„Kunst der Freiheit“ als Motto auf den Tagen der Nachhaltigkeit in Brixen
Von 23. bis 26. Mai 2013 finden in Brixen die Tage der Nachhaltigkeit statt. Die HUMANE WIRTSCHAFT ist mit einem Infostand vertreten.
Frei für neue Wege und neues Denken
„Die Kunst der Freiheit“: um dieses Thema drehen sich die Tage der Nachhaltigkeit „think more about“, die vom 23. bis 26. Mai 2013 im Forum Brixen und im Bildungshaus Kloster Neustift stattfinden. Dabei sind über 40 Persönlichkeiten aus aller Welt, um neue Ansätze für eine zukunftsfähige und innovative Unternehmensführung und ein nachhaltiges Wirtschaften zu diskutieren. Veranstalter des Kongresses sind Terra Institute und das Bildungshaus Kloster Neustift in Zusammenarbeit mit den Universitäten Bozen und Innsbruck.
Was ist Freiheit
Wenn man einen Menschen fragen würde, was er braucht, um sich richtig frei zu fühlen, würde er vermutlich mehr Geld sagen. Mit genügend Geld, so scheint es, ist man befreit von den meisten Pflichten, befreit von der Überlebensangst, frei überall hinzugehen, frei alles anzuschaffen, was das Herz begehrt. Nur, in dem derzeitigen Finanzsystem ist Geld als zinsbringende Schulden geschaffen. Viele Menschen sind der Meinung, dass Geld die Menschen genauso versklavt, wie die Schulden es tun. Die finanzielle Sicherheit ist schwer einzuschätzen, für die meisten ist es nie genug. Vielleicht ist Geld ein Ersatz für etwas, das man nicht kaufen kann, für die Gemeinschaft. Wahre Freiheit komme nicht von Unabhängigkeit, sondern von gegenseitiger Abhängigkeit. In einer Welt, die sich in ihrem endlosen Streben nach ökonomischen Wachstum selbst zerstört, können wir vielleicht etwas von dieser Art der Freiheit und Sicherheit durch die Gemeinschaft lernen. Der Beginn einer Ökonomie des Teilens ist bereits auf lokaler, wie auch auf globaler Ebene sichtbar. Diese Gedanken des Schriftstellers Charles Eisenstein fassen die Botschaft gut zusammen, die Günther Reifer vom Terra Institute und Andreas Wild vom Bildungshaus Kloster Neustift – die Organisatoren der Tage der Nachhaltigkeit – geben möchten.
Foto (von links): Andreas Wild (Bildungshaus Kloster Neustift), Ibrahim Abouleish (Träger des Alternativen Nobelpreises, Gast in Brixen im Jahr 2011), Evelyn Oberleiter und Günther Reifer (Terra Institute)
Freiheit und verantwortbarer Wohlstand
Bis vor einigen Jahren wurde die permanente Steigerung des Güterwohlstandes, des Wirtschaftswachstums und der Ressourcennutzung nicht in Frage gestellt, sondern mit Freiheit und Fortschritt assoziiert. Nicht immer mit positiven Konsequenzen. Die offenkundige Verwechslung zwischen Effizienz und Plünderung wirft zwei Fragen auf: wo liegen die Grenzen für einen verantwortbaren Wohlstand und gibt es eine Freiheit, die heute an Ethik, Partizipation, Erfolg aber auch an Verantwortung gekoppelt ist. „Insbesondere Unternehmen spielen eine zentrale Rolle, damit eine zukunftsfähige Entwicklung die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass die nächsten Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“, so Reifer und Wild.
Der Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech ist einer der wichtigsten Vordenker zum Thema „Postwachstumsökonomie“ in Deutschland und prominenter Gast bei den Tagen der Nachhaltigkeit „think more about“ zum Thema „Die Kunst der Freiheit“ – die vom 23. bis 26. Mai von den Initiatoren Terra Institute und Bildungshaus Kloster Neustift gemeinsam mit den Universitäten von Bozen und Innsbruck bereits zum dritten Mal in Brixen organisiert werden.
Niko Paech sieht die Postwachstumsökonomie als mögliche Versorgungsform. Sie würde auf eine drastische Reduktion der industriellen Produktion hinauslaufen, erstens die ökonomische Stabilität der Versorgung (Resilienz) stärken, zweitens keine Verzichtsleistung darstellen. Wenige Dinge intensiver zu nutzen und deshalb Optionen souverän zu ignorieren, bedeutet Stressfreiheit und höheren Genuss. Paech sieht in der Regionalität, in der Selbstversorgung und im bescheidenen Konsum die ökonomische Souveränität, welche einerseits die Kaufkraft in der Region stärkt und andererseits Finanzspekulationen keinen Raum lässt.
