Im Bannkreis des Geldes – Markus Pühringer
Wir verbringen einen großen Teil unserer Zeit mit Dingen, die uns nicht wirklich glücklich macht: Arbeiten, Kaufen, Konsumieren. Die wahren Quellen des Glücks liegen aber im „inneren Selbst“. Warum wir dennoch das Glück im Außen suchen, hängt mit unserem modernen Geld zusammen.
Vermutlich kennen Sie die Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral von Heinrich Böll (1963). Darin beschreibt er einen ärmlich gekleideten Fischer, der in einem Hafen an der Westküste Europas schläft. Er wird durch das Klicken des Fotoapparates eines Touristen geweckt. Der Tourist fragt den Fischer, warum er denn nicht fische, wo doch so ideales Wetter dafür sei. Nach einigem Zögern antwortet der Fischer, dass er heute schon draußen gewesen sei und einen so guten Fang gehabt hätte, dass es für die nächsten Tage noch reiche. Nach einigem Zögern geht mit dem Touristen die Phantasie durch: Wenn der Fischer heute doch noch drei- oder viermal hinausfahren würde, dann würde er viel verdienen. Damit könnte er mittelfristig ein kleines Unternehmen gründen und immer weiter wachsen. Das Unternehmen könnte so groß werden, dass er sogar ins Ausland Fische liefern könne. Und, dann – der Tourist kommt zum Ende seiner Phantasiereise – dann hätte der Fischer genug verdient, um einfach am Hafen sitzen und sich ruhig entspannen zu können. Darauf entgegnet der Fischer gelassen, am Hafen sitzen und sich entspannen könne er doch jetzt schon. Das mache er ja gerade. Daraufhin
verschlägt es dem Touristen die Sprache, nachdenklich und ein wenig neidisch geht er fort.
Ich denke, an dieser kleinen Geschichte werden zwei konträre Weltanschauungen deutlich. Der Fischer lebt im „Hier und Jetzt“. Er hat heute genug für seinen Lebensunterhalt getan, ja er hat sogar so viel gefangen, dass er an den nächsten Tagen nichts tun muss. Freilich: Er ist ärmlich gekleidet, er besitzt vermutlich selbst keinen Fotoapparat und er kann sich vermutlich auch keine teuren Touristenausflüge leisten. Aber ich stelle mir ihn als einen glücklichen und zufriedenen Menschen vor: Er verfügt über wenig
materiellen Reichtum, aber er hat einen großen Luxus an frei verfügbarer Zeit: Er hat so Zeit für ein Schläfchen am helllichten Tag. Er hat vermutlich auch Zeit für seine FreundInnen, seine Kinder, seine Leidenschaften; ja Zeit, um mit sich (seinem „inneren Selbst“) in gutem Kontakt zu stehen. Der Fischer
steht für die Überzeugung, dass sich das „gute Leben“ einstellen wird, wenn wir unsere Lebenszeit für eine
gute Beziehung zu unserem Selbst und zu unseren Mitmenschen aufbauen; oder in anderen Worten.
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