ESM – Der Rettungsschirm ist gerettet und darf jetzt retten,…
…fragt sich nur: Wen oder was eigentlich?
Ein Kommentar von Dr. Gerhardus Lang
Unter dem Titel „Abfuhr für Euro-Skeptiker“ hat Wilhelm Hölkemeier in der Neuen Württembergischen Zeitung (NWZ) einen Kommentar zum derzeitigen Urteil des BVG zum ESM- Rettungsschirm verfasst. Zu diesem Kommentar habe ich auch einen Kommentar verfasst, da es sich hier um ein typisches Verhalten der politisch korrekten Berichterstattung handelt. Diese geht konform mit der Politik, deren Hauptbemühen darin liegt, immer das Gegenteil von dem darzustellen, was man eigentlich tut. Gleichzeitig fegt man alle die vom Tisch, die versuchen – mit allerdings untauglichen Mitteln -, dem Irrsinn Einhalt zu gebieten. So heißt es im Kommentar:
„Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit.“
So steht es im Grundgesetz, das 1949 nicht zuletzt unter dem Eindruck der Katastrophe des von Deutschland ausgelösten Zweiten Weltkriegs formuliert wurde. In diesem Sinn hat das Bundesverfassungsgericht – abermals – all jenen eine Abfuhr erteilt, die das politische Streben nach der Einheit Europas prinzipiell für falsch und gesetzwidrig halten. Stammtischstrategen, Maulhelden der Talkshows und Meinungsmacher, die missliebige EU-Mitglieder am liebsten rausschmeißen würden und womöglich gar nach der Rückkehr zur D‑Mark rufen, können es sich hinter den Spiegel stecken.“
Natürlich ist es falsch, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, wenn man die handelnde Politik ausbremsen will, um die eigenen – auch meist schwachsinnigen Absichten durchzusetzen, z. B. eine Rückkehr zur DM oder den Ausschluss von GR zu erzwingen. Alles das lenkt vom eigentlichen Problem nämlich ab und ist insofern der Taktik der Politiker gleichwertig. Es geht doch gar nicht um Europa und den „gefährdeten Euro“ sondern um Folgendes:
Der Berg hat gekreißt und gebar eine Maus: „Wenn die jetzt gezogene „Höchstgrenze“ von 190 Mrd. Euro doch noch einmal überschritten werden müsste, dann muss dem der Bundestag zustimmen, wie bei allen Gesetzesbeschlüssen sonst auch.“ Da wurde keine wirkliche Grenze gesetzt, wozu das BVG auch gar nicht die Kompetenz besitzt. Auch für welchen Zweck das Geld ausgegeben wird ist alleine dem Belieben der Regierung als Gesetzmacher und dem Parlament als Zustimmungs(=Abnickungs)gremium überlassen. Den gemäß unseren Steuerstaatsprinzipien haben wir Bürger oder sonst noch wer nach dem „Nonaffektationsprinzip“ nicht den geringsten Einfluss auf die Ausgaben des Staates. Die können mit dem Geld machen, was sie wollen. Sie müssen nur noch die Gesetze basteln, die ihnen das erlauben.
Und wofür werden die Gelder des Rettungsschirms ausgegeben? Nicht zur Rettung des Euro, an dem gar nichts zu retten ist. Nicht zur Rettung Europas, das gar nicht in Gefahr ist. Nein! Sie sollen den Leuten alle Verluste ersparen, die sie durch die längst fällige Pleite der überschuldeten Staaten für ihre „Anlagen“ erleiden müssten, wenn man die überschuldeten Staaten denn pleite gehen ließe. Jeder normale Betrieb und jeder Bürger würde sich freuen, wenn er auch so subventioniert würde, wenn er seine Raten nicht mehr zahlen kann. Denn nur für diese Ratenzahlungen ist das Geld notwendig, weil diese Staaten sonst insolvent wären. Nun soll der Bundestag die letzte Bremse sein. Da hat man den Bock zum Gärtner gemacht. Denn dieser Bundestag, wie übrigens alle Landesparlamente, haben doch den gemachten Schulden allen zugestimmt. Sie werden auch weiteren Schulden zustimmen, was denn sonst.
