Strafzins-Mythen in der Tagespresse – Thomas Kubo
Im Artikel »Strafzins setzt vor allem deutschen Banken zu« analysiert Harald Freiberger in der Süddeutschen Zeitung vom 6. 6. 2019 die Leitzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Der Hauptgegenstand des Artikels ist der negative Einlagensatz, den Geschäftsbanken bezahlen müssen, wenn sie über die Mindestreserve hinaus bei der EZB Guthaben halten. Es ist lohnenswert, einige Passagen dieses Textes etwas genauer und im Kontext von aktuellen Zahlen anzusehen und dann zu kommentieren. Leider führt der Artikel nämlich zu erheblichen Missverständnissen.
– - -
„Es ist ein Jubiläum, das niemand feiert“
– - -
Offenbar ist Freiberger zu den vielen Feiern nicht eingeladen worden. Jubilierende der Negativzinspolitik gibt es viele, so zum Beispiel sämtliche öffentlichen Haushalte, die ihre Verschuldung abbauen konnten. Man siehe den Haushalt des Bundes: Der Posten »Bundesschuld« rangierte 2012 etwa auf dem zweiten Rang der Bundesausgaben. Inzwischen ist er auf Rang vier abgerutscht. Auch die Bundesländer und die geplagten Kommunen können jubeln, denn genau wie der Bund konnten sie in den zurückliegenden Jahren Schulden abbauen. In der letzten Bundesbankstudie zur Vermögenssituation der privaten Haushalte konnte ferner eine spürbare Verringerung der Schulden bei allen Privathaushalten konstatiert werden, eben weil die Zinsen aus Konsumentenkrediten nicht so belastend gewesen sind. Es ist geradezu bizarr, dass diese Tatsachen von Freiberger nicht erwähnt werden.
– - -
»Kein Wunder, dass die Banken wenig begeistert sind vom Negativzins, zumal sie ihn nur teilweise an Kunden weitergeben wollen oder können«.
– - -
Eindeutig wollen! Denn Freiberger zitiert in den nächsten Sätzen sogleich die Raiffeisenbank Gmund, die den negativen Einlagesatz an Ihre Kunden weitergibt. »Begeisterung« ist für dieses nüchtern-sachliche Geschäftsgebaren nicht notwendig. Die wenigsten Kunden stören sich daran: Die Negativzinsen, die diese Geschäftsbanken verlangen, sind so gering, dass sie bei den einzelnen Kunden kaum ins Gewicht fallen. In der Summe sähe es anders aus!
– - -
„Der Negativzins verschlang 2018 fast ein Zehntel der Gewinne deutscher Banken.“
– - -
Die interessante Frage in diesem Zusammenhang lautet: Was ist mit den anderen neun Zehnteln der Gewinne? Freiberger zitiert aus dem Gutachten von Deposit Solutions, einem Geldanlage-Vermittler. Dieses Gutachten nennt 2,5 Mrd. € an Kosten, welche die Geschäftsbanken für den Einlagensatz zahlen mussten.
– - -
Setzt man diese Summe in Beziehung zu anderen Bankzahlen: Die Bankzinserträge betrugen 2017 165,4 Mrd. € und die Bankzinsaufwendungen 79,9 Mrd. €; die Bankmarge betrug demnach 85,5 Mrd. €. In der nachfolgenden Darstellung 1 von Helmut Creutz, die bis 2017 verlängert ist, sind diese Beträge abgebildet.
– - -
mehr dazu online
– - -
„Es ist ein Jubiläum, das niemand feiert“
– - -
Offenbar ist Freiberger zu den vielen Feiern nicht eingeladen worden. Jubilierende der Negativzinspolitik gibt es viele, so zum Beispiel sämtliche öffentlichen Haushalte, die ihre Verschuldung abbauen konnten. Man siehe den Haushalt des Bundes: Der Posten »Bundesschuld« rangierte 2012 etwa auf dem zweiten Rang der Bundesausgaben. Inzwischen ist er auf Rang vier abgerutscht. Auch die Bundesländer und die geplagten Kommunen können jubeln, denn genau wie der Bund konnten sie in den zurückliegenden Jahren Schulden abbauen. In der letzten Bundesbankstudie zur Vermögenssituation der privaten Haushalte konnte ferner eine spürbare Verringerung der Schulden bei allen Privathaushalten konstatiert werden, eben weil die Zinsen aus Konsumentenkrediten nicht so belastend gewesen sind. Es ist geradezu bizarr, dass diese Tatsachen von Freiberger nicht erwähnt werden.
– - -
»Kein Wunder, dass die Banken wenig begeistert sind vom Negativzins, zumal sie ihn nur teilweise an Kunden weitergeben wollen oder können«.
– - -
Eindeutig wollen! Denn Freiberger zitiert in den nächsten Sätzen sogleich die Raiffeisenbank Gmund, die den negativen Einlagesatz an Ihre Kunden weitergibt. »Begeisterung« ist für dieses nüchtern-sachliche Geschäftsgebaren nicht notwendig. Die wenigsten Kunden stören sich daran: Die Negativzinsen, die diese Geschäftsbanken verlangen, sind so gering, dass sie bei den einzelnen Kunden kaum ins Gewicht fallen. In der Summe sähe es anders aus!
– - -
„Der Negativzins verschlang 2018 fast ein Zehntel der Gewinne deutscher Banken.“
– - -
Die interessante Frage in diesem Zusammenhang lautet: Was ist mit den anderen neun Zehnteln der Gewinne? Freiberger zitiert aus dem Gutachten von Deposit Solutions, einem Geldanlage-Vermittler. Dieses Gutachten nennt 2,5 Mrd. € an Kosten, welche die Geschäftsbanken für den Einlagensatz zahlen mussten.
– - -
Setzt man diese Summe in Beziehung zu anderen Bankzahlen: Die Bankzinserträge betrugen 2017 165,4 Mrd. € und die Bankzinsaufwendungen 79,9 Mrd. €; die Bankmarge betrug demnach 85,5 Mrd. €. In der nachfolgenden Darstellung 1 von Helmut Creutz, die bis 2017 verlängert ist, sind diese Beträge abgebildet.
– - -
mehr dazu online
Aktuelle Kommentare