Leserbriefe 02/2015
Für mich als einfacher denkenden Menschen ist es zweifellos wohltuend, nach sehr viel theoretischem Tohuwabohu, dass Thomas Piketty vier Seiten vor Abschluss des „Kapitals im 21. Jahrhundert“ Seitenhiebe gegenüber seinem eigenen Berufsstand austeilt. Er hat gesagt: „Die Ökonomen haben allzu lange ihre Identität über ihre wissenschaftlichen Methoden definiert. In Wahrheit beruhen diese Methoden vor allem auf einem übermäßigen Gebrauch mathematischer Modelle, die häufig nur als Vorwand dienen, um sich aufzuspielen und davon abzulenken, dass es um gar nichts geht.“
Günter Fritz, Bibersfeld
Darf eine Satire alles?
Wird die Schweizer Bundesrätin Doris Leuthard zu Recht kritisiert, weil sie erklärte, dass Satire nicht alles dürfe? Sogar eine Karikatur von Gott müsse möglich bleiben, wurde von Karikaturisten erklärt. Es gibt aber zum Glück noch andere Meinungen, wonach man nicht unnötig provozieren dürfe und dass auf religionsspezifische, allgemein akzeptierte Gebote Rücksicht genommen werden müsse. Dabei geht es nicht in erster Linie um Gott, der gemäß dem Psalm 2 über seine Widersacher lacht, oder um Christus, der durch seinen versöhnenden Kreuzestod schon Schwereres erlebt hat, als für eine Karikatur herzuhalten. Es geht aber darum, den Glauben Andersdenkender zu respektieren. Sachliche Kritik und ein Vergleich der Lehren ist aber angebracht. So vertritt der Koran wie die Bibel, Gott und die Eltern zu ehren, Unsittlichkeit zu meiden und Gutes zu tun. Dazu lehrte Jesus jedoch, sogar Feinde zu lieben, während der Koran auffordert, Ungläubige zu töten. Jenen Mächten, welche eine immer größere Überwachung der Völker anstreben, kommen aber Provokationen und Unruhen gelegen, weil dann die Bereitschaft steigt, aus Sicherheitsgründen diktatorische Verhältnisse herbei zu wünschen.
Emil Rahm, Hallau in der Schweiz
Gib den Deutschen eine gute Regierung
Im Jahr 1883, vor mehr als 130 Jahren, hat der Pfarrer von St. Lamberti in Münster / Westfalen, ein Neujahrsgebet verfasst, dass heute noch so aktuell ist wie damals!:
Herr, setze dem Überfluss Grenzen
und lasse die Grenzen überflüssig werden.
Lasse die Leute kein falsches Geld machen
und auch das Geld keine falschen Leute.
Nimm den Ehefrauen das letzte Wort
und erinnere die Männer an ihr erstes.
Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit
und der Wahrheit mehr Freunde.
Bessere solche Beamte, Geschäfts- und Arbeitsleute,
die wohl tätig, aber nicht wohltätig sind.
Gib den Regierenden gute Deutsche
und den Deutschen eine gute Regierung.
Herr, sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen
aber nicht sofort.
Alois Filser
Sehnsucht nach dem Weltfrieden
Sie können die Situation drehen und wenden, wie Sie wollen, Sie werden immer wieder feststellen:
Wir leben in der Welt des real und global existierenden Militarismus und Kapitalismus. Der Militarismus ist ein Gewaltsystem, der Kapitalismus ein Schmarotzersystem. Die ganze Menschheit steckt im Teufelskreis von Gewalt und Ungerechtigkeit. Das ist das große Problem unserer Zeit.
Militarismus und Kapitalismus sind der Egoismus der Herrschenden, um Macht und Gewalt ausüben zu können. Jeder „ismus“ übersieht, dass wir „in die Freiheit geworfene Lebewesen“ (Kierkegaard) sind. Der Preis dieser Freiheit ist, dass wir Fehler machen können. Die Wahrheit finden wir erst, wenn wir ganzheitlich denken.
