben aus vielen Unter­neh­men auch noch das letzte Fünk­chen lang­fris­ti­ges und wirk­lich nach­hal­ti­ges Denken und Handeln verschwin­den lassen.

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Dem Konsumismus trotzen! – Das Abseits als wirtlicher Ort – Marianne Gronemeyer

Die Über­schrift, die dieser Vortrag nach eini­gen Vorüber­le­gun­gen gefun­den hat, ist womög­lich zu kämp­fe­risch gera­ten für das, was ich sagen will. Das „trot­zi­ge“ Aufbe­geh­ren, zu dem in der ersten Zeile des Titels aufge­ru­fen wird, passt nicht recht zu dem „Abseits“, das sich in der zwei­ten als „wirt­li­cher Ort“ empfiehlt. Sie schei­nen einan­der sogar auszu­schlie­ßen. Ich aber will für das Abseits
plädie­ren. Viel­leicht sollte also an der Stelle des Ausru­fungs­zei­chens besser ein Frage­zei­chen stehen. In seinem Vorwort zu der Aufsatz­samm­lung „Schu­len helfen nicht“ („Cele­bra­ti­on of Aware­ness“), die Ivan Illich 1969 erst­ma­lig publi­zier­te, schreibt Erich Fromm: „Weder diese Aufsät­ze, noch ihr Verfas­ser bedür­fen einer Einlei­tung. Wenn trotz­dem Ivan Illich mir die Ehre erwie­sen hat, mich um eine Einlei­tung zu bitten, und wenn ich das gern über­nom­men habe, so schei­nen wir dabei beide gedacht zu haben, eine solche Einlei­tung sei eine Gele­gen­heit, einer gemein­sa­men Haltung und Über­zeu­gung Ausdruck zu geben, obwohl einige unse­rer Ansich­ten beträcht­lich ausein­an­der­ge­hen. Auch die Auffas­sung des Verfas­sers ist heute nicht mehr immer die glei­che wie zu der Zeit, als er im Laufe der Jahre bei verschie­de­nen Anläs­sen diese Aufsät­ze schrieb. Im Kern seiner Einstel­lung ist er sich jedoch treu geblie­ben, und in diesem Kern stim­men wir überein.“

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Über Kapitalfluten und Hochwasserschutz – Günther Moewes

In den Medien erhebt sich derzeit der ganz große Aufschrei: Der Nied­rig­zins bringe unsere gesam­te Alters­ver­sor­gung zum Einsturz. Es drohe Alters­ar­mut. „Und sie wird nicht nur die ohne­hin schon Armen erwi­schen, sondern jene Mittel­schicht, die bisher immer glaub­te, alles rich­tig zu machen.“ Nicht nur den Armge­mach­ten drohe Alters­ar­mut – auch die bisher als privi­le­giert gelten­den „Archi­tek­ten, Rechts­an­wäl­te und Ärzte müssen um ihre Renten­an­sprü­che bangen“. Und so ganz neben­bei auch viele Zins­geg­ner, die ja meist nicht gerade zur Unter­schicht zählen. „Die nied­ri­gen Zinsen sind allen­falls gut für Haus­käu­fer, die Banken und vor allem für Regie­run­gen“ schreibt DER SPIEGEL.[1] Und für Miet­haie. [1 Alle Zitate aus DER SPIEGEL 192013, Titel­ge­schich­te, S. 63, 68.]

Halten wir erst einmal fest: am bishe­ri­gen Beute­sche­ma hat sich wenig geän­dert. Verlie­rer sind nach wie vor die Wert­schöp­fen­den, Arbei­ten­den, Arbeits­lo­sen, Armge­mach­ten, Alleinerziehenden,
Rent­ner und Schuld­ner. Und Gewin­ner sind nach wie vor die Besit­zen­den, Groß­gläu­bi­ger, Speku­lan­ten, Inves­to­ren, Haus­käu­fer und Miet­haie. Nur etwas hat sich geän­dert: Die Regie­run­gen haben entdeckt, wie sie sich auf Kosten der Millio­nen Klein­gläu­bi­ger einen blan­ken Fuß machen können, wie sie am elegan­tes­ten ihre gewal­ti­gen Staats­schul­den auf die Bevöl­ke­run­gen abwäl­zen können. Nach
der Masche mit Rettungs­schir­men und Spar­zwang nun die mit Null­zins­po­li­tik, Infla­ti­on und priva­ter Alters­vor­sor­ge. Auch diese Masche ist uralt. Schon immer haben Staa­ten sich so ihrer Kriegs- und Krisen­schul­den entle­digt. Und deshalb ist das alles auch seit eh und je früh­zei­tig voraus­ge­sagt worden, meist von der kriti­schen Wissen­schaft und manch­mal von den jewei­li­gen Oppo­si­tio­nen der jewei­li­gen Regierungen.

