Kein echter Erfolg, aber… – Pat Christ
Was das Bündnis „Reichtum Umverteilen“ seit seiner Gründung erreicht hat
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Pat Christ
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Die Quote steigt und gibt zu denken: Waren 1990 elf Prozent aller Menschen in Deutschland einkommensarm, sind es inzwischen fast 20 Prozent. Dem gegenüber stehen mehr als acht Prozent der Bevölkerung, die mindestens das Doppelte des mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung haben. Die sich vertiefende Kluft zwischen Arm und Reich rief vor der letzten Bundestagswahl das „Bündnis ‚Reichtum Umverteilen’“ auf den Plan. Wir fragen nach: Was hat es bisher gebracht?
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Das Bündnis „Reichtum umverteilen“ besteht aus 30 zivilgesellschaftlichen Verbänden und Organisationen. Sie schlossen sich 2016 zusammen, um sich gemeinsam für eine bessere soziale Absicherung, höhere öffentliche Investitionen, einen sozial-ökologischen Umbau und die Bereitstellung bezahlbarer Wohnungen einzusetzen. Einen entsprechenden Aufruf haben bisher über 5.300 Unterstützer unterzeichnet. Unterschriften werden weiterhin gesammelt.
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Die aktuelle Situation beschreibt der Verteilungsbericht 2018 des DGB. Demnach mussten die 20 Prozent Einkommensärmeren in Deutschland seit Anfang der 1990er Jahre reale Einkommensverluste hin nehmen, während das reichste Zehntel reale Einkommenszuwächse von 30 Prozent erhielt. Der Vorstandsvorsitzende eines DAX-Unternehmens bezog 2017 durchschnittlich das 85-Fache eines Mitarbeiters. Das wohlhabendste Prozent der Bevölkerung verfügt über 32 Prozent des Gesamtnettovermögens. Die Hälfte der Bevölkerung besitzt gerade einmal 2,4 Prozent. Jeder dritte Erwachsene hat gar kein Vermögen oder sogar Schulden.
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Ein Hebel zur Umverteilung wird in einer Erbschaftssteuerreform gesehen. 2016 wurden laut dem Statistischen Bundesamt durch Erbschaften und Vermächtnisse Vermögen von 43,6 Milliarden Euro übertragen. Das waren 15,6 Prozent mehr als 2015 zuvor. Vor allem Bankguthaben, Wertpapiere, Anteile und Genussscheine wurden geerbt.
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„Reichtum umverteilen“ forderte die Politik vor der letzten Wahl auf, die Themen Armut, Reichtum und Ungleichheit intensiver als bisher zu beackern. Dies, sagt Ralf Krämer vom Bereich Wirtschaftspolitik des Bündnismitglieds ver.di, geschah jedoch nicht: „Die neue Bundesregierung ist in vielerlei Hinsicht die Fortsetzung der vorangegangenen.“ Der Politikwechsel hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit oder gar Umverteilung des großen Reichtums sei ausgeblieben. Da sich die Finanzlage der öffentlichen Haushalte und der Sozialversicherungen günstig entwickelten, habe es immerhin keinen Sozialabbau gegeben: „In einigen Bereichen kam es sogar zu gewissen Leistungsausweitungen.“
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„Nicht ernsthaft debattiert“
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Letztlich wurde jedoch kein einziges Rezept des Bündnisses aufgegriffen. Krämer: „Unsere Forderungen nach einer Vermögensbesteuerung, einer Erbschaftsteuer, die die Superreichen nicht verschont, und höherer Besteuerung hoher Einkommen standen bei den Koalitionsverhandlungen überhaupt nicht ernsthaft zur Debatte.“ Die Finanztransaktionssteuer, die noch im Koalitionsvertrag steht, sei durch die Schrumpfung auf eine kleine Aktiensteuer, die weder große Einnahmen noch eine Zurückdrängung der Finanzspekulation bewirkt, faktisch beerdigt worden. Aktuell wachse außerdem der Druck, die Unternehmenssteuern erneut zu senken.
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Immerhin sei es dem Bündnis gelungen, die Thematik „Ungleichheit“ in der Öffentlichkeit zu halten. Wichtig ist für Krämer auch, dass die Zusammenarbeit der am Bündnis beteiligten Organisationen gestärkt wurde. „Ich denke, die politischen Kräfte wissen, dass wir ihre Aktivitäten beobachten und bei entsprechenden Anlässen aktionsfähig sind und einen gewissen Druck entwickeln können“, so der Gewerkschafter. Illusionen gibt sich Krämer allerdings nicht hin: „Die Unternehmerverbände, die Reichen und ihre Lobbyorganisationen haben weit größere finanzielle Ressourcen und politische Macht als wir, um ihre Interessen zur Geltung zu bringen.“
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Krämer, hofft, dass sich in nächster Zeit zumindest die Situation der ALG 2‑Bezieher verbessert: „Hier gibt es aktuell einige positive Diskussionen um Alternativen zu Hartz IV, die hoffentlich zu Verbesserungen für Erwerbslose führen.“ Hoffnungsvoll stimmt den Gewerkschafter weiter, dass es erhebliche Mobilisierung und Druck für mehr bezahlbare Wohnungen gibt. Gewerkschaften versuchten derzeit außerdem, die Löhne insbesondere in sozialen und in Niedriglohnbereichen stärker anzuheben: „Wie bei den Sozial- und Erziehungsdiensten, in der Pflege und zuletzt im Sicherheitsgewerbe und an den Flughäfen.“
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Pat Christ
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Die Quote steigt und gibt zu denken: Waren 1990 elf Prozent aller Menschen in Deutschland einkommensarm, sind es inzwischen fast 20 Prozent. Dem gegenüber stehen mehr als acht Prozent der Bevölkerung, die mindestens das Doppelte des mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung haben. Die sich vertiefende Kluft zwischen Arm und Reich rief vor der letzten Bundestagswahl das „Bündnis ‚Reichtum Umverteilen’“ auf den Plan. Wir fragen nach: Was hat es bisher gebracht?
