Im Sumpf der Schuldenbremse

Bild von "teejaybee" auf Flickr

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Bevor wir in den „Sumpf“ eintau­chen, müssen wir fest­hal­ten: Das Konzept einer Schul­den­brem­se als Mittel um ein vor dem Kollaps stehen­des Geld­sys­tem zu retten, ist gelin­de gesagt ein volks­wirt­schaft­li­cher Aber­witz. Das volks­wirt­schaft­li­che Schul­den­ma­chen ist unlös­bar verbun­den mit dem Aufbau von Geldvermögen.
Die Halter von Geld­ver­mö­gen inter­es­siert es besten­falls peri­pher, wer ihr Kapi­tal in Form von Schul­den aufnimmt und bedient.
Es können dies nur sein:

1.) Unter­neh­men
2.) Priva­te Haushalte
3.) Der Staat

Wenn ein Teil dieser Akteu­re in einer Volks­wirt­schaft zukünf­tig auf das Schul­den­ma­chen verzich­ten will, dann müssen die verblei­ben­den die neu entste­hen­den Geld­ver­mö­gen in Form von Schul­den aufneh­men. Wenn also der Staat per Verfas­sung verord­ne­ter Schul­den­brem­se aus der Neuver­schul­dung aussteigt, muss es zu rela­tiv deut­lich erhöh­ter Schul­den­auf­nah­me bei priva­ten Haus­hal­ten und vor allem Unter­neh­men kommen. Deren Bereit­schaft das zu tun, wird durch den staat­li­chen Rück­zug aber garan­tiert nicht ange­regt. Bereits 1987 hat Rüdi­ger Pohl, ehemals einer der „Fünf Weisen“, derlei staat­li­chen Über­le­gun­gen bereits einen denk­wür­di­gen Satz ins Stamm­buch geschrieben:

Wohl­ge­merkt: Staat­li­che Kredit­auf­nah­me ist kein Selbst­zweck. Aber wenn – wie heute in der Bundes­re­pu­blik – das Kapi­tal­an­ge­bot aus priva­ten Erspar­nis­sen steigt, gleich­zei­tig die Kapi­tal­nach­fra­ge des Auslan­des wegen tenden­zi­ell rück­läu­fi­ger deut­scher Ausfuhr­über­schüs­se sinkt und die Kapi­tal­nach­fra­ge der Unter­neh­men wegen der schwa­chen Inves­ti­ti­ons­nei­gung gering bleibt, dann muß der Staat das am Markt entste­hen­de Kapi­tal­über­an­ge­bot aufneh­men, weil ande­ren­falls eine defla­tio­nä­re Wirt­schafts­ent­wick­lung einset­zen würde.

Im Klar­text: Wach­sen­den Geld­ver­mö­gen darf ein gesamt­wirt­schaft­lich orien­tier­ter Staat gar keine Verwei­ge­rung von neuer Schul­den­auf­nah­me entge­gen­stel­len, da er sonst Gefahr läuft, sich eines der schlimms­ten volks­wirt­schaft­li­chen Fehler schul­dig zu machen: defla­tio­nä­rer Tenden­zen mit all ihren kata­stro­pha­len Auswirkungen.

Deutsch­land und mitt­ler­wei­le ganz Europa scheint nicht in der Lage zu sein, gesamt­wirt­schaft­lich zu denken und zu unter­schei­den. Woran liegt das?

5 Antworten

  1. Reinke sagt:

    Ich möchte an dieser Stelle gern ein Buch von David Gräber, Schul­den, empfeh­len mit 2 Zitaten:

    „Jeder Umsturz, jede Revo­lu­ti­on beginnt mit Schul­den, welche die Gesell­schaft nicht mehr bezah­len kann“

    „Es ist ein allge­mei­ner Grund­satz, dass eine feind­li­che Armee, wenn sie vorrückt, nach einem gewis­sen Gewinn strebt. Doch wenn die feind­li­chen Solda­ten erken­nen, dass sie mit dem Tode zu rech­nen haben, wird es ihnen am gewinn­brin­gends­ten erschei­nen, die Flucht zu ergrei­fen. Wenn alle uns feind­lich gesinn­ten Heere es für das Gewinn­brin­gends­te halten zu flie­hen, werden keine Schwer­ter gekreuzt werden.
    Das ist die wich­tigs­te Erkennt­nis in Bezug auf mili­tä­ri­sche Angelegenheiten.“

    Herz­li­che Grüße

    Wolf­gang Reinke

  2. Schwar­ze Löcher

    Ihr schreit nach der Schuldenbremse,
    meint, die Rettung sei schon nah.
    Kluges Schnat­tern stopft die Gänse,
    die ich fett ganz oben sah.

