„Die Organisierung des sozialen Krieges“
Ad c) Wenn menschliche Parasiten als Personen betrachtet werden, die von den Früchten anderer schmarotzen, dann ist unklar, wer eigentlich von dieser Charakterisierung betroffen ist. Zwar sind im massenmedial geprägten Bild der öffentlichen Meinung es zumeist diejenigen, die ein Einkommen beziehen, ohne hierfür arbeiten zu müssen, nämlich die ‚unechten’ Arbeitslosen: die „Arbeitsunwilligen“, „Drückeberger“, „Faulenzer“, „Müßiggänger“, die „Sozialschmarotzer“ eben. Für Saint-Simon, den Frühsozialisten, und viele andere in seiner Nachfolge[13] war indes klar, dass dieses Bild eine „verkehrte Welt“ darstelle, weil diejenigen, die damit betraut sind, die öffentlichen Angelegenheiten zu verwalten, die eigentlichen, wirklichen Parasiten seien. Denn sie beraubten die am „wenigsten Begüterten eines Teiles des Notwendigsten“, um den Reichtum der Reichen zu vermehren, und sie seien beauftragt, die „kleinen Vergehen gegen die Gesellschaft unter Strafe zu stellen“. Mit einem Wort: Die „unmoralischsten Menschen sind berufen, die Bürger zur Tugend zu erziehen, und die großen Frevler sind bestimmt, die Vergehen der kleinen Sünder zu bestrafen.“ (Saint-Simon 1970: 162) So gesehen dienen projektive Parasitenvorwürfe, ganz nach dem Motto „Haltet den Dieb!“, auch dem Verschleiern der Frage, wer eigentlich wen ausnutzt und missbraucht.
Der Text ist im Ganzen sehr lesenswert. Bitte dem Link folgen.
Interessanterweise hat diese Diskussion dadurch wieder an Fahrt gewonnen, weil die „Partei der Besserverdienenden“ das für angebracht gehalten hat.
Ob diese Partei tatsächlich jenes mittelständische Unternehmertum vertritt, von dem es zum größten Teil auch gewählt wurde, hat wohl noch niemand so richtig untersucht. Während der unternehmerische Mittelstand und die freien Berufe viel näher bei den arbeitenden Menschen einzuordnen sind, als die Einkommensbezieher aus Vermögen, sind es letztere die von der Politik der genannten Partei am meisten profitieren. Und die Vermögenseinkommenbezieher sind auch diejenigen, die leistungslos allen anderen Bürgern dieses Landes Summen aus den Taschen ziehen, die im Vergleich zu den Sozialausgaben des Staates nur „Peanuts“ sind. Während uns der gesamte soziale Bereich zur Versorgung der „Sozialschmarotzer“ nur 50 Milliarden Euro pro Jahr kostet, zahlen wir über in den Preisen und Steuern steckenden Zinsanteilen rund 450 Milliarden Euro in die Kassen der Reichen und Superreichen.
Womit auch geklärt sein dürfte, was von der aktuellen Politik verschleiert werden soll.
Aktuelle Kommentare