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Das Bündnis „Reichtum umverteilen“ besteht aus 30 zivilgesellschaftlichen Verbänden und Organisationen. Sie schlossen sich 2016 zusammen, um sich gemeinsam für eine bessere soziale Absicherung, höhere öffentliche Investitionen, einen sozial-ökologischen Umbau und die Bereitstellung bezahlbarer Wohnungen einzusetzen. Einen entsprechenden Aufruf haben bisher über 5.300 Unterstützer unterzeichnet. Unterschriften werden weiterhin gesammelt.
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Die aktuelle Situation beschreibt der Verteilungsbericht 2018 des DGB. Demnach mussten die 20 Prozent Einkommensärmeren in Deutschland seit Anfang der 1990er Jahre reale Einkommensverluste hin nehmen, während das reichste Zehntel reale Einkommenszuwächse von 30 Prozent erhielt. Der Vorstandsvorsitzende eines DAX-Unternehmens bezog 2017 durchschnittlich das 85-Fache eines Mitarbeiters. Das wohlhabendste Prozent der Bevölkerung verfügt über 32 Prozent des Gesamtnettovermögens. Die Hälfte der Bevölkerung besitzt gerade einmal 2,4 Prozent. Jeder dritte Erwachsene hat gar kein Vermögen oder sogar Schulden.
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Ein Hebel zur Umverteilung wird in einer Erbschaftssteuerreform gesehen. 2016 wurden laut dem Statistischen Bundesamt durch Erbschaften und Vermächtnisse Vermögen von 43,6 Milliarden Euro übertragen. Das waren 15,6 Prozent mehr als 2015 zuvor. Vor allem Bankguthaben, Wertpapiere, Anteile und Genussscheine wurden geerbt.
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„Reichtum umverteilen“ forderte die Politik vor der letzten Wahl auf, die Themen Armut, Reichtum und Ungleichheit intensiver als bisher zu beackern. Dies, sagt Ralf Krämer vom Bereich Wirtschaftspolitik des Bündnismitglieds ver.di, geschah jedoch nicht: „Die neue Bundesregierung ist in vielerlei Hinsicht die Fortsetzung der vorangegangenen.“ Der Politikwechsel hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit oder gar Umverteilung des großen Reichtums sei ausgeblieben. Da sich die Finanzlage der öffentlichen Haushalte und der Sozialversicherungen günstig entwickelten, habe es immerhin keinen Sozialabbau gegeben: „In einigen Bereichen kam es sogar zu gewissen Leistungsausweitungen.“
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„Nicht ernsthaft debattiert“
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Letztlich wurde jedoch kein einziges Rezept des Bündnisses aufgegriffen. Krämer: „Unsere Forderungen nach einer Vermögensbesteuerung, einer Erbschaftsteuer, die die Superreichen nicht verschont, und höherer Besteuerung hoher Einkommen standen bei den Koalitionsverhandlungen überhaupt nicht ernsthaft zur Debatte.“ Die Finanztransaktionssteuer, die noch im Koalitionsvertrag steht, sei durch die Schrumpfung auf eine kleine Aktiensteuer, die weder große Einnahmen noch eine Zurückdrängung der Finanzspekulation bewirkt, faktisch beerdigt worden. Aktuell wachse außerdem der Druck, die Unternehmenssteuern erneut zu senken.
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Immerhin sei es dem Bündnis gelungen, die Thematik „Ungleichheit“ in der Öffentlichkeit zu halten. Wichtig ist für Krämer auch, dass die Zusammenarbeit der am Bündnis beteiligten Organisationen gestärkt wurde. „Ich denke, die politischen Kräfte wissen, dass wir ihre Aktivitäten beobachten und bei entsprechenden Anlässen aktionsfähig sind und einen gewissen Druck entwickeln können“, so der Gewerkschafter. Illusionen gibt sich Krämer allerdings nicht hin: „Die Unternehmerverbände, die Reichen und ihre Lobbyorganisationen haben weit größere finanzielle Ressourcen und politische Macht als wir, um ihre Interessen zur Geltung zu bringen.“
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Krämer, hofft, dass sich in nächster Zeit zumindest die Situation der ALG 2‑Bezieher verbessert: „Hier gibt es aktuell einige positive Diskussionen um Alternativen zu Hartz IV, die hoffentlich zu Verbesserungen für Erwerbslose führen.“ Hoffnungsvoll stimmt den Gewerkschafter weiter, dass es erhebliche Mobilisierung und Druck für mehr bezahlbare Wohnungen gibt. Gewerkschaften versuchten derzeit außerdem, die Löhne insbesondere in sozialen und in Niedriglohnbereichen stärker anzuheben: „Wie bei den Sozial- und Erziehungsdiensten, in der Pflege und zuletzt im Sicherheitsgewerbe und an den Flughäfen.“
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