    „Sparen soll die Staa­ten retten,
    sparen hilft aus tiefs­ter Not!“
    Wir soll’n uns beschei­den betten,
    Kost­ver­zicht erhält das Brot.

    Seht ihr die Vermögensmassen,
    die den Schuld­zins absorbier‘n?
    Nein, das wollt ihr nicht erfassen,
    denn ihr wollt nicht protestier’n!

    Jeder Cent und jeder Dollar,
    der verzinst Vermö­gen schafft,
    macht das Leben unheilvoller,
    denn er frisst die Wirtschaftskraft. 

    Wie ein schwar­zes Loch im Weltall,
    zieht Vermö­gen Gelder an.
    Zinses­zins, des Teufels Einfall,
    knech­tet alle Klei­nen dann.

    Können wir den Zehn­ten zahlen,
    quetscht uns die Gewalt nicht aus.
    Doch sie sendet Not und Qualen,
    wächst der Schul­den­berg zum Graus. 

    Schul­den spie­geln das Vermögen,
    das sich leis­tungs­los vermehrt.
    Schwei­ne stop­fen sich an Trögen,
    deren Fett­kost uns verzehrt. 

    http://www.traumpoet.blogspot.de

  3. Ignatus Wahn sagt:

    Was läuft falsch in „unse­rem“ Wirtschaftssystem“?
    von Igna­tus Wahn, Mitt­woch, 16. Mai 2012 um 16:15 ·

    Mir gefal­len zur Zeit die Demons­tra­tio­nen der Gewerk­schaf­ten, da sich dort Menschen zusam­men­fin­den und versu­chen etwas zu bewirken.

    Ob Sie mehr­heit­lich wirk­lich verste­hen oder zu mindes­tens ansatz­wei­se die Hinter­grün­de dessen kennen, warum Sie demons­trie­ren, dass glaube ich nicht. Das liegt darin begrün­det, das kaum jemand weiß warum über­haupt mehr Lohn gefor­dert werden muss und wieso stän­di­ges Wachs­tum in einem begrenz­tem System nicht funk­tio­nie­ren kann. Über letz­te­res nach­zu­den­ken sei nur den Menschen an´s Herz gelegt, die noch über einen Rest logi­schen Verstan­des verfü­gen, den ande­ren sollte es ein Trost sein, dass Ihnen flie­ßend Wasser, „gesun­des“ Essen in Kunst­stoff, ein Dach über dem Kopf und „Reise­frei­heit“ zustehen.

    Zum Thema mehr Lohn und warum der gefor­dert wird, sollte man wissen, wie die Geld­um­lauf­men­ge verän­dert wird und was dies mit Infla­ti­on zu tun hat.

    Infla­ti­on, jeder kennt sie aber kaum einer kann sie erklä­ren. Oder?

    Also gut, fangen wir mit einem einfa­chen Beispiel an. Wir nehmen einen Kredit bei einer Bank auf, 300000 Euro für unser neues Eigen­heim. Der Schuld­zins­satz beträgt 5 Prozent. Das „Geld“ wird auf unser Konto gebucht bzw direkt an die Gläu­bi­ger über­wie­sen. Keiner würde bei der Bank auf die Idee kommen diese 300000 Euro aus dem Tresor zu nehmen und uns in Bar auszu­hän­di­gen. Oder? Also wird ledig­lich das Geld durch den Buchungs­akt erschaf­fen. Als Gegen­wert wird norma­ler­wei­se die Immo­bi­lie akzeptiert.

    Die elek­tro­ni­sche bargeld­lo­se Erschaf­fung des Betra­ges von 300000 Euro ist möglich, da Banken nur ca 10 Prozent ihrer Einla­gen in Bargeld vorrä­tig haben müssen. Gleich­zei­tig erhöht jeder fikti­ve Wert, wie z.B. die verschul­de­te Immo­bi­lie das Grund­ka­pi­tal der Bank und somit erhöht sich auch der Kredit­ver­ga­be­rah­men der Bank. Was dann bei einer Herr­ab­stu­fung von Immo­bi­li­en durch Markt­stra­te­gien passiert, haben wir eindrucks­voll zum Auftakt der aktu­el­len Welt­wirt­schafts­kri­se 2008 in den USA gese­hen. Dort wurden reihen­wei­se Eigen­tü­mer enteig­net, weil sie durch nach­las­sen­de Konjunk­tur zeit­wei­se ihren Job verlo­ren und umschul­den muss­ten. Sie haben dann keine Anschluss­fi­nan­zie­run­gen mehr bekom­men und alles an die Bank bzw deren Gläu­bi­ger verlo­ren, weil bei einer Neube­wer­tung, die ehemals X US-Dollar teure Traum­im­mo­bi­lie markt­be­rei­nigt auf nur noch 25 Prozent des ehema­li­gen Kauf­prei­ses kam und sich diese Immo­bi­lie, selbst im Best­zu­stand, dadurch auf einmal para­do­xer Weise nicht mehr dazu eigne­te, den darauf liegen­den Hypo­the­ken als Sicher­heit zu dienen. Absurd! Neben­ef­fekt ist, jetzt verkom­men die Immo­bi­li­en mitt­ler­wei­le von Super­rei­chen zur Speku­la­ti­on aufge­kauft, unbe­wohnt oder güns­tigst von Studen­ten gemie­tet auf besse­re Zeiten spekulierend…

