Freiwirtschaftliche Bibliothek definitiv gesichert – Heinz Girschweiler

Die Schwei­ze­ri­sche Frei­wirt­schaft­li­che Biblio­thek hat seit Anfang 2018 eine neue Eigen­tü­me­rin. Die NWO-Stif­tung Belcam­po hat sie der Basler Univer­si­täts­bi­blio­thek (UB Wirt­schaft) geschenkt.
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Die Schen­kung ist der letzte Akt einer 30-jähri­gen inten­si­ven Zusam­men­ar­beit. Seit 1988 ist die Biblio­thek bereits als Depo­si­tum in der Basler Univer­si­täts­bi­blio­thek (UB) behei­ma­tet. Damals wurde ein Depo­si­tum­ver­trag auf 20 Jahre abge­schlos­sen. 2008 haben ihn die Part­ner noch­mals um 10 Jahre verlän­gert. Jetzt hat der neben­amt­lich tätige Stif­tungs­rat von NWO-Belcam­po beschlos­sen, den Bestand von unge­fähr 1.500 Büchern und Schrif­ten endgül­tig in profes­sio­nel­le Biblio­the­ka­ren­hän­de zu legen.
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Das Werk von Paul Gysin
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Der Ursprung der Biblio­thek geht auf den Basler Elek­tro­un­ter­neh­mer Paul Gysin (1911–1993) zurück. Ab den 1930er-Jahren sammel­te er aus priva­tem Antrieb syste­ma­tisch alle Lite­ra­tur im Zusam­men­hang mit der Frei­wirt­schafts­be­we­gung. Gysin war länge­re Zeit im Vorstand der Libe­ral­so­zia­lis­ti­schen Partei der Schweiz (LSPS) aktiv. Von 1946 bis 1990 bilde­ten die Libe­ral­so­zia­lis­ten den poli­ti­schen Arm der Schwei­zer Frei­wirt­schaf­ter. Paral­lel dazu exis­tier­te die Frei­wirt­schaft­li­che Bewe­gung. Deren Mitglie­der glaub­ten, wenn man sich partei­po­li­tisch nicht fest­le­ge, seien die Einfluss­mög­lich­kei­ten auf die maßge­ben­den wissen­schaft­li­chen und poli­ti­schen Kreise größer. Die LSPS wurde dann 1990 in die INWO-Schweiz umge­wan­delt, die Frei­wirt­schaft­li­che Bewe­gung gab in den Nuller­jah­ren des 21. Jahr­hun­derts auf.
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Als der eifri­ge Biblio­the­kar Paul Gysin alters­hal­ber eine Nach­fol­ge­re­ge­lung für seine Bücher­samm­lung tref­fen musste, schenk­te er seine rund 4.000 Bücher und Schrif­ten der Partei. Diese trat die Verant­wor­tung dafür 1986 der NWO-Stif­tung für natür­li­che Wirt­schafts­ord­nung ab, die Gysin zusam­men mit Freun­den grün­de­te. Dies geschah aus der Über­le­gung heraus, eine Stif­tung sei für die lang­fris­ti­ge Erhal­tung und Pflege einer Biblio­thek die geeig­ne­te­re Orga­ni­sa­ti­on als eine Klein­par­tei mit unge­wis­ser Zukunft. Gysin selbst wirkte im Stif­tungs­rat bis zu seinem Tod im Jahr 1993 als Kassie­rer mit. Noch zu seinen Lebzei­ten traf die Stif­tung das Arran­ge­ment mit der dama­li­gen WWZ-Biblio­thek (neu UB Wirt­schaft). Heute widmet sich die NWO-Stif­tung Belcam­po schwer­ge­wich­tig der Boden­fra­ge, die Part­ner­or­ga­ni­sa­ti­on INWO der Geldreform.
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Kern­be­stand modern erschlossen
