Westerwelles Amoklauf
Es lohnt sonst nicht, jede Äußerung des Vorsitzenden der einmal selbsternannten „Partei der Besserverdienenden“ zu kommentieren. Diesmal ist das anders und zwar aus zwei Gründen:
1. Es ist auffällig, wie energisch Guido Westerwelle trotz harscher öffentlicher Kritik auf seinen Äußerungen beharrt und täglich eins drauf setzt.
2. Rückt man die Äußerungen nur ein klein wenig zurecht, offenbaren sie ein perfides Ablenkungsmanöver vom Kern der Wahrheit.
Was Westerwelle bewusst oder fahrlässig suggeriert ist, dass Arbeitenden und mittelständischen Unternehmern von ihrer Leistung vor allem deshalb immer weniger bleibt, weil Hartz-IV-Empfängern und anderen sozial Schwachen eine menschenwürdige Existenz ermöglicht werden soll. Ein Blick auf die Fakten: Dafür investierte der Staat im Jahr 2007 rund 42 Milliarden Euro.
Wie scheinheilig Westerwelles Argumentation ist, zeigen aber schon aktuelle Regierungsvorhaben der FDP. So will Gesundheitsminister Rösler im Einklang mit der Parteilinie die halbwegs solidarische Krankenversicherung durch eine Kopfpauschale ersetzen und dabei die fehlenden Beitragserlöse von den höheren Einkommen durch Zahlungen aus Steuermitteln ersetzen. Was Westerwelle kritisiert ist also sein eigenes Regierungsprogramm.
Doch auch das sind Krümel im Vergleich zum eigentliche Kuchen. Was er nämlich vor allem vernebelt ist die eigentliche Umverteilung von den Leistungsträgern zu den Empfängern leistungsloser Einkommen: Jährlich werden rund 500 Milliarden Euro von Arbeitnehmern und Konsumenten an eine kleine Besitzstandselite umverteilt durch Einkünfte aus dem Besitz großer Vermögen in Form von Renditen und Zinsen. Wohlgemerkt sind hier nicht gemeint die mittelständischen Unternehmer, die das Gros der Arbeitsplätze schaffen und sichern und nicht die Sparer, die für die Rente oder größere Anschaffungen Geld zurücklegen. Nicht die Umverteilung von der Mitte nach unten ist also das Problem, sondern die Umverteilung von Mitte UND unten nach ganz oben.
Es geht um einen kleine Prozentsatz der Bevölkerung, der durch die Umverteilung eines immer größeren Anteils des jährlich Erarbeiteten in exponentieller Weise reicher wird. Es geht um die Besitzer großer Vermögen, deren Besitzstand von Jahr zu Jahr wächst durch die Umlage der Kapitalerträge in allen Preisen, Steuern und Gebühren. Diese Klientel, die sich der FDP-Führungsriege bedient und diese Partei weitgehend finanziert, hat Westerwelle nicht gemeint und doch würden die Aussagen Westerwelles auf sie so präzise treffen, wie auf niemand sonst.
Die Äußerung Westerwelles, in der er der „Diskussion sozialistische Züge“ bescheinigt, erscheint in diesem Licht als blanke Demagogie, entsprungen einem kaum zu überbietenden dekadenten Geist (Spiegel Online ). Doch seine Einlassungen(1) brauchen nur wenig umformuliert zu werden, um den Kern zu treffen:
„Es sind in Deutschland immer mehr Kapitalerträge zu zahlen, die von immer weniger Arbeitnehmern und Unternehmern erarbeitet werden.“
„Die Empfänger bleiben ungenannt, doch die, die alles bezahlen, finden kaum Beachtung.“
„Wer diesen anstrengungslosen Wohlstand der Vermögenden sichert, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.“
„Die Missachtung der Mitte hat System, und sie ist brandgefährlich.“
Nach solch präziser Kommentierung läge dann auch der smarte neue FDP-Generalsekretär Christian Lindner goldrichtig: „Hartz IV ist nur der Anlass – Gegenstand ist in Wahrheit Fairness in der Gesellschaft“ (2)
(1)
Originalzitate Guido Westerwelle (FDP) in einem Gastbeitrag für die „Welt“ am 11. Februar:
„Es scheint in Deutschland nur noch Bezieher von Steuergeld zu geben, aber niemanden, der das alles erarbeitet.“
„Empfänger sind in aller Munde, doch die, die alles bezahlen, finden kaum Beachtung.“
„Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.“
„Die Missachtung der Mitte hat System, und sie ist brandgefährlich.“
(2)
Christian Lindner, FDP Generalsekretär, im Bericht aus Berlin, 14.2.2010
„Deutschland wird noch bitter bezahlen!“ und „Westerwelle muss weg!“ Das sagte der jüdische „Groß-Philosoph“, enge Sarkozy Berater und bekennender Brandstifter im Lybienkrieg Bernard-Henri Lévy im SPIEGEL 13⁄2011 zur Kriegsenthaltung Deutschlands im Lybien-Konflikt. Es geht bei Westerwelles Sinkflug nicht um das, was er jahrelang auf monetärer Seite unterlassen hat zu tun, sondern darum, dass er (in Übereinstimmung mit dem Großteil der deutschen Bevölkerung) den überstaatlichen Mächten die deutsche Gefolgschaft in einem neuen Krieg verweigert hat.
Ist das der Möllemann-Effekt??!!
Es hat sich doch in den letzten 18 Monaten klar und deutlich herausgestellt, dass Westerwelle nicht das Format hat, ein Land wie die Bundesrepublik als Außenamtschef zu vertreten. Aber auch innenpolitisch hat er sich durch seine Hartz4-Aussagen disqualifiziert. Als Staatsbürger dieses Landes neigt man bereits zum Fremdschämen für unseren Außenminister. Die Fragestellung ist bloß, wann erlöst uns Westerwelle und tritt zurück?
Die letztgenannten Zitate zeigen eindeutig das Guido recht hat. Anscheinend, wir verstehen es falsch.
Meint er mit „Beziehern von Steuergeldern“ etwa die Reichen, traut sich aber nicht ihre Namen zu nennen, und hackt stattdessen lieber auf Hartz4-Opfern herum?
Mit denen „die alles bezahlen“ meint er sicher die Armen und den Mittelstand. Das die keine Beachtung (in der Mainstreampresse) finden, woran mag das liegen? Jeder weiß es, wem gehören die Medien ?!
Das das Ganze brandgefährlich ist, dürfte klar sein.
Die Gefahr jedoch kommt nicht aus der Bevölkerung, sondern von „oben“. Wurden nicht schon zu oft Kriege geführt, um volkswirtschaftliche Verwerfungen zu vertuschen, und um am Krieg sogar noch zu verdienen?
Dabei ist alles ganz einfach. Wenn man nur will.
Westerwelle hat sich eigentlich mittlerweile selber isoliert. Er sollte mal darüber nachdenken, wieso manche Menschen von ihren Zinsen leben können, ohne dafür arbeiten zu müssen. Vielleicht müsse er dann etwas in seiner Logik korrigieren.
Bei allem Respekt, der Mann ist eigentlich untragbar, sorry.
Ich erwarte von Politikern und ehemaligen Politikern seines Kalibers keine Lösung der Probleme zum Thema Inflation und Vermögensungleichverteilung.
Wahre Worte – danke dafür!