Enkeltauglich – Andreas Bangemann

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Schlumpf Dir einen!“

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„Opa, lies mir vom Finanz­schlumpf vor!“

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Wenn uns mein drei­jäh­ri­ger Enkel besucht, führt kein Weg am Comic­al­bum der komi­schen blauen Kobol­de vorbei. Es hat seinen festen Platz in meinem Bücher­re­gal. Diese Geschich­ten beglei­te­ten mich seit der Jugend.

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„Der Finanz­schlumpf – wie das Geld zu den Schlümp­fen kam und wieder ging“, heißt der 1994 auf Deutsch erschie­ne­ne Comic­band. Es ist das letzte Album des belgi­schen Autors und Zeich­ners Peyo (Pseud­onym für Pierre Culli­ford), das noch unter seiner voll­stän­di­gen Mitwir­kung entstand. Er starb 64-jährig an Heil­ga­bend 1992. Er selbst sagte über diesen Band „Das Album ist nicht nur für Kinder gedacht. Es ist eine Satire auf die Finanzwelt.“

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Peyo war ein Geschich­ten­er­zäh­ler, weshalb die meis­ten Bände auch lang sind, im allge­mei­nen 40 Seiten. Während ich mit meinem Enkel durch den Band blät­te­re, versu­che ich ihm die Geschich­te ergän­zend zu den Bildern und Sprech­bla­sen zu erklä­ren, mit Worten, die er schon versteht. Er hört mir aufmerk­sam zu und beide erfreu­en wir uns am gemein­sa­men Schau­en und Lesen.

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Im Dorf der Schlümp­fe gibt es kein Geld. Alle machen, was sie gut können und woran sie Freude haben. Eine intak­te Welt, in der zu bekom­men ist, was es für das Leben der Schlümp­fe braucht. Als einer von ihnen in der Stadt eine Medi­zin für den erkrank­ten Großen Schlumpf holen muss, macht er dort Bekannt­schaft mit Geld. Sein mensch­li­cher Beglei­ter Olivi­er erklärt ihm, weshalb die Menschen für den Austausch von Waren Geld brau­chen. Dabei entste­hen Dialo­ge wie dieser. „Was ist denn Geld?“ „Wie bitte? Du weißt nicht, was Geld ist?“ „Äh…nein!“ „Aber wie kommt Ihr dann zum Beispiel an euer Brot?“ „Nun, wir fragen einfach den Bäcker­schlumpf, und er schlumpft uns eins!“ „Und er verlangt zum Ausgleich nichts dafür?“ „Nein!“.

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Zurück im Dorf, schmie­det der Finanz­schlumpf den Plan, das Leben der Schlümp­fe durch die Einfüh­rung von Geld zu verbes­sern. Als Mate­ri­al für die zu prägen­den Münzen hat er sich Gold ausge­dacht. Er geht zum Berg­mann­schlumpf, den er just in dem Moment antrifft, als dieser auf eine reich­hal­ti­ge Kiesel­stein­ader gesto­ßen ist. Er ist sich sicher, damit dem Maurer­schlumpf eine große Freude zu machen. Da sagt der Finanz­schlumpf: „Bravo! Und was ist mit Gold? Schlumpfst Du das in Deinem Berg­werk?“ „Gold? Tsss…so ein Ramsch!“, antwor­tet der Berg­mann­schlumpf. „Ich habe einen ganzen Haufen davon und weiß nicht, was ich damit schlump­fen soll! Das Metall ist zu weich! Es glänzt, das ist aber auch schon alles!“ Er ist froh, dass ihm der Finanz­schlumpf diesen Abfall abnimmt und entsorgt.

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Die Geschich­te nimmt ihren Lauf. Anhand vieler klei­ner Beispie­le wird erzählt, wie aus dem übli­chen Mitein­an­der eines wird, in dem jede mit Geld in Verbin­dung zu brin­gen­de Akti­vi­tät direkt gegen­ein­an­der aufge­rech­net wird. Mit den glei­chen Folgen, wie wir sie aus unse­rer Reali­tät kennen: Die Schlumpf­welt teilt sich rasch in Arme und Reiche, Flei­ßi­ge und Faule, Schlaue und Unbe­darf­te, Geld­an­le­ger und Schuld­ner. Im Zusam­men­hang mit Preis­kämp­fen zu Bauma­te­ri­al kommt minder­wer­ti­ges als billigs­tes ins Spiel und am Ende sollen oben­drein die Ratschlä­ge des Großen Schlumpfs „vermark­tet“ werden. Aus der Freude an krea­ti­ven Prozes­sen des Gebens und Nehmens, die ein intak­tes Sozi­al­le­ben zur Folge hatten, war eine berech­nen­de Distan­zie­rung gewor­den. Man tat nicht mehr einfach etwas für die Ande­ren, sondern wägte immer erst ab. Mit dem Geld tauch­te auch ein „Geist der Knapp­heit“ auf, der Effi­zi­enz und Wett­be­werbs­fä­hig­keit abver­lang­te. Doch die Sehn­sucht nach dem fried­li­chen Leben ohne Geld nahm zu. Um der weite­ren Entfrem­dung zu entge­hen, blieb nur ein Mittel: Eine Art Flucht. Die Flucht nach vorne, um eine andere Zukunft zu ermöglichen.fbauen.

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