    Den Bank­ma­na­ger, der sich in vier Jahren längst in einer neuen Posi­ti­on sieht, inter­es­siert den hoch­ver­schul­de­ten und verzwei­fel­ten Ex-Haus­be­sit­zer frei­lich wenig, da seine Umsät­ze und die Divi­den­den der Aktio­nä­re jetzt stim­men müssen.

    Neben der Gelderschaf­fung durch Kredit­ver­ga­be, müssen wir die Zinsen und Zinses­zin­sen in diesem „System“ sehen, welche eben­falls die Geld­um­lauf­men­ge vergrö­ßern, denn auf die 300000 Euro kommen im ersten Jahr auch noch 15000 Euro Zinsen. Bei ein Prozent Tilgung sind es im nächs­ten Jahr noch mal über 14000 Euro Zinsen usw…etc.

    Wenn die Bank nach Ablauf des Kredits wenigs­tens herge­hen würde und das zurück­ge­zahl­te Geld, wie einen abge­lös­ten Schuld­schein vernich­ten würde um es dadurch wieder der Geld­um­lauf­men­ge zu entzie­hen, um eine per Gesetz verbo­te­ne Gelderschaf­fung durch unbe­fug­te Stel­len und neben­bei der damit verbun­de­nen geld­men­gen­be­grün­de­ten Infla­ti­on entge­gen­zu­wir­ken, denn wir erin­nern uns, dieses Geld wurde ja erst durch die Buchung an sich erschaf­fen und nicht aus dem Tresor genom­men und dem Kredit­neh­mer über­ge­ben. Dieses „Gelderschaf­fungs­sys­tem“ verhält sich logi­scher­wei­se expo­nen­ti­ell und steht kurz vor dem welt­wei­ten Zusam­men­bruch. Neben­bei gesagt, das die Banken dabei abso­lut keine Leis­tung erbrin­gen und trotz­dem risi­ko­frei andere für sich arbei­ten lassen ist ein Unding schil­da­scher Naivi­tät des Volkes. Denn der Schuld­ner glaubt es, wenn die Bank erklärt, das Geld „arbei­tet“. Dabei arbei­tet der flei­ßi­ge für die Zinsen und er oder sie arbei­tet für alle von den Zinsen profi­tie­ren­den Menschen, auch die Zinsen von denen, die nur noch von „ihren“ Zinsen leben, müssen diese flei­ßi­gen Menschen erar­bei­ten, denn Geld kann nicht arbeiten!!!

    Also ist das Gelderschaf­fungs­sys­tem der Wirt­schafts­lob­by­is­ten schuld daran, dass wir mehr Geld fordern und unpro­duk­tiv auf der Straße demons­trie­ren müssen, denn die stei­gen­de Geld­men­ge verrin­gert natür­lich den Wert eines jeden einzel­nen Euros und so müsste die rich­ti­ge Forde­rung in diesem System heißen, Gleicht uns den System­be­ding­ten Real­geld­wert­ver­fall aus, denn reicher ist durch die Forde­rung der Gewerk­schaf­ten nach mehr Geld noch keiner von uns gewor­den. Auch trägt eine übli­che prozen­tua­le Lohn­er­hö­hungs­for­de­rung der Gewerk­schaf­ten nur dazu bei, dass sich die Lohn­un­ter­schie­de der Arbeit­neh­mer­schich­ten zuse­hens vergrö­ßern. Zum Verständ­nis, die 10 Prozent auf die 1000 Euro einer Putz­frau fühlen sich ganz anders an als die 10 Prozent Forde­rung einer Fach­kraft mit 3000 Euro und die 200 Euro Unter­schied vergrö­ßern bei jeder weite­ren Erhö­hung, wie die Zinses­zin­sen der Banken, die sozia­len Unterschiede.

