Dieter Suhr: Auf Arbeitslosigkeit programmierte Wirtschaft
Schaut man auf die Wirtschaft, so springt ein Befund ins Auge, der sich
durch fünf hervorragende Symptome kennzeichnen läßt:1. Massenarbeitslosigkeit;
2. ungestillter privater und vor allem öffentlicher Bedarf;
3. anschwellende Ströme von Zinszahlungen;
4. zunehmende Verschuldung und
5. ein bedrohlicher Wachstumszwang.
Nicht gefragte Leistung
Das Symptom Nummer 1 unserer siechenden Wirtschaft ist die Massenar-
beitslosigkeit: 2,5 Mill. Menschen bei uns wollen arbeiten. Sie finden aber
keine bezahlte Arbeit. Ihre Leistung wird nicht nachgefragt: „Leistung, die
nicht gefragt ist.“ 2,5 Mill. arbeitswillige Menschen sind eine ungeheuere
Leistungsreserve unserer Volkswirtschaft. Warum läßt unser Gemeinwesen
diese gewaltige und kostspielige Reserve ungenutzt herumstehen? – Weil es
an Nachfrage nach bezahlter Arbeit fehlt. Es ist, als ob alle unsere Wünsche
schon erfüllt seien. Es ist, als ob sowohl der private wie auch der öffentli-
che Bedarf längst gestillt sei. Es ist, als gäbe es bei uns nichts mehr zu tun.
Wir wissen offenbar nicht wohin mit unserem Überschuß an menschlicher
Arbeitskraft. Deshalb nehmen wir 2,5 Mill. unfreiwillige Müßiggänger in
Kauf; samt aller damit verbundenen Demütigung und Entwürdigung, samt
allem damit verbundenen menschlichen Leid. In dieses Bild passen auch
die Vorschläge, die darauf zielen, das bißchen noch vorhandener Arbeit ge-
rechter zu verteilen: weniger Arbeitsstunden, kürzere Lebensarbeitszeit.
Gibt es aber denn·wirklich bei uns nichts mehr zu tun? Ist unser privater
und öffentlicher Bedarf wirklich gestillt? Haben wir keine Wünsche, keine
Träume mehr? Sind alle öffentlichen Aufgaben erledigt?
1983 vorgetragen und geschrieben und heute aktueller denn je.
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