Aktiensparen fürs Alter? – Andreas Bangemann

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„Gib mir Dein Geld! Ich mache mehr draus!“

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Diesem Lock­ruf von Fonds­an­bie­tern folgen bereits viele Privat­per­so­nen. Die FDP will einen Teil der gesetz­li­chen Rente in eine Akti­en­ren­te umwan­deln, die dann in staat­lich geför­der­te Akti­en­fonds flösse. Mit dem Gedan­ken kann sich SPD-Kanz­ler­kan­di­dat Olaf Scholz anfreun­den, wenn­gleich er ergänzt, dass es sich dabei nur um eine zusätz­li­che, frei­wil­li­ge Vorsor­ge handeln könne. Die gesetz­li­che Rente müsse Basis der Alters­vor­sor­ge bleiben.

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Akti­en­spa­ren hieße, lang­fris­tig einen künst­li­chen Geld­see anzu­le­gen, dessen Bestand stetig wach­sen soll. Gespeist aus den Rendi­ten, die aus Akti­en­fonds erwar­tet werden und durch stän­di­ge Zuflüs­se durch Erspar­tes von Anle­gern. Die gesetz­li­che Rente hinge­gen ist ein Fluss, dessen „Wasser“ frisch jeden Monat von den Renten­bei­trags­zah­lern direkt zu den Renten­be­zie­hern geführt wird. Die Verwal­tung der Zahlungs­strö­me ist staat­lich orga­ni­siert. Wir als Gemein­schaft haben Einfluss auf ihre Funktionsfähigkeit.

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Der Akti­en­ren­ten-Geld­see wird jedoch privat gema­nagt. Von Exper­ten, wie dem heuti­gen CDU-Spit­zen­po­li­ti­ker Fried­rich Merz, der zuvor noch in Diens­ten des welt­weit größ­ten Vermö­gens­ver­wal­ters Black­rock stand. Anstatt auf die gesamt­ge­sell­schaft­li­che Stärke zu vertrau­en, wie beim gesetz­li­chen Renten­fluss, verwal­ten Sach­ken­ner mit Eigen­in­ter­es­sen die Geld­strö­me des Anla­ge­sees. Enorme Sicher­heits­maß­nah­men zur Erhal­tung von Trans­pa­renz und Quali­tät des Bestands müssen gewähr­leis­tet werden. Der zu bezah­len­de Verwal­tungs­auf­wand ist hoch. Doch es drohen noch weite­re Gefah­ren: Stau­mau­ern können brechen (z. B. können große Geld­häu­ser bank­rott gehen) oder lang­an­hal­ten­de Hitze kann den See komplett austrock­nen (Welt­wirt­schafts­kri­sen). Mit dem Verduns­ten des Wassers lösen sich auch sämt­li­che Ansprü­che der Geld­an­le­ger in Luft auf. Der zu erwar­ten­de Durst im Alter müsste in dem Fall ander­wei­tig gestillt werden.

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Die reinen Geld­ver­mö­gen der deut­schen Privat­haus­hal­te über­spran­gen dieses Jahr die 7‑Bil­lio­nen-Euro-Grenze. Der Anstieg im ersten Quar­tal 2021 betrug 192 Milli­ar­den Euro. Die Zuwäch­se vertei­len sich ungleich, denn die berüch­tig­te Schere von Armut und Reich­tum geht während­des­sen weiter ausein­an­der. Die Quel­len des Geld­ver­mö­gens­wachs­tums für die Reicht­um­se­li­te haben sich in Berei­che verla­gert, in denen das Eigen­tum an gewis­sen knap­pen „Gütern“ Gewin­ne abwirft. Wer Frei­heit stets mit der Frei­heit auf den Erwerb von Eigen­tum verbin­det, unter­schei­det dabei kaum, ob es sich um Erzeug­nis­se handelt oder von Natur aus Vorhan­de­nem, bzw. nur Kraft gemein­schaft­li­cher Leis­tung Verfüg­ba­rem. Grund und Boden ist ein solches Gut. Es „auf den Markt zu werfen“, bedeu­tet, es den Mäch­ten sich selbst vermeh­ren­den Kapi­tals zum Fraß vorzu­wer­fen. Mit der Folge von stei­gen­den Mieten und Prei­sen für die Allge­mein­heit. Sämt­li­che Zinsen, Gewin­ne und Knapp­heits­ren­di­ten aus Geld­ver­mö­gen, Grund und Boden, Patent- und eini­gen weite­ren kommo­di­fi­zier­ten Rech­ten (wie z. B. Daten) werden von allen bezahlt. Diese Summen flie­ßen in die Kassen der Privi­le­gier­ten, die sich in expan­die­ren­dem Maße knappe Ressour­cen ins Port­fo­lio legen können. Es gibt keinen Markt­preis, in dem nicht ein erheb­li­cher Anteil davon in die Kassen der ohne­hin Reichen gelenkt wird. Diese können sich gegen diesen anschwel­len­den Zufluss gar nicht wehren. Er ist systembedingt.

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In diesem Spiel wird dem „klei­nen Akti­en­spa­rer“ vorge­gau­kelt, er wäre auf der Gewin­ner­sei­te. Doch zu dieser Élite zählt nur, wer über Millio­nen verfügt. Der Trick ist einfach. Alle Gewin­ne müssen erar­bei­tet, das bedeu­tet von jeman­dem bezahlt werden. Das geschieht über die Preise fürs tägli­che Leben.

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Das Prin­zip des Kapi­ta­lis­mus basiert auf der Selbst­ver­meh­rung leis­tungs­lo­ser Kapi­tal­ren­di­ten. Deren Wachs­tums­zwang haben das Sozia­le und die Natur an den Rand des Unter­gangs geführt. Das Ende dieses tödli­chen Fehlers der Mensch­heits­ge­schich­te scheint besie­gelt. Unsere Aufga­be bestün­de jetzt darin, die Markt­wirt­schaft zu retten. Sie braucht nämlich keinen Kapi­ta­lis­mus. Auch keine Renten­ideen, die darauf aufbauen.

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