Zaubermittel der Zentralbanken – falsch eingesetzt

In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG schreibt Lisa Nien­haus zu
„Konjunk­tur – Wirkungs­lo­ser Stimulus“

Sie stellt dar, welche außer­or­dent­li­chen Stimu­li die Noten­ban­ken und die Regie­run­gen seit dem Ausbruch der Finanz­kri­se im Herbst 2008 gesetzt haben und dass die erhoff­te Wirkung ausge­blie­ben sei. Es sei daher unge­wiss, ob die Zauber­mit­tel der Noten­ban­ken ausreichen.

Mein Leser­kom­men­tar auf FAZ.net:

Ein Zauber­mit­tel der Zentral­ban­ken ist die Steue­rung der Infla­ti­ons­er­war­tun­gen. Die EZB bezif­fer­te ihr Infla­ti­ons­ziel schon vor 10 Jahren auf „unter, aber nahe 2%“. Das Ziel der Geld­wert­sta­bi­li­tät im Sinne einer Null-Infla­ti­on/­De­fla­ti­on wurde aufge­ge­ben, weil sich die Menschen bei Geld­wert­sta­bi­li­tät noch ähnlich verhal­ten wie bei Defla­ti­on. Sie geben mit stei­gen­den Defla­ti­ons­ra­ten einen immer höhe­ren Teil ihrer Geld­ein­künf­te nicht mehr aus, sondern verhar­ren in der Liqui­di­tät. Bei gefühl­ter Infla­ti­on verhal­ten sie sich genau entge­gen­ge­setzt; dann geben sie ihre Geld­ein­künf­te zügig aus und zwar umso schnel­ler, je höhere Infla­ti­ons­ra­ten sie erwar­ten. – Den Noten­ban­ken ist es gelun­gen, die Infla­ti­ons­er­war­tun­gen bei 2% fest zu veran­kern; das wird noch als Geld­wert­sta­bi­li­tät empfun­den. Hier liegt das Problem! Die Infla­ti­ons­er­war­tun­gen sind noch zu nied­rig; die Geld­men­ge läuft immer lang­sa­mer um; der Mengen­sti­mu­lus bleibt wirkungs­los. Wir brau­chen stabi­le Erwar­tun­gen „unter, aber nahe 5%“.

Mehr Text lässt die FAZ in einem Inter­net-Kommen­tar nicht zu. Man müsste dann noch einen zwei­ten schrei­ben. Zu ergän­zen ist vor allem, dass die Höhe der erzeug­ten Infla­ti­ons­er­war­tun­gen so zu bemes­sen ist, dass die Umlauf­ge­schwin­dig­keit des Geldes stabil bleibt. Bekannt ist, dass die Umlauf­ge­schwin­dig­keit bei Defla­ti­on sinkt. Seit Jahr­zehn­ten ist zu beob­ach­ten, dass die Umlauf­ge­schwin­dig­keit auch bei empfun­de­ner Geld­wert­sta­bi­li­tät immer noch sinkt. Selbst bei nied­ri­gen Infla­ti­ons­ra­ten, wie sie die Noten­ban­ken seit langem anstre­ben, sinkt sie auch noch. Das wird zuwe­nig beach­tet. Bekannt ist allge­mein, dass bei hohen Infla­ti­ons­ra­ten und ‑erwar­tun­gen die Umlauf­ge­schwin­dig­keit des Geldes stark steigt. Was wir brau­chen, ist eine stabi­le Umlauf­ge­schwin­dig­keit. Diese setzt offen­bar eine stabi­le Mindest­in­fla­ti­ons­ra­te voraus. Die bisher von den Noten­ban­ken ange­streb­ten Infla­ti­ons­ra­ten sind dafür zu nied­rig, wie die Erfah­run­gen zeigen.

in Jack­son Hole wies Wood­ford im Jahre 2012 die versam­mel­ten Noten­ban­ker darauf hin (PDF-Datei), dass sie mit ihrem nach­drück­li­chen Fest­hal­ten an den nied­ri­gen Infla­ti­ons­ra­ten ihre Poli­tik der Geld­men­gen­ver­meh­rung selbst zunichtemachen.

Nur ausrei­chen­de Infla­ti­ons­er­war­tun­gen schrän­ken die Wertauf­be­wah­rungs­funk­ti­on des Geldes hinrei­chend ein. Leider erschwe­ren selbst sehr stabi­le Infla­ti­ons­ra­ten das Kalku­lie­ren, also die Rechen­haf­tig­keit und damit die Produk­ti­vi­tät einer Volks­wirt­schaft. Daher sollte nach den Vorschlä­gen Silvio Gesells die Wertauf­be­wah­rungs­funk­ti­on nicht auf dem Umweg über eine Infla­ti­on sondern direkt über Gebüh­ren auf das Halten von Bargeld einge­schränkt werden. Erst die Etablie­rung einer Bargeld­ge­bühr erspart die Infla­ti­on. Beim heuti­gen Geld ohne Halte­ge­bühr, also mit unbe­schränk­ter Wertauf­be­wah­rungs­funk­ti­on und deshalb unsta­bi­ler Umlauf­ge­schwin­dig­keit ist es nicht möglich, den Geld­wert bei Null-Infla­ti­on/­De­fla­ti­on zu halten.

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