Geldpolitik mit „Allradantrieb“ – Ein Kommentar zu Trichets Erläuterungen
In der Financial Times Deutschland hat Trichet sein Verständnis der außergewöhnlichen Maßnahmen der Notenbanken dargelegt und dazu Stellung genommen, in welchem Verhältnis sie zur üblichen Zinspolitik stehen und in welcher Reihenfolge vom normalen auf „Allradantrieb“ und umgekehrt umzuschalten sei. Ein lesenswerter Kommentar mit der Überschrift „Das Recht der Notenbanken auf Außergewöhnliches“
Er hebt mit Recht hervor, dass die außergewöhnlichen Instrumente nicht nur eine Fortsetzung der Standardgeldpolitik mit anderen Mitteln seien. Deshalb gebe es auch keine zwingende Reihenfolge für den Einsatz der Standardgeldpolitik und der außergewöhnlichen Instrumente sowie für ihren Rückzug. Damit erklärt sich, warum die EZB unter Trichet die Zinssenkungen nicht unter 1% fortsetzte, bevor sie außergewöhnliche Instrumente einsetzte. Sie sah den Transmissionsmechanismus der Geldpolitik als gestört an.
Kein Wort in seinem Kommentar, dass der Transmissionsmechanismus der Geldpolitik gestört ist, wenn die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes stark sinkt oder die Sparer bei der Anlage ihres Kapitals dem Hang zur Liquidität stärker frönen als gewöhnlich. Statt bei diesen wahren Ursachen anzusetzen und sie zu bekämpfen – z.B. durch die Anhebung der Inflationserwartungen -, wird mit den „außergewöhnlichen“ Instrumenten Symptom-Bekämpfung betrieben. Entsprechend sind die Ergebnisse: bestenfalls wird der Absturz verhindert, aber der dringend erforderliche Aufschwung wird nicht bewirkt. Vielmehr ist zu befürchten, dass auch Deutschland einer Rezession entgegengeht.
Von der künftigen EZB-Politik ist daher ein ständiges Herumexperimentieren mit weiteren außergewöhnlichen Instrumenten zu erwarten. Im Gespräch ist der Ankauf von Anleihen überschuldeter Staaten, um deren Risikozuschläge zu begrenzen. Das wird die Steigung der Zinsstrukturkurven beeinträchtigen und den Hang zur Liquidität eher stärken. Uns drohen japanische Verhältnisse, die eine Überwindung der Staatsschuldenkrise vollends unmöglich machen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Eckhard Behrens, www.sffo.de
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