Übrigens sind alle seit 40 Jahren neu aufgenommen Schulden nur für die Zinsen der schon bestehenden Schulden ausgegeben worden, jedes Jahr wachsend, und keine müde Mark und kein schöner Euro für irgendetwas sonst. Und diese Zinsen flossen alle denen zu, die das hierdurch erzielte Einkommen dazu benutzten, den Staaten wieder neue Schulden zu ermöglichen. Wirklich eine gut melkende Kuh, die das ewige Leben für sich hat und jedes Jahr mehr Ertrag abwirft. Da klingt der Abschluss des Kommentars als der ewige Refrain, den man schon so oft gehört und der einem zum Hals heraushängt:
„Vor allem für den Bundestag (und, soweit beteiligt, der Länderkammer) ist das gestrige Urteil Bestätigung wie Herausforderung. Es bleibt, so wird betont, die Verantwortung der gewählten Volksvertreter, die „Entscheidung über Einnahmen und Ausgaben… als grundlegender Teil der demokratischen Selbstgestaltungsfähigkeit“ – sprich: die Haushaltsrechte – nicht einschränken zu lassen. Die Rolle unseres Parlaments bei der Kontrolle der Politik der Rettungsschirme wird gestärkt.
Im Ringen um die Wiedergewinnung der Euro-Stabilität sollte der Bundestag aber auch selbst Zeichen setzen. Etwa indem er dafür sorgt, dass Deutschland mit leuchtendem Beispiel vorangeht und in Zeiten hoher Steuereinnahmen endlich ohne neue Schulden auskommt.“
Die anonyme Gesellschaft der Anleger ist wieder fleißig dabei – wie schon immer – , ihre Interessen dem politischen Geschehen aufzuzwingen, damit ihre Unersättlichkeit gestillt wird. Damit schaffen sie die Voraussetzungen für die überall ständig lodernden Kriege, an denen sich so gut wie sonst nirgends verdienen lässt. Das weiß zwar jeder, aber alle sagen das Gegenteil. So werden wir mit Lügen und dummem Geschwätz abgespeist, durch Ängste gefügig gemacht, um ja nicht auf die Idee zu kommen, dass sich da etwas ändern ließe. Sie betrachten sich und ihr Handeln als „alternativlos“, was entweder auf grenzenlos Dummheit oder skrupellosen Zynismus schließen lässt. Aber eigentlich ist das „oder“ hier überflüssig, denn in ihrem Hochmut sehen die „Mächtigen“ nicht, was der Volksmund in seinem noch immer gültigen Sprichwort zum Ausdruck bringt: „Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz.“
Sehr informativer Artikel, aber wie ein Kommentator erwähnte, bleibt die politische Dimension unbeleuchtet. Das Urteil des BVerfG bezeichne ich als Justizskandal, da die weitreichensde Klage der Bürgerrechtlerin Hassel-Reusing unbeachtet blieb. Welche Folgen dieses Urteil hat, erläutert Volker Reusing in diesem Interview.
ESM – Nahrung für Heuschrecken
Ich bin sehr erfreut über diese Ergänzung, die absolut notwendig ist, um zu durchschauen, wo wir uns eigentlich befinden. Es werden diesen Gremien hoheitliche Rechte eingeräumt, deren Umfang unfassbar ist: ein wahres „Ermächtigungsgesetz“ zur grenzenlosen Ausbeutung der betroffenen Staaten. Aber es ist nur die vollständige Konsequenz unserer Schein-Demokratie. Wir, das viel beschworene Volk, haben fahrlässig den Parteien alles politische Handeln überlassen.