Der Mensch muss über sich selber nachdenken. Ich bin ein Wesen aus Körper, Geist und Seele. Ich bin ein einmaliges Wesen, ein historisches, soziales, personales und transzendentales. Ich trage Verantwortung gegenüber der Geschichte, der Gesellschaft, mir selbst und Gott.
In meinem langen Leben hat mich immer der Aufruf von Pestalozzi begleitet: „Lasst uns Mensch werden!“. Zum Menschsein sind wir immer unterwegs. Erst wenn wir der Gewalt entsagen, haben wir uns von unserer Raubtiermentalität gelöst. Nur so kann Frieden werden.
Richard Steinhauser, Sigmarszell
Was Du bekämpfst ziehst Du groß
Es gibt ein geistiges Gesetzt, das besagt „Was Du bekämpfst, das ziehst Du groß“. Vor diesem Hintergrund sollten alle Aktionen kritisch hinterfragt werden. Vielleicht wäre es besser, alle „Mitstreiter“ zu veranlassen, die erwünschten Zustände mit Gedankenkraft zu versehen. So könnte ein Erfolg eintreten. Anstatt aufzustehen und gegen Absichten anzutreten, sollten die Dinge in den Raum gestellt werden, die erstrebenswert und sozial vertretbar sind.
Jürgen Mielke, Reinbek
Wer Frieden will, braucht keine Feinde
Alternativlos sind die Entstehung und das Vergehen. Für alles andere gibt es Alternativen.
Billige Arbeitskräfte bedeutet auch: Kein Geld, um die Ware zu kaufen. Also muss sie verramscht werden. Arbeit wäre für jeden da. Wettbewerb und Konkurrenzkampf sind nur eine andere Art von Krieg. Ich als Schweißer verstehe das sofort.
Wer wirklich Frieden will, der kann ihn auch erhalten. Dazu braucht es keine Feinde, sondern Freunde.
Wolfgang Harzig
We shall overcome
Die Ausgabe 1–2015 ist wieder sehr gelungen. Das Titelblatt hat mir besonders gut gefallen.
Zu der Melodie des Liedes „We shall overcome“ (Anm. d. Red.: Protestlied aus der US-Bürgerrechtsbewegung Wir werden es überwinden, das heute weltweit als musikalischer Protest gegen jede Art von Missständen verwendet wird, die bekannteste Interpretation stammt von Joan Baez) habe ich folgenden Text geschrieben:
Unser Kapitalismus
Läuft perfekt für kurze Zeit
Ganz besonders als Neuanfang.
O‑O-Oh tief in mir drin,
bin ich ein großer Fan
von Zinsen und Inflation
Doch was passiert als nächstes?
Arbeitslosigkeit nimmt zu
Arme werden ärmer.
O‑O-Oh tief in mir drin,
war ich ein großer Fan
von Zinsen und Inflation.
Und dann heißt es „Voller Stopp“!
Freigeld und Freiland
Machen die Menschen
Ungefähr gleich reich.
O‑O-Oh tief in mir drin,
bin ich ein großer Fan
von Wörgl 1–9‑3–2.
Silvio Gesells Freiwirtschaft
Läuft perfekt für lange Zeit
Doch ganz plötzlich
Wird es zu langweilig
O‑O-Oh tief in mir drin,
war ich ein großer Fan
von Wörgl 1–9‑3–2.
Zwei Phasen braucht die Wirtschaft:
Erstens Kapitalismus,
zweitens Freiwirtschaft als Ausgleich
O‑O-Oh tief in mir drin
Bin ich ein großer Fan
Von der Mondgeldtheorie*
Für Freiheit und Gerechtigkeit!
* Mondgeldtheorie soll bedeuten zwei Phasen im Wechsel:
Phase A) Zunehmendes Geld (Kapitalismus)
Phase B ) Abnehmendes Geld (Freiwirtschaft)
Es ist wichtig, dass der Kapitalismus, nach einer gewissen Zeit zurückkehrt – die Reichen müssen bedient werden!
Und es ist wichtig, dass die Freiwirtschaft nach einer gewissen Zeit wieder anläuft – die Armen müssen bedient werden!
Harro Scheibe,
Diplom-Wirtschaftsinformatiker aus Hamburg
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