Fehlende Voraussetzungen zur Überwindung des  Bürgerkrieges durch einen Bürgerfrieden – Zusammenstellung durch Wilhelm Schmülling 0

Fehlende Voraussetzungen zur Überwindung des Bürgerkrieges durch einen Bürgerfrieden – Zusammenstellung durch Wilhelm Schmülling

„Hat es einen vernünf­ti­gen Sinn, für den Völker­frie­den zu arbei­ten und dabei seine Unter­la­ge, den Bürger­frie­den, unbe­ach­tet zu lassen? … So wie die Dinge liegen, bedeu­tet der Völkerfrieden
ein bloßes Abdich­ten der Sicher­heits­ven­ti­le der heute in der ganzen Welt herr­schen­den Gesell­schafts­ord­nung, also nur eine Verkür­zung der Galgen­frist bis zum großen Welt­brand. … Der Bürger­frie­den ist die Bedin­gung für jenen Geist, der uns allein den dauern­den Völker­frie­den brin­gen kann. Aber der Bürger­frie­den einer­seits und Vorrech­te, Zinsen, arbeits­lo­ses Einkommen
ander­seits, kurz, Bürger­frie­den und Rent­ner­tum (Kapi­tal­rent­ner, die Red.), sind Gegen­sät­ze.“ [Silvio Gesell in seinem Aufsatz „Gold und Frie­den“, „Die Natür­li­che Wirt­schafts­ord­nung“, S. 213]

Leserbriefe 04/2013 0

Leserbriefe 04/2013

Angst ist die Bremse – Ich teile Ihnen meine Begeis­te­rung für Ihre Zeit­schrift mit! Sie haben die ideale Kombi­na­ti­on von Wirt­schaft und Mensch­lich­keit! Mein Symbol für Sie: Ich dachte nicht, dass es solche Gedan­ken­voll­zü­ge über­haupt gibt. Wenn ich mir die Zeitun­gen ange­schaut habe, die mit hoch­tra­ben­den Wirt­schafts­nach­rich­ten mehr Angst, als Moti­va­ti­on geben, so bin ich an Ihren Wirt­schafts­nach­rich­ten höchst inter­es­siert und dank­bar, dass ich Infor­ma­tio­nen bekom­me, die mir auch „schme­cken“, weil sie nicht nur der MACHT der Wirt­schaft den Hof machen. Und mein Wissen weiterbringen!…

Grafik Nr. 30 - Helmut Creutz 0

Minuszinsen – eine Lösung unserer Probleme? – Helmut Creutz

Worum geht es? Dass die entschei­den­den Voraus­set­zun­gen für eine dauer­haf­te Absen­kung der Zinsen nur über die Zentral­ban­ken und deren Leit­zin­sen erreich­bar sind, dürfte weit­ge­hend Zustim­mung finden. Dabei geht es vor allem um jenen Haupt­re­fi­nan­zie­rungs­satz, zu dem die Banken bei der Zentral­bank Geld auslei­hen können, was in norma­len Zeiten über­wie­gend nur jeweils für eine Woche der Fall ist. Der darüber liegen­de „Spit­zen­re­fi­nan­zie­rungs­satz“ bietet den Banken die Möglich­keit, bei Bedarf noch zusätz­li­ches Geld zu erhal­ten, während der untere Einla­ge­satz den Banken ermög­licht, übri­ges Geld bei der Zentral­bank zu nied­ri­ge­ren Zinsen zu parken, was meist nur über Nacht geschieht.

