Uwe Lübbermann„Wirtschaft hacken“ – Buchrezension von Andreas Bangemann
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Untertitel „Von einem ganz normalen Unternehmer, der fast alles anders macht“
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Die Geschichte, wie Uwe Lübbermann zum Gründer eines Unternehmenskollektivs wurde, das sich um ein koffeinhaltiges Kaltgetränk dreht, ist unterhaltsam, aber auch typisch für die neue Gründerszene. Am Anfang stand ein Problem. Beim Autor war es die veränderte Rezeptur seiner Lieblingscola durch ein Großunternehmen, das sich Namens- und Lizenzrechte einer Marke sicherte, aber auf einen abgewandelten Inhalt setzte.
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Kriminelle Hacker brechen in Computersysteme ein, um zu erpressen, zu zerstören oder ähnlich illegale Dinge zu tun. Darum geht es in diesem Buch in Bezug auf die Wirtschaft selbstverständlich nicht. Es dreht sich um das für die Allgemeinheit nützliche Hacken. Man macht vom vorgegebenen System einfach anders Gebrauch als es in den „Bedienungsanleitungen“ steht. Auf eine Weise, die zulässig, aber ungewöhnlich ist. Dabei deckt man Schwächen auf, die bisher unbemerkt in Kauf genommen wurden. Dass unser kapitalistisches Wirtschaftssystem mittlerweile eine Vielzahl an Schwächen zeigt, darüber herrscht großenteils Einigkeit.
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In seinem jetzt veröffentlichten Buch fasst Uwe Lübbermann die Meilensteine und Erkenntnisse zusammen, die dazu führten, dass bis heute über 1.700 Selbstständige und Unternehmen in einem Kollektiv zusammenwirken, um ein Colagetränk herzustellen und zu vertreiben. Das außergewöhnlichste dabei: Die seit mehr als 20 Jahren funktionierende Zusammenarbeit kommt ohne schriftliche Verträge aus. Alle selbsterstellten Regeln sind in der Gemeinschaft entstanden und werden von allen Beteiligten getragen. Einstimmig. Vollkommen ohne Konflikte läuft es auch dabei nicht ab, aber immer kommt es zu Einigungen. Und stets schalten sich all jene aktiv in die Entscheidungsprozesse ein, die sich betroffen fühlen, bzw. denen die Entscheidung ein bedeutsames Anliegen ist.
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Das Kollektiv hat Züge eines eigenständigen lebenden Organismus‘.
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Im Kapitel „Der verdeckte Lehrplan in der BWL“ kommt Martin Parker, Professor für Organisation Studies an der University of Bristol zu Wort. Er geht auf die Lehren von Business Schools ein. Die Einseitigkeit des Gelehrten führe zum Verdecken von Organisationsformen, die nicht wie Konzerne geführt werden oder kein Wachstum voraussetzen.
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„Es ist ein Problem, wenn Studierenden beigebracht wird, dass es nur ganz bestimmte Wege gibt, wie wir über die Tätigkeit des Organisierens nachdenken sollten. Dass erstens jede Organisation einen Kader von „Managern“ braucht, um zu funktionieren; dass zweitens die Aufgabe des Managers oder der Managerin darin besteht, Shareholder-Value zu generieren oder die wirtschaftliche Effizienz zu maximieren; und dass drittens Organisationen zu diesem Zweck wachsen müssen. Das bedeutet, dass Business Schools Menschen tendenziell dazu ermutigen, über Wert in Form von Geld und über Erfolg in Form von mehr Geld nachzudenken, und dass sie davon ausgehen, dass normale Menschen nicht in der Lage sind, sich selbst zu organisieren.“
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Parker schlussfolgert daraus die Notwendigkeit völlig neuartiger Schulformen. In „Schulen des Organisierens“ solle man offen über jegliche Formen von Organisationen forschen. Es müsse einer Abkehr vom „one best way“ der angloamerikanischen Variante des Kapitalismus mutig der Weg bereitet werden.
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