„Dreigliederung – Die Kunst der Zusammenarbeit“ – Karl-Dieter Bodack

– - -
… so lautet der Titel eines Buches von Walter Kugler: Besser lassen sich Aufga­ben und das Ziel der „Drei­glie­de­rung des sozia­len Orga­nis­mus“ wohl nicht beschrei­ben, die Rudolf Stei­ner am Ende des 1. Welt­kriegs entwi­ckel­te. Das Buch stellt umfas­send und viel­fäl­tig seine Darstel­lun­gen und Akti­vi­tä­ten der „Drei­glie­de­rung“ dar: Sie soll­ten uns anre­gen, auch heute die „Drei­glie­de­rung“ in sozia­len Arbeits­fel­dern zu verwirk­li­chen! Leider musste er 1923 fest­stel­len, dass trotz des Einsat­zes Vieler die Reali­sie­rung drei­ge­glie­der­ter Staats­for­men geschei­tert war.
– - – 

Ein aus dieser Initia­ti­ve entstan­de­ner Unter­neh­mens­ver­bund konnte gegrün­det werden, schei­ter­te jedoch in der drama­ti­schen Wirt­schafts­kri­se 1923. Nach dem Verbot in der Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus entstan­den ab 1945 Drei­glie­de­rungs-Initia­ti­ven, die sich vor allem einer Neuge­stal­tung der Bundes­re­pu­blik widme­ten. Das gelang bislang nicht. Waren und sind die Zeit­ge­nos­sen mit der Verfas­sung von 1949 so zufrie­den, dass sie keine anders­ar­ti­gen Staats­for­men wünschen? Ist es „an der Zeit“, die viel­fach schwie­ri­ge, konflikt­be­la­de­ne Zusam­men­ar­beit in eigen­stän­di­gen „freien“ Gemein­schaf­ten, Schu­len und Unter­neh­men als „Nach­fra­ge“ zu erken­nen und hier mit der „Kunst der Drei­glie­de­rung“ Hilfen anzubieten?
– - – 

Erfol­ge anthro­po­so­phi­scher Initiativen
– - – 

Wich­ti­ge Inten­tio­nen Rudolf Stei­ners sind in der brei­ten Öffent­lich­keit ange­kom­men, vor allem die Früch­te aus anthro­po­so­phisch basier­ter Land­wirt­schaft, Waldorf­päd­ago­gik in Schu­len und Pfle­ge­ein­rich­tun­gen, Heil­me­tho­den und Thera­pien anthro­po­so­phi­scher Medi­zin … Warum fand die „Drei­glie­de­rung des sozia­len Orga­nis­mus“ bislang keinen nennens­wer­ten Einfluss? Warum finden die vielen Initia­ti­ven auf dem Feld der „Drei­glie­de­rung“ keinen Wider­hall in der brei­ten Öffent­lich­keit? Liegt es daran, dass Land­wir­te, Pädago­gen, Ärzte usw. reali­sie­ren, wovon sie über­zeugt sind, dass sie vorle­ben, was sie Ande­ren und sich selbst wünschen? Die Befür­wor­ter der Drei­glie­de­rung fordern dage­gen von Poli­ti­kern, vom Staat, dass er sich wandle, refor­mie­re – ja gar neu und anders aufstel­le! Folgt darauf die – nicht ausge­spro­che­ne – Antwort: Was fordert ihr von uns? Warum macht ihr das nicht selbst? Schaut mal im Klei­nen, ob das funktioniert!
– - – 