Wie aus der Darstel­lung hervor­geht, wurden die beiden letzt­ge­nann­ten Zins­sät­ze, trotz aller Auf- und Abstie­ge, in der Vergan­gen­heit immer mit einem Prozent­punkt Abstand zum Haupt­re­fi­nan­zie­rungs­satz fest­ge­setzt. Im Zuge der mehr­fa­chen Abstie­ge des Haupt­sat­zes 200809, redu­zier­te man jedoch diesen Abstand, „Leit­zins­kor­ri­dor“ genannt, auf drei­vier­tel Prozent, wahr­schein­lich um bei dem unte­ren Einla­ge­satz nicht mit der Null­li­nie in Berüh­rung zu kommen! Doch als man im Juli 2012 den Leit­zins­kor­ri­dor sogar auf ein halbes Prozent absenk­te, war dieses Tabu gebro­chen: Es gab zum ersten Mal bei der Bundes­bank, bzw. der EZB, einen Null-Zins­satz! Doch bei der nach­fol­gen­den Haupt­satz-Absen­kung im Mai 2013 auf ein halbes Prozent, vermied man den nun eigent­lich anste­hen­den Durch­bruch in den Minus­be­reich erneut durch eine Redu­zie­rung der Zins­satz-Abstän­de, dies­mal auf ein halbes Prozent! – Das heißt, der Vorteil, der den Banken beim „Parken“ von Über­schüs­sen einge­räumt wird und ursprüng­lich bei einem Prozent lag, ist über drei Vier­tel nun auf ein halbes Prozent­ge­schmol­zen! – Dass mit solchen nied­ri­gen Zins­sät­zen und vor allem Zins­satz-Abstän­den auch die Steue­rungs­mög­lich­kei­ten der Zentral­ban­ken schwin­den, dürfte einleuch­ten. Deshalb wären, zumin­dest bei den Einla­ge­sät­zen, Zins­sät­ze unter Null längst überfällig.

Möbius-Brille © Martin Bangemann 0

Fakten für eine andere Sicht auf die Dinge – Andreas Bangemann

Ein Mensch, der bedin­gungs­los gibt, ist selten zu finden. So ohne weite­res würde man einem solchen Verhal­ten auch nicht trauen. Es muss doch ein eigen­nüt­zi­ges Motiv geben, wenn jemand seine Arbeits­kraft, sein Wissen, seine Erfah­rung oder sogar mate­ri­el­le Zuwen­dun­gen hergibt, ohne offen­sicht­lich mit einer Gegen­for­de­rung heraus­zu­rü­cken? Im Kreis der Fami­lie mag das die Norma­li­tät sein, aber doch nicht da drau­ßen, im wirt­schaft­li­chen Umfeld, in dem man nur erfolg­reich voran­zu­kom­men scheint, wenn man die Regeln einer Wirt­schaft beherrscht, die in Konkur­renz zum Besse­ren und Stär­ke­ren zu immer größe­ren Leis­tun­gen antreiben?

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Whistleblower der Superreichen – Andreas Bangemann 0

Whistleblower der Superreichen – Andreas Bangemann

Edward Snow­den und sein Aufde­cken, des scham­lo­sen und empö­ren­den, in Deutsch­land die Grund­rech­te mit Füßen treten­den Spio­nie­rens der USame­ri­ka­ni­schen Geheim­dienst­be­hör­de NSA zeitigt Folgen. Nicht nur direk­te für die Bürger der betrof­fe­nen Staa­ten, sondern auch indi­rek­te. Im Hinblick auf die zahl­lo­sen »Mitwis­ser« in weiten Berei­chen des öffent­li­chen Lebens. Während vieles auf die bewuss­te Förderung
von Denun­zi­an­ten­tum inner­halb der Bevöl­ke­rung als eine begrü­ßens­wer­te Entwick­lung aus Sicht der Regie­run­gen hindeu­tet, entlädt sich der Frei­heits­wil­le der Regier­ten durch das Aufde­cken von Unrecht, Amoral und Verbre­chen, welche sich inner­halb des Macht­ge­fü­ges abspielen.

Vertrauensentzug: Das Ende des Geldes – Andreas Bangemann 0

Vertrauensentzug: Das Ende des Geldes – Andreas Bangemann

Bericht vom 2. inter­na­tio­na­len Kongress zu Komple­men­tär-Währungs­sys­te­men vom 20. bis 23. 6. 2013 in Den Haag.
250 Teil­neh­mer aus nahezu allen Konti­nen­ten der Erde kamen zusam­men, um sich zu den jüngs­ten Entwick­lun­gen im Zusam­men­hang mit ergän­zen­den Währun­gen auszutauschen.

