Das transatlantische Freihandelsabkommen – Wolfgang Berger
Finanzielle Massenvernichtungswaffen fahren die Ernte ein -
»Le Monde diplomatique – die französische
Zeitung für auswärtige Beziehungen
– bezeichnet das transatlantische
Feihandelsabkommen TAFTA
(Transatlantic Free Trade and Investment
Agreement) als „Staatsstreich in Zeitlupe“.
In geheimen Verhandlungen wird
es von den mächtigsten Konzernen der
Welt, die von 600 Industrieverbänden
vertreten werden, vorbereitet. Gesetze
benachteiligen immer diejenigen, die
bei ihrer Verfassung nicht dabei sind.
Dabei wird der Mensch „wie ein
Konsumgut betrachtet, das man
gebrauchen und dann wegwerfen
kann“, schreibt Papst Franziskus
im Evangelii Gaudium und fügt hinzu:
„Diese Wirtschaft tötet“. Sie tötet die
Würde, die Freiheit und den Sinn des
Lebens der meisten Menschen.
Vielleicht hat Benito Mussolini den
Begriff Faschismus passend definiert:
„Die Fusion zwischen Großkonzernen
und Staaten“. Wie ist dieser
Vernichtungsfeldzug geplant worden?
Wie wird er durchgeführt?
Das Killer-Spiel
„Live and let die“
(Lebe und lass andere sterben)
Banken vergeben Kredite gegen Sicherheiten.
Jeder Firmenchef und jeder
Hauseigentümer weiß das. Bei
der Kreditprüfung wird meist ein
Fünftel Eigenkapital verlangt. Für die
Banken selbst gilt diese Regel nicht.
Große Banken arbeiten mit 95 Prozent
Fremdkapital und hebeln so den
Ertrag auf ihr eigenes Kapital. Eine
Million Gewinn bleiben eine Million,
wenn das Geschäft mit Eigenkapital
finanziert wird. Bei fünf Prozent Eigenkapital
erhöht sich der auf das
Eigenkapital bezogene Gewinn dann
fast um das zwanzigfache.
Damit rechtfertigen die Banken die Millionengagen
Ihrer Topmanager, die diese
Gewinne „erwirtschaften“ – oder
sollen wir besser „ergaunern“ sagen?
Die Versuchung ist groß, dabei Risiken
einzugehen, die die Bank selbst nicht
auffangen kann. Gilt die Bank als systemrelevant
weil sie „too big to fail“ (zu
groß zum Scheitern) ist, werden ihre Verluste
auf die Steuerzahler abgewälzt.
So sind die Staatsschulden explodiert
und ganze Länder in den Bankrott getrieben
worden. In der Krise waren die
Staaten dann „too week to act“ (zu
schwach zum Handeln).
Der ersten Testläufe für dieses Spiel
sind vor zehn Jahren vorbereitet worden:
Niedrige Hypothekenzinsen und
die Erwartung steigender Immobilienpreise
haben auch Subprime-Kreditnehmer
(das sind solche mit schlechter Bonität)
in den USA zu Hauseigentümern
gemacht. Diese Kredite wurden zu „Derivaten“
(abgeleiteten Wertpapieren)
gebündelt und mit kurzfristigen Rückkaufvereinbarungen
(„Repos“: Sale and
Repurchase Agreements) weiterverkauft.
Hank Paulson – von 1999 bis 2006 CEO
(Vorstandsvorsitzender) der Investmentbank
Goldman Sachs – hat die
US-Banken Bear Sterns und Lehman
Brothers in Derivatgeschäfte in Milliardenhöhe
eingebunden. 2006 ist Paulson
US-Finanzminister geworden. Danach
haben neue Gesetze „Derivate“
in „safe havens“ (sichere Häfen) verwandelt.
Das bedeutet: Eine Bank, die Wertpapiere
über Derivate besitzt, kann sie
beim Konkurs der Schuldnerbank behalten.
2008 konnten Bear Sterns und
Lehman Brothers ihre Verpflichtungen
zum Rückkauf der „Derivate“ gegenüber
Goldman Sachs und dem britischen Finanzunternehmen
Barclays nicht erfüllen;
sie brachen zusammen. Die beiden
siegreichen Banken hatten zwei Konkurrentinnen
„gefressen“.
Durch EU-Direktiven haben die Besitzer
von Derivaten auch in Europa bevorzugten
Gläubigerstatus. Während
es im regulären Insolvenzrecht eine
Bevorzugung von Gläubigern nicht
gibt, ist sie bei Derivaten jetzt die
Norm. Derivate in Verbindung mit Repo-
Geschäften schöpfen Geld ohne Sicherheiten.
Die eine Bank nimmt, die
andere gibt – und das im Kreislauf ad
infinitum. Dieses Killer-Spiel wird in
den USA „Live and let die“ (Lebe und
lass andere sterben) genannt.
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