„Deutschland braucht die Inflation“
Es ist schon ein bemerkenswertes Ereignis, dass man heute (05.09.2012) auf SPIEGEL ONLINE lesen kann:
„Geldpolitik in der Krise
Deutschland braucht die Inflation
Ein Kommentar von Wolfgang Münchau“
Kommentiert wird die Inflationsangst angesichts der von der EZB voraussichtlich geplanten weiteren Käufe von Staatsanleihen. Dieser Angst wird mit guten Argumenten entgegengetreten – insbesondere unter Hinweis auf internationale Erfahrungen in den letzten Jahrzehnten.
Aber leider fehlt der Hinweis, dass die sogenannten Monetaristen nur die halbe Wahrheit des Geldes kennen, nämlich nur seine Menge, nicht auch seine Umlaufgeschwindigkeit. Was die Monetaristen sagen, stimmt, solange die Umlaufgeschwindigkeit wirklich konstant ist. Ist sie aber nicht, seit die Inflationsraten auf ca. 2% gedrückt wurden.
Die Notenbanken müssen lernen, dass das ständige Sinken der Umlaufgeschwindigkeit, das sie auch beobachten, eine Wirkung ihres zu geringen Inflationszieles ist und dass dieses Sinken nicht zuverlässig genug mit zusätzlichen Geldmengen kompensiert werden kann. Sie müssen lernen, das Sinken der Umlaufgeschwindigkeit zu verhindern, indem sie höhere Inflationserwartungen wecken.
Die Mindesthöhe der Inflation müsste für jeden Währungsraum von der zuständigen Notenbank experimentell ermittelt werden. Voraussichtlich reichen bei uns die von Münchau empfohlenen 4%. Sicherheitshalber sollte die EZB zunächst ein Inflationsziel von „unter, aber nahe 5%“ anstreben und verkünden und dann beobachten, ob die Umlaufgeschwindigkeit konstant bleibt. Sobald dieses Ziel erreicht ist, kann sie die Inflationsrate allein durch Veränderungen der Geldmenge steuern.
Noch ein Problem sehe ich: Die Weltbevölkerung wächst rasant. Für diese immer größere Anzahl an Menschen muß die Wirtschaft wachsen, Infrastruktur geschaffen werden, genügend Nahrungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Damit werden aber die natürlichen Ressourcen zurückgedrängt. Immer mehr Wälder und Grünflächen werden urbar gemacht, werden in Siedlungsbau umgewandelt. Damit steigt aber der Co2-Ausstoß, Co2-Produzenten sind im Vormarsch, Co2-Verbraucher werden immer mehr zurückgedrängt. Außerdem ist der Klimawandel nicht einfach schon mal dadurch hervorgerufen, daß es so viele von uns und unseren Nutztieren gibt?
Offen gesagt halte ich die Notwendigkeit der Inflation für einen ziemlichen Unsinn, denn die Inflation nimmt vielfach Dimensionen an, in denen viele und immer mehr Menschen auf der Strecke bleiben. Ich sehe ein großes Problem: Und zwar braucht die Gesellschaft einerseits immer mehr Menschen als Konsumenten, als zu umsorgende Klientel oder Patienten oder was auch immer. Doch gibt es für diese immer mehr Menschen genug Arbeitsplätze, genug damit sie am Wirtschaftsleben teilhaben können? Genau das ist nicht der Fall. Für viele sogar notwendige Aufgaben sind angeblich nicht die finanziellen Ressourcen nicht da. Und so tut sich eine Schere immer mehr auf. Auf der einen Seite die Gruppe der Menschen, die sich immer mehr leisten können und auf der anderen diejenigen, die trotz fleißigen und tüchtigen Schaffens kaum über die Runden kommen, die drei Jobs brauchen, um ihre Verpflichtungen wie auch ihre Familien durchbringen zu können. Für diese Menschen ist dann die Rede von der Notwendigkeit der Inflation blanker Hohn