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In den 1990er-Jahren wurden die Bücher und Zeit­schrif­ten nach moder­nen Gesichts­punk­ten kata­lo­gi­siert und in die Bestän­de der UB inte­griert. Die Stif­tung steu­er­te 10 000 Fran­ken bei – Geld, das Paul Gysin zu diesem Zweck beisei­te­ge­legt hatte. Die Bücher sind mit der Signa­tur FB verse­hen und so als Bestän­de der Frei­wirt­schaft­li­chen Biblio­thek erkenn­bar. Gleich­zeit redu­zier­ten die Fach­leu­te den Umfang auf den Kern­be­stand von gut 1.400 Titeln. Dies, weil viele Bücher bereits in den Bestän­den der UB Wirt­schaft waren und weil man sich vorab auf die Schwei­zer Frei­wirt­schaft konzen­trie­ren wollte. Mit der Über­ga­be an die Basler Univer­si­tät wurde die Biblio­thek für die Öffent­lich­keit und die Forschung zugäng­lich, die Publi­ka­tio­nen können ausge­lie­hen werden. Zuvor hatte Paul Gysin die Biblio­thek an seinem Tessi­ner Zweit­wohn­sitz unter­ge­bracht, zuerst in San Pietro bei Stabio, später in Moli­naz­zo unweit von Luino.
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Eine Berei­che­rung für die Unibibliothek
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Irene Amstutz, die Leite­rin der UB Wirt­schaft der Univer­si­tät Basel, zeigt sich erfreut über die Schen­kung. „Der Biblio­theks­be­stand wird von uns sehr geschätzt. Er bietet den Benut­ze­rin­nen und Benut­zern einen ganz beson­de­ren und äußerst inter­es­san­ten Blick­win­kel auf die Wirt­schaft“, schrieb sie in ihrem Dankes­brief an die NWO-Stif­tung Belcam­po. Die Bestän­de würden denn auch – vor allem von Studen­ten – rege benutzt.
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Der Stif­tungs­rat der NWO-Stif­tung Belcam­po seiner­seits ist glück­lich über das große Enga­ge­ment, das die Verant­wort­li­chen der UB Wirt­schaft für die Pflege und Ergän­zung der frei­wirt­schaft­li­chen Lite­ra­tur leis­ten. Deshalb fiel es ihm nach 30-jähri­ger Zusam­men­ar­beit leicht, die Verant­wor­tung für die Biblio­thek endgül­tig abzu­tre­ten. Die Verant­wort­li­chen haben zuge­si­chert, dass sie Hinwei­se auf Neuerschei­nun­gen weiter­hin gern anneh­men und dafür sorgen, dass der Biblio­theks­be­stand laufend ergänzt wird.
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Der defi­ni­ti­ve Stand­ort der Biblio­thek in der Nähe des Bahn­hofs Basel SBB ist kein Zufall. Nicht nur der Samm­ler Paul Gysin war ein wasch­ech­ter Basler. Auch bedeu­ten­de Expo­nen­ten der frei­wirt­schaft­li­chen Ideen wie der Städ­te­bau­er, Hoch­schul­pro­fes­sor und Archi­tekt Hans Bernoul­li, der Musi­ker Otto Studer oder der in der AKW-Gegner­schaft bekannt gewor­de­ne Natio­nal­rat Hans­jürg Weder führ­ten eine ehemals starke Regio­nal­grup­pe am Rhein­knie an. Inter­es­sen­ten können die frei­wirt­schaft­li­chen Bücher und Schrif­ten ausleihen.
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Die Bestän­de sind online einseh- und abruf­bar unter dem Link: http://www.ub.unibas.ch/ub-wirtschaft-swa/recherche/spezialbestaende
oder dem Kurz­link: https://t1p.de/swa-fb

Stand­ort der Biblio­thek: UB Wirt­schaft – SWA, Peter-Merian-Weg 6, 4052 Basel – - –
weite­re Details online… 

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