Freiheit, Wirtschaft und Gemeinwohl
Wirtschaft und Freiheit stehen in einem Hochenergieverhältnis. Einige verbinden Freiheit mit Kapitalismus, andere wollen die wirtschaftliche Freiheit mit sozialen und ökologischen Aspekten regulieren. Wie ist das Verhältnis von Rechten und Pflichten, von Freiheit und Verantwortung in der Wirtschaft? Nichts ist umstrittener und ideologischer als der Freiheitsdiskurs. Deshalb sind Definitionen nötiger denn je. Christian Felber, Initiator der „Gemeinwohl-Ökonomie“, tastet sich Schritt für Schritt an politische und ökonomische Grundbegriffe heran. Die Gemeinwohl-Ökonomie ist eine Systemalternative zur kapitalistischen Marktwirtschaft, die weltweit bereits von mehr als 1000 Unternehmen unterstützt wird. In der letzten Zeit sind auch Gemeinwohlgemeinden und ‑regionen entstanden, wie im Vinschgau. Im Rahmen des Kongresses wird Felber die Projekte und Maßnahmen für Verwaltung, öffentliche Wirtschaft, Privatwirtschaft, BürgerInnenbeteiligung anhand erster internationaler Erfahrungen vorstellen: Gemeinwohl-Bilanz, Pionierunternehmen-Lerngruppen, kommunaler Lebensqualitätsindex, demokratischer Wirtschaftskonvent, Alternativen zum Finanzsystem. Darauf aufbauend wird der Blick auf die Gemeinwohl-(Modell-)Region geweitet: Im Verbund mehrerer Gemeinden sind viele weitergehende Maßnahmen möglich, von der regionalen Wirtschaftsförderung und einem Gemeinwohl-Hub über Regionalmarketing und die Entwicklung einer Regionalmarke bis zur Begründung von Gemeinwohl-Banken und Einführung einer Regionalwährung sowie die Gründung von Bürgerbeteiligungsgesellschaften, welche die Grundversorgung demokratisch und nachhaltig absichern.
Der Kongress mit prominenten Gästen und der Seminartag in Neustift
Weitere renommierte Persönlichkeiten kommen nach Brixen: die Pionierin der New-Economy-Bewegung und Preisträgerin des Alternativen Nobelpreises Helena Norberg-Hodge, der Gründer des „Movimento per la decrescita felice” Maurizio Pallante, die deutsche Journalistin und Autorin Kathrin Hartmann, die erzählen wird, wie die Industrie die Lohas (Life style of Health and Sustainability) und Lifestyle-Ökos vereinnahmt, der Professor für Zukunfts- und Bildungsforschung Gerhard de Haan, der Oecotrophologe und Mitbegründer des Fachgebiets Ernährungsökologie Karl von Koerber, die Unternehmerin Carla Poli, die ein innovatives Recycling Center in Norditalien aufgebaut hat.
Über 40 ReferentInnen und QuerdenkerInnen aus dem In- und Ausland werden im Zuge des Wirtschaftskongresses Ansätze zu nachhaltigem Handeln und Wirtschaften aufzeigen.
Am Donnerstagabend steht eine Podiumsdiskussion mit internationalen Experten und Südtiroler Wirtschaftsvertretern auf dem Programm. Am Freitag bieten 15 Parallelworkshops die Möglichkeit, die Bereiche Unternehmen, Politik, Lebensstile, Bildung und Soziales zu vertiefen.
Am Samstag bietet im Bildungshaus Kloster Neustift eine Fülle von Seminaren den Rahmen für Fragen rund um zukunftsweisende Wirtschaftsformen und Brennpunkte wie lokale Kreisläufe, Gemeinwohl, Entschleunigung, Bildung, ökologische Ernährung, Mode, Sinnerfüllung, Innovation, Geld, Zinsen und Finanzen.
„think more about bio region Südtirol“
Bis 2030 soll Südtirol eine Region sein, in der ausschließlich biologische Landwirtschaft betrieben wird. Denn die regionale und biologische Landwirtschaft ist die Basis für die Zukunftsfähigkeit des Landes. Davon sind die Promotoren des Bio-Bauernmarktes und der Biomeile der Verarbeiter- und Handelsbetriebe am 25. Mai am Großen Graben in Brixen überzeugt. Biobauer, Bioproduzenten und Bioverarbeiter wollen dazu beitragen, die regionalen Kreisläufe aufzubauen, die biologische Vielfalt zu fördern und die Vernetzung zwischen Wirtschaftsakteuren und Konsumenten zu stärken. So bietet die Bioregion Südtirol Antworten auf die sozialen, ökologischen und ökonomischen Fragen der heutigen Zeit.
Teilnehmen, mitdenken und mitgestalten
Die Tage der Nachhaltigkeit bieten eine abwechslungsreiche Mischung: den Besucher erwartet eine internationale Denk- und Ideenschmiede, welche ihn zu nachhaltigem Handeln inspirieren, ermutigen und dabei unterstützen will, gemeinsam neue Visionen zu entwickeln und Verantwortung für ein gesundes, globales Miteinander zu übernehmen.
Die Teilnahme am Rahmenprogramm steht allen offen und ist kostenlos, für den Wirtschaftskongress und die Seminare ist eine schriftliche Anmeldung erforderlich.
Informationen und Anmeldungen unter www.thinkmoreabout.comoder beim Bildungshaus Kloster Neustift, Tel. 0472 835588.
Daten zu „think more about – Tage der Nachhaltigkeit“
Wirtschafts-Kongress
Thema 2013: Die Kunst der Freiheit
Datum: 23.(abends)/24. Mai 2013
Ort: Forum Brixen
Angebot: 9 KeyNotes, 15 Parallel-Workshops, 1 Podiumsdiskussion
Sprachen: deutsch / italienisch
Preise: Tickets Kongress: 50€ Studenten, 100€ Privatpersonen, 150€ Unternehmen
Vertiefende Seminare
Datum: 25. Mai 2013
Ort: Bildungshaus Kloster Neustift
Angebot: 11 Seminare zu wirtschaftlichen, persönlichen, gesellschaftlichen oder politischen Aspekten von Nachhaltigkeit
Preise: 50€ Studenten, 100€ Privatpersonen, 150€ Unternehmen
Kombipreis Kongress und Seminar: 75€ Studenten, 150€ Privatperson, 250€ Unternehmen
Info: www.thinkmoreabout.com
Aktuelle Kommentare