Boden behalten, Stadt gestalten – Heinz Girschweiler
Eine Buchbesprechung- – -
Anfang 2016 haben die Bürgerinnen und Bürger des Kantons Basel-Stadt beschlossen, dass ihr Gemeinwesen künftig keinen Boden mehr verkauft. Stattdessen wird er Nutzern im (Erb-)Baurecht abgetreten wo das Gemeinwesen keinen Eigenbedarf hat. Dieser politische Vorstoß hat in der Schweiz und in Deutschland eine Reihe weiterer Initiativen ausgelöst und das Bewusstsein für die Problematik privaten Grundeigentums mit Gewinnmaximierung geschärft. Jetzt haben die Basler Bodeninitianten ein 400-Seiten-Buch herausgegeben. Es ist ein wertvoller Ratgeber für Bodenreformer.
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Die Auslegeordnung zur Boden- und Wohnbauproblematik, welche die Herausgeber Brigitta Gerber Hubmann und Ulrich Kriese zustande gebracht haben, ist umfassend. Gegen 40 Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen darin zu Wort. Brigitta Gerber ist promovierte Historikerin und verfügt über eine langjährige politische Erfahrung als Basler Großrätin. Sie ist Inhaberin eines Büros für Antirassismus-Prävention. Ulrich Kriese hat Umwelt- und Verwaltungswissenschaftler sowie Landschafts- und Freiraumplanung studiert. Er ist bei der Basler Stiftung Edith Maryon verantwortlich für Öffentlichkeitsarbeit und unter anderem Mitbegründer des bundesdeutschen Aufrufs „Grundsteuer: Zeitgemäß!“. Gerber und Kriese gehörten zu den Initianten der erfolgreichen Basler Bodeninitiative.
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Basler Initiative im Zentrum
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Mitten im Buch schildern Brigitta Gerber, ihr Gatte Klaus Hubmann und Ulrich Kriese den politischen Werdegang ihres politischen Anliegens im Detail. Als ihre erste Initiative im Basler Kantonsparlament hauchdünn scheiterte, übernahmen sie – taktisch geschickt – den Gegenvorschlag der Kantonsregierung flugs als zweiten Initiativtext. Dieser fand dann beim Stimmvolk eine deutliche Zustimmung im Verhältnis 2:1. Seit diesem Basler Erfolg sind in Schweizer Städten und Gemeinden rund zehn analoge Initiativen ergriffen worden, mehrere von ihnen waren erfolgreich, einige sind noch auf dem politischen Weg. Lediglich zwei von ihnen sind bisher gescheitert. Der Werdegang dieser Folgeinitiativen wird im Buch ebenfalls geschildert und soll weitere Akteure zum Handeln anregen. Aber auch aus Deutschland und Österreich erhalten die Basler Anfragen zum Thema. Es ist übrigens kaum ein Zufall, dass gerade in Basel eine bodenpolitische Offensive erfolgreich war. Bereits vor 100 Jahren hatten sich zwei seiner Bürger erfolgreich für gemeinnützige Ansätze in der Bodennutzung eingesetzt: der Basler Regierungsrat Paul Speiser und der Städtebau-Professor und freiwirtschaftliche Politiker Hans Bernoulli.
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Weiter thematischer Bogen
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Eingebettet sind diese praktischen Ansätze in ein breites Feld an einschlägigen Themen. Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung stößt in seinem Eröffnungsartikel über die bodenpolitischen Herausforderungen gleich zum Kern der Sache vor. Die Politik solle dem Grundsatz von Artikel 161 der bayerischen Verfassung endlich nachleben: der Staat habe die Verteilung und die Nutzung des Bodens zu überwachen. Und «Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- und Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen» heißt es dort. Die Schweizer Nationalrätin Jacqueline Badran doppelt in einem Interview mit ihren pointierten Aussagen zur Boden- und Wohnbaupolitik nicht weniger klar nach.
Es folgen Artikel zur Rolle der Schweizer Pensionskassen als Bodenpreistreiberinnen und zum weltweiten Hunger des Kapitals nach Boden als lukrativem Investitionsobjekt, dem Land-Grabbing.
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Im Abschnitt gemeinwohlorientierter Umgang mit Liegenschaften und Boden kommen genossenschaftliche Erfahrungen in den Schweizer Alpen, in Zürich, im Roten Wien, in Hongkong und Singapur zur Sprache. In Singapur sind die Bodenpachten bis heute selbstverständliche und wichtige Einnahmequelle des Staates. Eine Geschichte der Bodenfrage und jene des (Erb-)Baurechts von Dirk Löhr und Florian Hertweck folgen.
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