Das Bailout-Verbot ist in den Euro-Verträgen unvollkommen geregelt

Charles B. Blan­k­art hat in der FAZ vom 13. August 2012 mit dem Titel „Die Euro-Zauber­lehr­lin­ge“ einen ordnungs­po­li­tisch ausge­zeich­ne­ten Beitrag geschrie­ben, an den man gut anknüp­fen kann. Sie finden seinen Beitrag unter

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/schuldenkrise-die-euro-zauberlehrlinge-11853410.html

oder kurz: http://tinyurl.com/c8vznyc

Ich gehe nur auf die fehlen­de Insol­venz­ord­nung ein und verbrei­te mich nicht zu den weite­ren Schrit­ten des SffO-Posi­ti­ons­pa­piers zur Grie­chen­land­kri­se, weil das den Rahmen spren­gen würde; siehe dazu http://www.sffo.de/SFFO_Hellas_3-fach_aus-der-Krise.pdf .

Dass in letz­ter Zeit so viele lesens­wer­te Beiträ­ge – insbe­son­de­re zu verfas­sungs­recht­li­chen Fragen – erschei­nen, lässt hoffen, dass es doch bald einen Durch­bruch geben wird zu trag­fä­hi­gen Zukunfts­per­spek­ti­ven für den Euro-Raum. Vorerst domi­nie­ren die Fehler­ana­ly­sen. Wirk­lich umsetz­ba­re Zukunfts­ent­wür­fe sind noch die Ausnah­me – z.B. zum Thema Paral­lel­wäh­rung oder zur euro­päi­schen Banken­auf­sicht nach dem Subsi­dia­ri­täts­prin­zip. – Soviel zur Vorbe­mer­kung; nun zur Ergän­zung von Blan­karts ordnungs­po­li­ti­schem Beitrag. 

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Blan­k­art entlässt seine Leser nach einer sehr hilf­rei­chen ordnungs­po­li­ti­schen Diagno­se in die Ratlo­sig­keit. Zum Panik­wo­chen­en­de im Mai 2010 konnte es nur wegen der Unvoll­kom­men­heit des Maas­tricht-Vertra­ges kommen. Die Einhal­tung des Bailout-Verbots hätte eine oder mehre­re Staa­ten-Insol­ven­zen zur Folge gehabt. Dafür fehlen im Euro-Recht aber nach wie vor Regeln, die allen Betei­lig­ten Sicher­heit hinsicht­lich des Verfah­rens geben. Eine unge­re­gel­te Insol­venz ist ein Horror­trip. Daher wurde versucht, mit Impro­vi­sa­tio­nen die Insol­venz abzuwenden. 

Das wäre vertret­bar gewe­sen, wenn es dazu gedient hätte, die Zeit für die Schaf­fung einer Insol­venz­ord­nung zu gewin­nen. Aber dabei ist es bis heute geblie­ben und die Staats­chefs haben Ende letz­ten Jahres sogar als Ziel erklärt, Staa­ten-Insol­ven­zen dauer­haft abzu­wen­den. So sind sie voll­ends in der von Blan­k­art beschrie­be­nen Verstri­ckung gelan­det, die die Bevöl­ke­rung in allen Mitglied­staa­ten zuneh­mend zur Verzweif­lung bringt und Regie­run­gen wanken lässt. Da ist recht­lich aber noch nichts verfes­tigt; deshalb ist nur besse­re Einsicht sowie ordnungs­po­li­ti­scher Mut erforderlich. 

In Wahr­heit unter­lie­gen Grie­chen­land und andere Staa­ten längst einer unge­re­gel­ten Insol­venz­ver­wal­tung durch die Troika. Es ist doch das einge­tre­ten, was verhin­dert werden sollte – einschließ­lich eines (noch unzu­rei­chen­den) Teil­ver­zichts eini­ger, nicht aller Gläu­bi­ger. Noch schlim­mer ist: Ein Ende ist nicht abseh­bar; Demo­kra­tie und Wirt­schaft leiden schwer. Die Ziele einer Insol­venz­re­ge­lung wären ein kurzes Verfah­ren und klar begrenz­te Eingriffs­rech­te, um einen Inter­es­sen­aus­gleich mit den Gläu­bi­gern und die Trag­fä­hig­keit der Rest­schul­den zu gewährleisten. 