Hat die Drei­glie­de­rungs­be­we­gung tatsäch­lich nichts bewegt? Joseph Beuys’ Wirken mit dem Hinter­grund der Drei­glie­de­rung wurde und wird auch heute noch breit disku­tiert: Er wirkte im aktu­el­len Zeit­ge­sche­hen, setzte „Zeichen“, trans­for­mier­te aktu­el­le Entwick­lun­gen. Der Verfas­ser schuf eine Ausstel­lung, Beuys zitie­rend: „Die Myste­ri­en finden im Haupt­bahn­hof statt“, die sowohl im Goethe­a­num in Dornach als auch im Haupt­bahn­hof Mann­heim gezeigt wurde. Sie zeigt das Menschen­bild und die Umset­zung der Drei­glie­de­rung sowie Züge, die von anthro­po­so­phi­schen Archi­tek­ten und Desi­gnern gestal­tet wurden. Die Grün­dung der GLS Bank („Gemein­schafts­bank für Leihen und Schen­ken“) könnte Mut machen: Sie wuchs zu nennens­wer­tem Geschäfts­vo­lu­men, ihr Kunden­kreis geht weit über die Mitglied­schaft der Anthro­po­so­phi­schen Gesell­schaft hinaus! Was kann „Drei­glie­de­rung“ heute, in den vielen sozia­len Problem­fel­dern, leisten?
– - – 

Die Verfas­sung der Bundesrepublik
– - – 

Was ist heute möglich? Gibt es Initia­ti­ven, Einrich­tun­gen, Unter­neh­men, die mit der sozia­len Drei­glie­de­rung arbei­ten? Lässt die Verfas­sung der Bundes­re­pu­blik drei­ge­glie­der­te Struk­tu­ren und Verfah­ren zu – oder liegt in ihr die Ursa­che für die bishe­ri­ge Erfolglosigkeit?
– - – 

1948 schuf der „Parla­men­ta­ri­sche Rat“, eine Konfe­renz renom­mier­ter Bürger West­deutsch­lands, die Grund­la­gen einer Verfas­sung, die dann zum „Grund­ge­setz“ weiter­ent­wi­ckelt und 1949 parla­men­ta­risch beschlos­sen wurde. Es enthält Grund­zü­ge einer sozia­len Drei­glie­de­rung, vor allem die „Drei­ge­stal­tung der Gewal­ten“: Sie bestimmt, dass der Staat in drei vonein­an­der rela­tiv unab­hän­gi­gen Lebens­fel­dern konsti­tu­iert ist:
– - – 

Gesetz­schöp­fung, Schaf­fung von Regeln aus gege­be­nen Frei­hei­ten mit Orga­nen, deren Mitglie­der in freien und gehei­men Wahlen von allen Bürgern gewählt werden;
– - -
Gesetz­durch­set­zung durch unab­hän­gi­ge Gerich­te, denen jeder Bürger mit glei­chen Rech­ten und Pflich­ten unterliegt;
– - -
Geset­zes­aus­füh­rung durch Verwal­tun­gen, deren Mitar­bei­ter auf die Einhal­tung des Grund­ge­set­zes und der Geset­ze verei­digt werden.
– - – 

Spie­geln sie die drei Lebens­fel­der „Geis­tes­le­ben – Rechts­le­ben – Wirt­schafts­le­ben“ wider?
– - – 

Die wesent­li­chen „Arti­kel“ des Grund­ge­set­zes basie­ren auf den allge­mei­nen Menschen­rech­ten, wie sie 1948 von der UNO verab­schie­det wurden. Sie defi­nie­ren in rela­ti­ver Ausgewogenheit
– - -
Frei­hei­ten der Meinungs­äu­ße­rung, der Presse, der Koali­ti­on mit anderen…;
– - -
Gleich­heit aller vor den Geset­zen, „Die Würde des Menschen ist unantastbar“;
– - -
sozia­le Pflich­ten und Rück­sich­ten auf die Belan­ge und Bedürf­nis­se anderer.
– - – 

Damit fordert das Grund­ge­setz von den Bürgern, Unter­neh­men und Insti­tu­tio­nen eine ausge­wo­ge­ne Reali­sie­rung der drei Ideale Frei­heit, Gleich­heit und Brüder­lich­keit (im aktu­el­len Sprach­ge­brauch oft als „Soli­da­ri­tät“ bezeichnet).
– - -
Mehr online
– - –