Das war nach dem beendeten Krieg natürlich klüglich so eingerichtet worden, dass wieder die gleichen Strukturen, die schon einmal für ein Ermächtigungsgesetz – für Hitler nämlich – gesorgt hatten, wieder nach westlichem Vorbild eingerichtet wurden. Nach dem Vorbild der englisch sprechenden Staaten sollten bei uns auch die auf Wahlkampfmittel angewiesenen Parteien die Basis schaffen für die uneingeschränkte Herrschaft des großen Kapitals. Das hatte ja schon fleissig mitgeholfen, Hitler an die Macht zu bringen , und nicht nur den, sondern gleichermaßen Stalin.
Da es nun langsam klar wird, dass die Staaten an die Grenzen der Zahlfähigkeit kommen, muss dafür gesorgt werden, dass in zunehmendem Mass alle Steuereinnahmen in die Taschen der „Societe anonyme“ fließen. denn wozu noch „Wohlstand für alle“. So ein altmodisches Denken ist nicht mehr möglich. Es genügt doch, den Menschen so viel zu lassen, dass sie arbeitsfähig bleiben, um bis ans Lebensende Steuern und Beiträge zu erwirtschaften, die dann alle in den großen Topf des Dagobert Duck fließen.
Dazu ist gerade ein Buch erschienen: Die Vorsorge-Lüge im Econ-Verlag. Dort wird geschildert, wie es zu der gelobten Riesterente gekommen ist. Sie ist doch der Anfang für die völlige Abschaffung der vernünftigen Lösung der Umlage-Rente zugunsten der Kapital-Rente, die im Idealfall erst am Lebensende fällig wird.
Inzwischen gehen wir keiner ungewissen Zukunft entgegen, sondern einer, die wir uns schon sehr gut vorstellen können. 1984 ist längst Wirklickeit, muss jetzt nur noch etwas ausgemalt werden.
Gerhardus Lang
Seit gestern habe ich den Glauben an „Demokratie“ und Rechtsstaatlichkeit verloren. Das Urteil des BGH entspricht nicht „unserem“ Grundgesetz…auch nicht mit Auflagen.
Aber was kümmert nun das Urteil des BGH, wenn tags zuvor die EZB den uneingeschränkten Ankauf von Staatanleihen beschlossen hat!
Das macht den „diktatorischen“ ESM zur Farce.
Unsere „Volksvertreter“ haben nicht die fachliche Qualifikation und schon gar nicht den eigenen politischen „Willen“ anders zu entscheiden, als ihre Partei das vorgibt.
- Jeder deutsche Bundesbürger (auch Kinder) sind mit ca. 23.000 € „verschuldet“, gemessen an der Staatverschuldung! Diese Verschuldung kann nie mehr aus Steuermitteln zurückgezahlt werden, da gerade mal NUR die Zinsen bedient werden, weil das Geld zur Tilgung fehlt!!!
– Weltweit sind fast alle Länder verschuldet (ca. 32 Bil. €)!! Die Frage ist: WENN ALLE SCHULDEN HABEN, WEM SCHULDEN SIE DAS GELD? :-)
– „Die Politik“ wird nicht von unseren Volksvertretern gemacht, sondern von den Banken! So gesehen wundert es nicht, dass immer noch am Euro festgehalten wird… Man kann auch den letzen Saft aus einer Zitrone pressen…
– Die südlichen EU Staaten können den Euro NICHT bedienen!! Wie kann man nur ansatzweise die Idee nachvollziehen, dass z.B. Portugal/Griechenland/Italien/usw. eine gleiche Wirtschaftskraft hätte, als Deutschland, Frankreich oder Benelux? Das war aber schon in den 90´bekannt.
Die Lösung für ein vereintes Europa ist nicht die Währung.
Jedem Land zur eigenen Währung zurück, auch wenn es mit einem kontrollierten Staatsbankrott einhergeht. Schlimmer kann es ja nicht mehr werden.
Argentinien hat das Zenario auch schon „hinter sich“ und das Land steht besser dar als je zuvor.