    Und wenn wir einmal dabei sind rich­tig zu stel­len: „Unsere“ Regie­rung hat so viele Spar­pa­ke­te für uns geschnürt, nun will ich endlich etwas abha­ben vom gespar­ten oder zumin­des­tens die Wahr­heit über die Spar­pa­ke­te, welche in Wahr­heit sozia­le Kürzungs­pa­ke­te sind.

    Gewerk­schaft­ler bin ich übri­gens selber und sogar Betriebs­rats­mit­glied. Aber nicht weil ich das bestehen­de System für sozial rich­tig halte, wie ihr sicher­lich bemerkt habt, sondern weil ich es für wich­tig halte, bereits erkämpf­tes Recht auch durch­zu­set­zen und auszu­bau­en. Mir erschien dies in einer Gruppe leich­ter und sinn­vol­ler, daher meine Mitgliedschaft.

    Das dies oftmals Wunsch­den­ken ist, erle­ben viele Kolle­gen­In­nen in den Betrie­ben vor Ort. Das sollte uns alle sehr wach­sam und aktiv machen. Tut´s aber nicht! Weil wir anstatt, an alle Menschen und die Umwelt, erst mal an uns denken. Unter dem Motto: Haupt­sa­che mein Arbeits­platz ist sicher oder „Was inter­res­sie­ren mich durch Hunger ster­ben­de Menschen in Soma­lia, wenn es darum geht meinen hohen Stan­dard zu erhal­ten.“ Dieser „Über­le­bens­wil­le“ ist auch in den Entschei­dungs­eta­gen der Gewerk­schaf­ten zu erken­nen, welche den Konku­renz­druck, absur­der stän­dig stei­gen­der Produk­ti­on dumpf­ba­ckig an ihre Mitglie­der weiter­ge­ben. Wer soll den produ­zier­ten Mengen­wahn­sinn denn kaufen? Wer sich mit Zinses­zins­rech­nung auskennt, der wird schnell raus­fin­den, dass eine Kultur bei 3 Prozent jähr­li­chem Wachs­tum nach 100 Jahren das 19 fache herstel­len muss und nach 200 Jahren müssen schon das über 360 fache des Ausgangs­wer­tes herge­stellt werden. Nun kommen wir wieder auf das begrenz­te System zurück und müssen fest­stel­len, das unser bestehen­des System nichts ande­res ist als ein gigan­ti­sches Schnee­ball­sys­tem in dem die sich veraus­ga­ben­den, arbei­ten­den Menschen den Reich­tum bzw die Zins­ein­künf­te der privi­le­gier­ten betuch­ten Bevöl­ke­rungs­schich­ten erwirt­schaf­ten müssen.
    Hoffent­lich aus Unwis­sen­heit und falsch­ver­stan­de­nem Tradi­ti­ons­be­wusst­sein „kämp­fen“ die Gewerk­schaf­ten für die Erhal­tung dieses Skla­ven­sys­tems, denn dafür schi­cken sie euch im guten Glau­ben Jahr für Jahr erneut zum Demons­trie­ren auf die Straße…

    Übri­gens, wer sich ein wenig in Geschich­te auskennt, der sollte den grund­ge­setz­wid­ri­gen ESM Vertrag der EU mit den kriegs­brin­gen­den Ermäch­ti­gungs­ge­set­zen der Vergan­gen­heit verglei­chen. Siehe dazu folgen­de Links:

    http://rechtsschutz-vermoegenssorge.de/Deutschland/Rechtsanwalt/2012/02/27/esm-bank-vertrag-vom-steuerzahlerbund-in-klarem-deutsch-kommentiert-mit-ratifizierung-des-esm-vertrages-besiegeln-deutsche-bundestagsabgeordnete-das-ende-der-eigenen-demokratischen-nationalen-recht/

    und
    http://de.wikipedia.org/wiki/Erm%C3%A4chtigungsgesetz

    Wehret den Anfängen!

  4. Arno sagt:

    Woran das liegt?
    Also bei Merkel liegt das daran, dass sie Wirt­schafts­po­li­tik im Sozia­lis­mus gelernt hat und deshalb der Meinung ist, sie könne per Dekret wirt­schaft­li­che Zusam­men­hän­ge außer Kraft setzen.

  5. die gute Tilly sagt:

    Schwa­cher Hinweis. Die Öster­rei­chi­sche Schule der Natio­nal­öko­no­mie sagt etwas ganz Anderes.
    Vor allem der Zins und Zinses­zins­ef­fekt wird hier völlig außer Acht gelas­sen. Solch ein System, wie hier vorge­stellt, ist ein Ponzi-Schema. Da gibt’s immer ein Ende. Mit Schul­den­brem­se oder nicht.

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