Wenn nichts fließt – Was am 23. März 2021 wirklich geschah – ppp

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Wenn nichts fließt – TEIL 1
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Was am 23. März 2021 wirk­lich geschah
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Hinweis: Eine auf Tatsa­chen beru­hen­de Geschich­te, die Fiktio­nen enthält. Das Zusam­men­spiel von Fakten und Ausge­dach­tem ist rein zufäl­lig und künst­le­ri­scher Frei­heit geschul­det. Namen, Orte und Zeiten können fiktiv sein.

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19. April. 2019 – Deutsch­land­funk, „Essay und Diskurs – Lite­ra­tur im Informationszeitalter“

Die Gegen­wart ist eine Zeit imagi­na­ti­ver Not. – … Muss die Fikti­on, um eine Fikti­on sein zu können, von der Reali­tät erst beglau­bigt werden? Exis­tiert die Wirk­lich­keit außer­halb der Fiktion?

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Das Imagi­nä­re muss seinen Ursprung
notwen­dig in der Reali­tät haben. Was ist denn der Werk­stoff, aus dem wir Autoren als Plün­de­rer arbei­ten können?…

… Autoren werden gerne schon einmal eines räube­ri­schen Realismus
bezichtigt.

… „Ausge­dacht? Ja. Dem Leben
entnom­men? Ja.“

„…die Reali­tät unzulässigerweise
mit der Fikti­on erweitern.“

Fikti­on ist nicht einfach eine Lüge und
der Fakt ist nicht gleich­zu­set­zen mit Wahr­heit. Das Sicht­ba­re ist unvoll­stän­dig. Es ist nicht reich­hal­tig genug, um wirk­lich zu sein. Um wirk­lich zu sein, bedarf das Sicht­ba­re der Fiktion.
„Faktisch“ von Latein „facere“
– Tun, machen, handeln

„Tatsäch­lich“ im Deutschen
– die Tat, das Tun. …

Darin steckt eine schöpferische
Dimen­si­on. Was Fakt ist, beruht
auf einem Konzept.

Das Wirk­lich­keits­pro­blem ist
eines der ältes­ten Proble­me der Welt.

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26. Januar 2021 – Videokonferenz

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„Der Plan ist verrückt. Sollte er gelin­gen, wird nichts sein, wie es vormals war. Lasst uns noch einmal alles durch­den­ken. Was, wenn es schief­geht?“ Die Nervo­si­tät war Oliver anzu­mer­ken, obwohl sie sich nur per Video­kon­fe­renz sahen. „Keine Sorge, Leute! Wenn die Sache schei­tert, passiert gar nichts. Ich habe das im Griff“, besänf­tig­te der voll­bär­ti­ge Martin. Es genüg­te, seine sonore Stimme zu hören, sie wirkte bereits beru­hi­gend. „Ich habe lange genug für Reede­rei­en gear­bei­tet und kenne die Abläu­fe. Unser Mann ist Inder. Ich traf ihn erst­mals bei einer der monat­li­chen Sitzun­gen in Hamburg. Er hat in Rostock Nautik studiert und dort ein Mädchen kennen­ge­lernt, die ein vega­nes Cate­ring-Start-Up gegrün­det hatte. Sie führte ihn zur Gruppe und er fing sofort Feuer für unsere Reform­ideen. Und: Er ist einer, wie wir. Er will nicht länger nur theo­re­ti­sie­ren. Er will zur Tat schrei­ten, genau­er gesagt in See stechen. In Mumbai absol­vier­te er eine Ausbil­dung bei einem der größ­ten Ship­ma­nage­ment-Unter­neh­men. Deren Haupt­sitz ist in Hamburg. Ihr indi­sches Toch­ter­un­ter­neh­men war einer der ersten auslän­di­schen Ship­ma­na­ger, die vom japa­ni­schen Trans­port­mi­nis­te­ri­um zerti­fi­ziert wurden.“ Oliver und Jonas, die gemein­sam vor dem Bild­schirm saßen, lausch­ten beein­druckt Martins Worten. Ihre Unsi­cher­heit sah man jedoch weiter­hin ihren gerun­zel­ten Stir­nen an. „Der Schiffs­eig­ner aus Japan, die Reede­rei aus Taiwan, gema­nagt von einem deut­schen Unter­neh­men und der Frach­ter fährt unter der Flagge Pana­mas“, warf Jonas ein. „Was macht Dich so sicher, dass alles funk­tio­niert?“ „Das führt jetzt zu weit. Euch wird nichts ande­res übrig­blei­ben, als mir zu vertrau­en, wenn ihr wollt, dass wir Erfolg haben. Unser Mann wird an Bord sein, sobald das Schiff in Ningbo-Zous­han auf seine 27-tägige Reise nach Rotter­dam ablegt. Alle 25 Crew­mit­glie­der werden in Mumbai ausge­bil­de­te Inder sein“
Hinrich

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Jour­na­lis­mus war sein Leben. Dabei legte er stets größ­ten Wert darauf, über Ange­le­gen­hei­ten zu berich­ten, die einen Hinter­grund hatten. Ereig­nis­se waren für ihn zunächst immer Sympto­me. Auswir­kun­gen einer Matrix zeit­lich vorge­la­ger­ter Zusam­men­hän­ge, die zu einem spezi­el­len Zeit­punkt an einem gewis­sen Ort in Erschei­nung treten. Das Gefüge der Ursa­chen bleibt norma­ler­wei­se im Verbor­ge­nen. Gescheh­nis­se haben eine Vorge­schich­te, die aus vielen Sach­ver­halts­fä­den gespon­nen wird. Eine Mischung aus Zufäl­len und gewoll­ten Handlungen.

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Bericht­erstat­tun­gen, Doku­men­ta­tio­nen oder Repor­ta­gen waren meist nichts weiter als medial wieder­ge­ge­be­ne Fakten aus dem Blick­win­kel einer Erzähl­ma­schi­ne. Leblo­se Geschich­ten von Gesche­he­nem, an dem niemand mehr etwas ändern konnte, die deshalb quälend oder belus­ti­gend, aber selten berei­chernd für die Empfän­ger der Nach­rich­ten waren. Es ging meist um banale, gut verkäuf­li­che Unter­hal­tung. Infor­ma­tio­nen so aufbe­rei­tet, dass Müßig­gän­ger mit Sensa­tio­nen versorgt werden, wie Walter Benja­min das formu­lier­te. Hinrichs Bild vom Leser war das eines selbst­den­ken­den Wesens.

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Dem moder­nen Jour­na­lis­mus fehlte, was den Geschich­ten­er­zäh­lern an den Lager­feu­ern der Mensch­heit stets ein Anlie­gen war: Den Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rern zu zeigen, dass sie nicht zurück­ge­hen und den Anfang verän­dern können, aber auf der Stelle damit begin­nen können, das Ende zu verän­dern. Hinrichs ganze Liebe zu seinem Beruf galt der Gestalt­bar­keit von Zukunft. Er wollte den Ereig­nis­sen jene Quint­essenz entlo­cken, mit deren Erzäh­lung er den Adres­sa­ten seiner Arbeit den Impuls für die Schöp­fung eines ande­ren Schlus­ses ihres eige­nen Weges an die Hand reichen würde.
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Fort­set­zung folgt.
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