Danke für Ihren intelligenten Beitrag, Herr Lang. Allerdings fehlt mir in Ihrer Kritik ein Aspekt, der in der Diskussion leider zu kurz kommt. Der ESM hat nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine politische Dimension, die wir nicht unterschätzen dürfen. Er ist strikt antidemokratisch konstruiert und entzieht sich jeglicher Kontrolle. Um das zu erkennen, muss man freilich den Text lesen. Schon die Wortwahl ist derart entlarvend, dass man sich in einen Science Fiction Film versetzt fühlt:
Artikel 9: Kapitalabrufe
Ziffer 3: … Die ESM-Mitglieder sagen hiermit bedingungslos und unwiderruflich zu, bei Anforderung jeglichem … durch den Geschäftsführenden Direktor an sie gerichteten Kapitalabruf binnen 7 (sieben) Tagen nach Erhalt dieser Aufforderung nachzukommen.
Artikel 27: Rechtsstellung des ESM, Immunitäten und Vorrechte
Ziffer 1: Um dem ESM die Erfüllung seines Zwecks zu ermöglichen, werden ihm im Hoheitsgebiet jeden ESM-Mitglieds die Rechtsstellung, Immunitäten und Vorrechte gewährt, die in diesem Artikel festgelegt sind:
Ziffer 2: Der ESM…verfügt über volle Rechts- und Geschäftsfähigkeit für den Erwerb und die Veräußerung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen, den Abschluß von Verträgen, das Anstrengen von Gerichtsverfahren.
Ziffer 3: Der ESM, sein Eigentum, seine Finanzmittel und Vermögenswerte genießen unabhängig von ihrem Standort und Besitzer umfassende gerichtliche Immunität …
jedoch nicht, soweit der ESM … ausdrücklich auf seine Immunität verzichtet.
Ziffer 4: Das Eigentum, die Finanzmittel und Vermögenswerte des ESM sind unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, von Zugriff durch Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jede andere Form der Inbesitznahme, Wegnahme oder Zwangsvollstreckung durch Regierungshandeln oder auf dem Gerichts‑, Verwaltungs- oder Gesetzeswege befreit.
Ziffer 5: Die Archive des ESM und alle ihm gehörenden oder in seinem Besitz befindlichen Dokumente im Allgemeinen sind unverletzlich.
Ziffer 6: Die Räumlichkeiten des ESM sind unverletzlich.
Das sind nur wenige „Schmankerl“. Dennoch haben Sienatürlich recht, Herr Lang: Der sogenannte Rettungsschirm dient dazu, die Pfründe der oberen zwei Prozent zu sichern. Aber wie gesagt – vergessen Sie bitte nicht die politische Dimension.
Ich habe dieses Gedicht zwar schon einmal eingestellt, aber an dieser Stelle passt es besser. Es stammt vom 11.09.2012.
Vor Gericht oder vor dem Untergang
Bald ist der letzte Schritt getan,
die Richter ziehen Roben an,
verhandelt wird die Republik.
Die Börsianer zittern schon,
erwarten den verdienten Lohn
und machen sich zum Jubeln schick.
In Stille schreitet der Senat
zum Sitzungssaal, mit dem Traktat,
das jede Weitsicht untergräbt.
Die Herrscher lächeln gönnerhaft,
jetzt ist der nächste Schritt geschafft,
eh sich das Volk empört erhebt.
Im Parlament beklatschen sie
den Sieg der Geldpiraterie -
ein Stand beerdigt seine Macht.
Die letzte Stimme ist gezählt,
der neue Weg scheint ausgewählt,
Europa gleitet in die Nacht.
Am Horizont zieh‘n Wolken auf,
des Volkes Stimme ist verkauft,
nun herrscht allein die Kommission
Ein Richterwort hat dies vollbracht,
noch eh’ der Volkszorn jäh erwacht,
erlangt der Teufel seinen Lohn.