Minuszinsen – Wer gewinnt, wer verliert? – Andreas Bangemann

Mythos vom „Klei­nen Sparer“ – Warum nied­ri­ge Zinsen für viele Geld­an­le­ger von Vorteil sind. – 

Zusam­men­fas­sung: Für Geld­an­la­gen bekommt man welche – für Kredi­te muss man sie bezah­len: Zinsen. Oft wird jedoch über­se­hen, dass man auch Zinsen bezahlt, wenn man über­haupt keine Schul­den hat. Zinsen stecken nämlich in allen Prei­sen und Steu­ern. Eine Diskus­si­on um nied­ri­ge Zinsen oder neuer­dings „Minus­zin­sen“ für ange­leg­tes Kapi­tal verliert diesen Aspekt häufig aus den Augen und kommt zu Schluss­fol­ge­run­gen, die mit den Tatsa­chen nicht über­ein­stim­men. Bei der Frage, wie hoch der Zins­an­teil in den Prei­sen des tägli­chen Lebens ist, kann man leider nur auf Annah­men aufbau­en, die sich
nähe­rungs­wei­se aus zugäng­li­chen Statis­ti­ken ablei­ten lassen. Der vorlie­gen­de Beitrag versucht mit Hilfe von Berech­nun­gen das Bild gera­de­zu­rü­cken, wonach nied­ri­ge Zinsen nach­tei­lig für den „klei­nen Sparer“ seien. Die EZB fasste am 5. Juni 2014 einen von manchen Exper­ten „histo­risch“ genann­ten Beschluss. Für Einla­gen, welche Geschäfts­ban­ken bei der Zentral­bank halten, werden „Minus­zin­sen“ (-0,1 %) fällig. Eine Bank, die der Zentral­bank – meist geschieht das für kurze Zeit­räu­me, oftmals nur über Nacht – einen Geld­be­trag über­lässt, also ein Gutha­ben bildet, bekommt bei der Auszahlung
weni­ger zurück, als sie zuvor einge­legt hat. Der Aufschrei in den Medien ist immens. Man beschreibt eindrucks­vol­le „Horror­sze­na­ri­en“, um diesen Schritt der obers­ten Währungs­hü­ter zu kriti­sie­ren. Ärger­lich genug, dass die Zinsen so nied­rig seien, jetzt traut man sich auch noch die für unüber­wind­bar gehal­te­ne „Null“ zu unter­bie­ten! Von Enteig­nung der Sparer ist die Rede. Der angel­säch­si­sche Kapi­ta­lis­mus sei rettungs­los verlo­ren, sagt Jakob Augstein im Spiegel[http://www.spiegel.de/politik/ausland/minus-zinsender-ezb-europawahl-umbrueche-in-der-eu-a-973538.html].

Der reiche Nichts­tu­er sei vom Ausster­ben bedroht.[http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/wie-das-endeder-zinsen-den-kapitalismus-veraendert-a-883444.html] „Wir entwer­ten die Vermö­gen der Menschen in Europa mit diesem nied­ri­gen Zins. Das hilft nieman­dem.“ ermahnt der Spar­kas­sen­prä­si­dent Georg Fahrenschon.[http://www.welt.de/finanzen/article128755033/EZBfuehrt-erstmals-Strafzins-auf-Bankeinlagen-ein.html] Doch, was ist an dieser Einschät­zung des obers­ten Bankers aller deut­schen Spar­kas­sen zutref­fend? Sind nied­ri­ge oder Minus­zin­sen tatsäch­lich ein Nach­teil für den weit­aus größ­ten Teil der Bevöl­ke­rung? Ein gerin­ger werden­des Geld­ver­mö­gen bedeu­tet ober­fläch­lich betrach­tet eine Entwer­tung. Keine Frage. Unter­sucht man jedoch weite­re direk­te Zusam­men­hän­ge, sieht die Sache für die meis­ten Betrof­fe­nen völlig anders aus. Beim Blick auf die Vertei­lung der Geld­ver­mö­gen in Deutsch­land, wird eines klar: In der Tat vermö­gend und damit unter Umstän­den Leid­tra­gen­de nied­ri­ger Zinsen sind im Höchst­fall 10 % der Bevöl­ke­rung. Sie halten knapp 70 % aller Geldvermögen.

Laut einer Studie des Deut­schen Insti­tuts für Wirt­schaft (DIW) von Anfang 2014 verfügt das reichs­te 1 % in Deutsch­land über ein Durch­schnitts­ver­mö­gen von 800.000,- ¤. Die oberen 10 % nennen
rund 217.000,- € ihr eigen. Derlei Statis­ti­ken verber­gen trotz eindeu­ti­ger Zahlen mehr als sie offen­ba­ren. Inner­halb jeder noch so klei­nen betrach­te­ten Gruppe können die Unter­schie­de unvorstellbar
sein. Nur ein Beispiel: Ein einzel­ner Milli­ar­där macht 999 Habe­nicht­se statis­tisch zu Millio­nä­ren, wenn man den Geld­be­trag durch die Anzahl der Perso­nen teilt. Man schätzt, dass allei­ne in Deutsch­land mehr als 100 Milli­ar­dä­re leben. Selbst unter diesen gibt es „arme“ und „reiche“, die zusam­men­ge­fasst auf 336 Milli­ar­den Euro Geldvermögen[http://www.welt.de/wirtschaft/article120687225/Deutschlands-Milliardaere-sind-so-reich-wie-nie.html] kommen. Um sie und jene 1 Milli­on Millionäre[http://www.welt.de/finanzen/article117239605/In-Deutschland-leben-erstmals-eine-Million-Millionaere.html] (Vermö­gen zwischen 1 Milli­on und 999 Millio­nen Euro), die es seit 2013 hier­zu­lan­de geben soll, wird man sich hinsicht­lich nied­ri­ger Zinsen keine exis­ten­zi­el­len Sorgen machen müssen, zumal in diesen Krei­sen ein profes­sio­nel­les Anla­ge­ma­nage­ment vorausgesetzt
werden kann. Immer­hin jeder 80. in Deutsch­land (rund 1,25 % der Bevöl­ke­rung) gehört dazu.

Rich­ten wir jedoch die Aufmerk­sam­keit auf die 90 % unse­rer Mitbür­ge­rin­nen und Mitbür­ger, die Georg Fahrenschohn der Gefahr der Entwer­tung ausge­setzt sehen dürfte. Schließ­lich sind Sparkassen
nach wie vor – neben den Volks- und Raiff­ei­sen­ban­ken – die Geld­häu­ser der „klei­nen Sparer“. Am unte­ren Ende der „Vermö­gen­s­ta­bel­le“ blei­ben 20 % Haus­hal­te, die über keiner­lei Ersparnisse
verfü­gen. Warum sie und die meis­ten Kunden regio­na­ler Banken von nied­ri­gen Zinsen profi­tie­ren, soll nach­fol­gend gezeigt werden. Nehmen wir einmal einen, wieder­um nur unter den reichs­ten 20 % unse­rer Mitbür­ger anzu­tref­fen­den Sparer, der 100.000,- € auf der „hohen Kante“, also teils in Form von Spar­brie­fen, aber auch in Lebens­ver­si­che­run­gen und derglei­chen ange­legt hat. Machen für ihn eine kleine Rech­nung auf.


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