Es geht darum, den Schre­cken ohne Ende, den Grie­chen­land erlebt, zu erset­zen durch einen über­schau­ba­ren, wenn auch schwe­ren, aber gang­ba­ren Weg, der zurück­führt zur vollen Haus­halts­au­to­no­mie und Kapi­tal­markt­fä­hig­keit. Daran müss­ten alle Mitglieds­län­der inter­es­siert sein. Die über­fäl­li­ge Vertrags­er­gän­zung macht das Bailout-Verbot über­haupt erst anwend­bar. Sie ist ein realis­ti­sche­res Ziel als der von Blan­k­art charak­te­ri­sier­te euro­päi­sche Einheits­staat, an dessen Kommen er wohl auch nicht glaubt. 

Gere­gel­te Insol­ven­zen sind auch der beste Schutz vor den befürch­te­ten Domino-Effek­ten, also weite­ren Konkur­sen ande­rer Staa­ten und damit vor einer Krise des gesam­ten Finanz­sek­tors. Erst nach abge­schlos­se­ner Insol­venz kann die Frage gestellt werden, ob ein weite­rer Verbleib im Euro-Währungs­ver­bund für Grie­chen­land konjunk­tur­po­li­tisch sinn­voll ist. Sonst vermen­gen sich die Austritts- und die Proble­me der Zahlungs­un­fä­hig­keit zu einem unent­wirr­ba­ren Knäuel. Leider ist genau das für die nächs­ten Monate zu befürch­ten, nach­dem sich immer deut­li­cher abzeich­net, dass bereits geplan­te Hilfen nur ausge­zahlt werden sollen, wenn Grie­chen­land sämt­li­che Zusa­gen einge­hal­ten hat. Ohne die Hilfen ist Grie­chen­land im Okto­ber 2012 zahlungs­un­fä­hig – dann wird sich die Verschlep­pung der euro­pa­recht­li­chen Rege­lung einer Staa­ten­in­sol­venz bitter rächen. Den Gefal­len, aus dem Euro-Währungs­ver­bund auszu­tre­ten, wird Grie­chen­land den Unzu­frie­de­nen nicht tun. 

Eckhard Behrens, Heidelberg
Vorstands­mit­glied des Semi­nars für frei­heit­li­che Ordnung e.V., Bad Boll, www.sffo.de

P.S.
Eine frühe­re Fassung dieses Beitrags hat die FAZ am Sams­tag, den 01.09.2012, auf Seite 8 als Leser­brief unter der von der FAZ formu­lier­ten Über­schrift „Unge­re­gel­te Insol­venz­ver­wal­tung in Europa“ abgedruckt. 

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2 Antworten

  1. Neue Sozia­le Marktwirtschaft

    Soli­da­risch und gemeinsam
    deuten wir Sozia­les um.
    Reiche darben in Verzweiflung,
    reichen ihre Hüte rum.

    Sie gewäh­ren Recht und Freiheit,
    schau­en dabei trau­rig drein,
    drän­gen uns, sie satt zu speisen,
    dann kehrt wieder Ruhe ein.

    Schul­den­haf­tung gilt für alle,
    dieses nennt sich Marktwirtschaft.
    Nichts ist mehr riskant, wie früher,
    selig bleibt, was Armut schafft.

    Dennoch droht kein Aufbegehren,
    denn wer hat, versteht das Spiel.
    Geld darf sich kritik­los mehren,
    niemand kriegt davon zu viel.

    Heute ist der Adel klüger,
    prote­giert den Schwafelmund.
    Wich­tig­tu­er und Betrüger
    reden sich die Zunge wund. 

    Dafür krie­gen sie den Knochen,
    der bei Tisch zu Boden fällt.
    Gut gekrault heult jeder Köter,
    wie es seinem Herrn gefällt.

    Dämmert dann zuletzt die Einsicht,
    wer beim Spiel Gewin­ner bleibt,
    hat der Weise vom Verlierer
    längst schon alles einverleibt.

    http://www.politpoems.blogspot.de

  2. „…Das Bailout-Verbot ist in den Euro-Verträ­gen unvoll­kom­men geregelt…“

    Aber wird denn so klein­lich sein, es gibt schließ­lich um höhere Interessen.
    Die mit dem vielen Geld, die doch nur noch viel mehr Geld von uns allen.
    Es heißt zwar immer, die woll­ten doch nur unser Bestes.
    Und das stimmt, ausnahmsweise.

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