Das »ISS«, (Inter­na­tio­nal Insti­tu­te of Social Studies) in der Den Haager Nieder­las­sung der Eras­mus Univer­si­tät von Rotter­dam stell­te seine Räume zur Verfü­gung. Maßgeb­lich an der Orga­ni­sa­ti­on betei­ligt waren die NGO »Qoin« mit Sitz in Amster­dam, die »ccia« (commu­ni­ty curren­ci­es in action) und die »nef« (new econo­mic foun­da­ti­on) aus London. Edgar Kampers, Nieder­lan­de, von Qoin und der deut­sche Lean­der Binde­wald von der »nef« steu­er­ten zusam­men mit vielen helfen­den Kräf­ten sicher durch das abwechs­lungs­rei­che Programm.
Man gab den akade­misch-theo­re­ti­schen Fragen zu den viel­fäl­ti­gen Entwick­lun­gen der alter­na­ti­ven Währun­gen Raum. Doch der prak­ti­sche Erfah­rungs­aus­tausch dürfte das wesent­li­che Lock­mit­tel gewe­sen sein, das den Groß­teil der Akti­ven aus den unter­schied­lichs­ten Initia­ti­ven nach Den Haag geführt hatte. Wie erwar­tet, kam es auch zu einem regen Gedan­ken­aus­tausch und konstruk­ti­ven Diskussionen.

Regionale Vielfalt statt globaler „Drohnen-Ökonomie“ – Andreas Bangemann 0

Regionale Vielfalt statt globaler „Drohnen-Ökonomie“ – Andreas Bangemann

Von 23. bis 26. 5. 2013 wurde Brixen zum Mittel­punkt der euro­päi­schen Nach­hal­tig­keits­be­we­gung. Die mit „think more about“ beti­tel­te Veran­stal­tungs­rei­he hat den Anspruch, sich um aktu­el­le „Kern­fra­gen“ zu kümmern. Das deutet schon das sympa­thi­sche Logo des Kongres­ses an. Eine Kugel, aus der ein Segment heraus­ge­schnit­ten ist und Schich­ten, sowie ein unver­sehr­ter gelber Kern zu sehen ist.

Die von rund 400 Gästen besuch­te, abwechs­lungs­rei­che Veran­stal­tung eröff­ne­te Günther Reifer vom Terra-Insti­tut in Brixen. Das Motto laute­te „Die Kunst der Frei­heit“. Günther Reifer beton­te, dass der dieses Jahr zum drit­ten Mal statt­fin­den­de Kongress mehr bewir­ke, als reine Wissens­ver­mitt­lung. Immer seien diese Tage Ausgangs­punkt von viel­fäl­ti­gen Akti­vi­tä­ten und ganz konkre­ten Projek­ten gewe­sen. So entste­he als Ergeb­nis vergan­ge­ner Kongres­se im
Südti­ro­ler Vinsch­gau ein Gemein­wohl­Öko­no­mie-Projekt in Zusam­men­ar­beit mit mehre­ren Gemein­den. Das Terra-Insti­tut und die Freie Univer­si­tät Bozen beglei­ten dieses Projekt wissen­schaft­lich. Unter Leitung von Frau Prof. Dr. Susan­ne Elsen ist unter ande­rem auch geplant, bei dem Projekt mit einer regio­na­len Währung zu arbeiten.

„Wäre das Wirt­schafts­wachs­tum ein Mensch…

…säße dieser wegen schwe­rer sozia­ler und ökolo­gi­scher Verbre­chen im Gefäng­nis.“ Helena Norberg-Hodge, weit­ge­reis­te Autorin und Filme­ma­che­rin, sorgte mit ihrer Keynote für einen emotio­na­len Auftakt der „Tage der Nach­hal­tig­keit“. Die Träge­rin des Alter­na­ti­ven Nobel­prei­ses berich­te­te, wie welt­weit immer mehr Menschen das Wirt­schafts­sys­tem als gegen das Leben gerich­tet wahr­neh­men. Viel­falt, als eine Grund­la­ge allen mensch­li­chen und natür­li­chen Lebens werde aus Effi­zi­enz­grün­den zerstört. Es komme zu einer Anpas­sung an ein mono­kul­tu­rel­les Modell, bei dem nur noch Kapi­tal­in­ter­es­sen im Vorder­grund stehen. Globa­le Dere­gu­lie­rung und gleich­zei­tig eine immer stär­ke­re regio­na­le Regu­lie­rungs­wut zerstö­re lokale Gemein­schaf­ten und verein­sa­me den einzel­nen Menschen.

Eine – wie sie es nennt – „Droh­nen-Ökono­mie“ zerstöre…