Widersprüchliche EZB-Politik
In der Süddeutschen Zeitung hat Claus Hulverscheidt am 04. Mai unter der Überschrift „Sparen, aber nicht totsparen“ der Bundesregierung geraten, die Bereitschaft der EU-Kommission, Frankreich mehr Zeit für das Erreichen des Defizitziels zu gewähren, zu tolerieren. Im Internet habe ich diesen Kommentar leider nicht gefunden. Zu dem Kommentar habe ich folgenden Leserbrief geschrieben:
Ihr Rat an Frau Merkel, sie solle Frankreich erlauben, das Sparen aufzuschieben, um Wachstum zu ermöglichen, ist falsch. Der Ausgleich des Staatshaushalts wird erschwert, wenn mit dem Sparen nicht sofort begonnen wird. Die Zinslasten steigen weiter und weiter.
Aber Sie haben Recht, wenn Sie betonen, dass ohne Wachstum mit einem Ausgleich des Staatshaushalts nicht zu rechnen ist. Es ist eindeutig, dass Sparen des Staates die gesamtwirtschaftliche Nachfrage verringert und damit zu einem weiteren Schrumpfen der Wirtschaft und damit auch der Steuereinnahmen führt. Die Hoffnung der Bundesregierung auf Wachstum durch Strukturreformen, die zu Produktivitätssteigerungen führen, ist nur langfristig berechtigt. Soviel Zeit haben die Südländer und Frankreich nicht mehr.
Rasches Wachstum ist nur durch die Beschäftigung brachliegender Kapazitäten und Arbeitsloser zu erreichen. Dazu muss die private Nachfrage gesteigert werden. Die notwendige Geldvermehrung hat die EZB längst bewirkt. Sie hat nur leider gleichzeitig verhindert, dass das Geld auch umläuft, also Nachfrage hält auf den Konsummärkten, damit auch die Investitionsmärkte wieder anspringen können. Sie hat nämlich die durch ihre Geldvermehrung aufkeimenden Inflationserwartungen leider erfolgreich gedämpft, indem sie glaubhaft versprochen hat, die Preisstabilität zu wahren. Das hat so stark gewirkt, dass die Inflationsrate sogar deutlich unter ihr Inflationsziel von „unter, aber nahe 2%“ gesunken ist. Damit stiegen die kurzfristigen Realzinsen, was ihre jüngste Leitzinssenkung noch nicht voll kompensiert hat. Die widersprüchliche Geldpolitik der EZB ist die Ursache des Zusammenbruchs der Konjunktur im Euro-Raum und der Schwierigkeit, die Staatshaushalte auszugleichen.
Seit die Staatshaushalte überschuldet sind, ist Konjunkturpolitik nur noch als Geldpolitik oder gar nicht mehr möglich. Die Geldpolitik muss mit etwas höheren, aber stabilen Inflationserwartungen arbeiten, damit die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes nicht ständig weiter sinkt und die Geldvermehrung wirkungslos macht. Das war Thema in Jackson Hole und die Fed lockerte schon ihre Inflationsstrategie.
PS.
Die Süddeutsche Zeitung hat diesen Leserbrief am 16. Mai 2013 auf Seite 15 leicht gekürzt unter der Überschrift „Euro-Krise – Widersprüchliche Geldpolitik – Inflationsrate ist zu niedrig“ abgedruckt.
Ja es ist kaum zu glauben, wieviel Zeit sich die Herren Wirtschaftswissenschaftlicher und Zentral-Banker mit dem Durchdringen der wirtschaftlichen Zusammenhänge lassen. Man meint offensichtlich in den sicheren Höhen der mathematischen Modelle und Analysen schweben zu können ohne sich mit dem „Schmutz der Phänomene“ beschäftigen zu müssen oder zu können.
Angesichts der Millionen Leidtragenden ist dieses nun schon Jahrzehnte andauernde WAHR-NEHMUNGS-Versagen in Anbetracht der intellektuellen Fähgigkeiten eine tragische Ungeheuerlichkeit!
Hoffen wir, daß irgendjemand ein „Engel“ ein Einsehen hat, und diesen Herren etwas Erkenntnis schenkt!
K.P.