Ein bisschen „Commons“ geht nicht – Pat Christ

Commons – außer­halb der alter­na­ti­ven Szene ist der Begriff wenig bekannt. Wie ist er zu verste­hen? Was fällt darun­ter? Für Silke Helf­rich, die zusam­men mit David Bollier das im Früh­jahr erschie­ne­ne Buch „Frei, Fair und Leben­dig – Die Macht der Commons“ schrieb, ist „Commons“ das „ganz Andere“. „Dazu gehö­ren andere Formen des Wirt­schaf­tens, andere Formen der Orga­ni­sa­ti­on und andere Formen der Entschei­dungs­fin­dung“, so die Autorin: „Letzt­lich geht es um eine andere Seinsweise.“
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Commons sind für Helf­rich mehr als die konkre­ten Ausdrucks­for­men, wie sie sich in Umsonst­lä­den, Frei­räu­men oder Projek­ten der soli­da­ri­schen Land­wirt­schaft zeigen. „Commons“ zu leben, beein­flusst nach ihren Worten prin­zi­pi­ell die Art, wie wir Dinge nutzen, die Art, wie wir produ­zie­ren, die Art, wie wir uns als Menschen entfal­ten, die Art, wie wir lernen und krea­tiv sind: „Über­haupt die ganze Art, wie wir uns in der Welt bewe­gen.“ „Commons“ bedeu­te ein „Ticken in einem ande­ren Modus“.
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Diesen Modus herzu­stel­len, ist für die Commons-Forsche­rin gar nicht so schwer. Handelt es sich doch um Prak­ti­ken, die so alt sind wie die Mensch­heit. Helf­rich denkt an Prak­ti­ken des Teilens, des Begren­zens, des Mitein­an­der-Aushan­delns, des gemein­schaft­li­chen und des mehr­fa­chen Nutzens. Das erfor­dert andere Bezie­hun­gen und andere Art und Weisen des Bezo­gen­seins mit allem, was uns umgibt – also mit ande­ren Menschen, mit den natür­li­chen Ressour­cen, aber auch mit zukünf­ti­gen Generationen.
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Zu allen Zeiten, sagt Helf­rich, setz­ten sich Menschen für Gerech­tig­keit und Fair­ness, Frei­heit und Selbst­be­stim­mung ein. In ihrem Buch zeigt sie mit David Bollier eine ganze Menge aktu­el­ler „Commons“-Beispiele aus ganz unter­schied­li­chen Zusam­men­hän­gen. Nach den Recher­chen der beiden Autoren gibt es global gese­hen hundert­tau­sen­de Initia­ti­ven, Koope­ra­ti­ven und Genos­sen­schaf­ten, offene Werk­stät­ten und Verei­ne, die produk­tiv tätig sind, gemein­sa­me Ziele verfol­gen oder bestimm­te Proble­me lösen. Gemein­sam ist ihnen, dass sie dies ohne kommer­zi­el­les Inter­es­se und, jenseits von Markt und Staat, bewusst selbst­or­ga­ni­siert tun.
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Was alle verbindet
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Da sind zum Beispiel die alter­na­ti­ve chile­ni­sche Küsten­fi­sche­rei, die Almbe­wirt­schaf­tung in der Schweiz, freie Netz­wer­ke in Kata­lo­ni­en: „Und über­all auf der Welt finden sich Maker-Spaces.“ Silke Helf­rich und David Bollier unter­su­chen in ihrem Buch, welche Muster sich in allen diesen Initia­ti­ven finden. Ihr Ergeb­nis: Alle nehmen sich eines Problems an, befä­hi­gen sich selbst und entschei­den auf Basis ihrer Erfah­run­gen und neu gewon­ne­nen Fähig­kei­ten, wie sie das Problem lösen. Die einen konfron­tie­ren sich mit dem Klima­wan­del, die ande­ren mit aktu­el­len sozia­len Verwer­fun­gen. An der Lösung arbei­ten sie mitein­an­der, wobei sie akzep­tie­ren, dass sie unter­schied­lich sind.
Noch etwas Weite­res gibt es, was die unter­schied­li­chen Projek­te, Initia­ti­ven und Stra­te­gien des sorgen­den und selbst­be­stimm­ten Wirt­schaf­tens verbin­det: Sie gehen stets nach dem, was sie selbst brau­chen. Und eben nicht nach dem, was der „Markt“ verlangt. Oder was ein Unter­neh­men haben möchte. Oder der Staat.
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Viele Menschen, die das Wort „Commons“ noch nie gehört haben, die sich mit diesem Wort viel­leicht auch nie iden­ti­fi­zie­ren würden, leben laut Helf­rich, zumin­dest parti­ell, die Idee, die hinter diesem Ausdruck steckt. Helf­rich denkt an Pfle­ge­kräf­te, an Menschen, die sich im Bildungs­we­sen enga­gie­ren, die über mehr­ge­ne­ra­tio­nel­le Wohn­ge­mein­schaf­ten nach­den­ken oder in Selbst­hil­fe­grup­pen aktiv sind: „Bis hin zu den Anony­men Alkoholikern.“
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Frei, fair und lebendig
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Eben deshalb heißt das Buch der beiden: „Frei, Fair und Leben­dig“. Silke Helf­rich und David Bollier möch­ten, dass sich die in unter­schied­lichs­ten Feldern enga­gier­ten Menschen in der Idee „Commons“ wieder­fin­den. Sie sollen sich dessen bewusst­wer­den, dass sie, uner­kannt, Teil einer größe­ren Sache sind, die eben nicht Wirt­schafts­wachs­tum zum Ziel hat, die sich abseits des Markt­fun­da­men­ta­lis­mus und der natio­nal­staat­li­chen Büro­kra­tien bewegt. Helf­rich und Bollier star­ten mit ihrem Buch den Versuch, eine gemein­sa­me Spra­che der „Commoner“ zu finden, damit diese endlich ihre trans­for­ma­to­ri­sche Kraft entfal­ten und den Wandel des Ganzen einlei­ten können.
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