Mündener Gespräche 20./21. März 2010
Mit Wachstum aus der Finanzkrise in eine
weitere Umweltzerstörung?
Nachdem die Finanzkrise im Jahr 2008 zu einem ‚Minuswachstum’ von 5 – 6 % geführt hat, hoffen Wirtschaftswissenschaftler und Politiker auf die Wiederkehr positiver Wachstumsraten der Wirtschaft. Allein mehr realwirtschaftliches Wachstum werde aus der weltweiten Finanzkrise herausführen und die sozialen Probleme lösen. Wachstum soll Arbeitsplätze schaffen, Einkommen steigern, die Sozialkassen sichern und den Staat finanzieren. „Wachstum ist nicht alles, aber ohne Wachstum ist alles nichts“ – so die Hoffnung der Politiker aller Parteien und ihrer Experten. Um einen wenigstens ‚flachen Wachstumspfad’ zu generieren, wurde sogar ein Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschlossen.
Eine zunehmende Zahl von Wissenschaftlern sieht jedoch gerade im Wachstum selbst ein Problem. Wenn wir angesichts des drohenden Klimawandels und schwindender Rohstoffreserven weiter unser Heil im Wirtschaftswachstum suchen und das westliche Lebensmodell auf die ganze Welt ausdehnen, werde das nicht nur zu Naturkatastrophen, sondern auch zu gravierenden gesellschaftlichen Verwerfungen führen, bis hin zur Gefährdung der Demokratie. Ohne eine Abkehr vom „Wachstumsfetischismus“, auch von einem ökologisch modernisierten Wirtschaftswachstum, könne die drohende Klimakatastrophe nicht mehr abgewendet werden. Das Wirtschaftswachstum der letzten 200 Jahre sei eine welthistorische Ausnahme und nun gelte es zu erkennen, dass diese Party unwiderruflich vorbei ist.
Obwohl große Ökonomen wie John Stuart Mill und John Maynard Keynes schon an die Möglichkeit gesättigter Märkte dachten und sich einen Übergang in ein „quasi-stationäres Gemeinwesen“ vorstellten, bietet die heutige Standardökonomie noch keine Orientierung für ein stabiles Nullwachstum oder gar ein sozial abgefedertes Schrumpfen der Wirtschaft. So stellen sich grundlegende Fragen wie: Sind kapitalistische Marktwirtschaften ohne Wachstum überhaupt denkbar? Können alternative ökonomische Denkansätze wie die Geld- und Bodenreform etwas zur Schaffung einer stabilen Wirtschaft ohne Wachstum beitragen? Gibt es einen im Geld wurzelnden Wachstumszwang? Oder würde eine Geld- und Bodenreform vielleicht auch nur weiteres Wachstum bewirken? Diese Fragen sollen im Mittelpunkt der 46. Mündener Gespräche stehen und zu kontroversen Diskussionen anregen.
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