Die EZB verfolgt schlechtere Politikziele als die Fed
Viele sehen in der jüngsten Entscheidung der EZB, unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, eine Krisenpolitik im Stile der amerikanischen Notenbank. Der Eindruck täuscht. Die Fed vermehrt die Geldmenge durch den Kauf von Anleihen, um damit die Wirtschaft anzukurbeln, was sie an der Nullzins-Schranke nicht mehr durch Zinssenkungen bewirken kann. Die EZB versucht zumindest, die Geldvermehrung, die sie mit ihren Anleihekäufen bewirkt, geldpolitisch wieder zu neutralisieren. Dabei wäre die Ankurbelung der Wirtschaft bei über 11% Arbeitslosigkeit im Euro-Raum dringender als in den USA, wo die Arbeitslosigkeit „nur“ gut 8% beträgt.
Draghi betreibt Staatsfinanzierung mit der Notenpresse, Bernanke betreibt damit Konjunkturpolitik. Das ist nicht nur eine Frage der Motive, sondern eine der Ziele. Der gesetzliche Auftrag der amerikanischen Notenbank umfasst die Konjunkturpolitik; die Rechtsgrundlagen der EZB lassen die Staatsfinanzierung nicht zu und dulden Anleihekäufe an den Sekundärmärkten nur zu geldpolitischen Zwecken (Offenmarktpolitik).
Gleichzeitig verstricken sich beide Notenbanken in Widersprüche. Sie betonen gebetsmühlenartig bisher noch das traditionelle Inflationsziel von 2%. Zu Draghis Motiv würde es passen, eine höhere Inflationsrate zuzulassen, um die Last der Staatsschulden zu mindern. Bernanke wurde beim Treffen der Notenbanker in Jackson Hole zu Recht darauf hingewiesen, dass sein Ziel, die Wirtschaft anzukurbeln, durch die Betonung des Inflationsziels von 2% konterkariert wird. Man kann gespannt sein, was die Fed in der nächsten Woche entscheiden und wie sie es begründen wird. Wird sie die Kritik beherzigen, dass die Betonung eines zu geringen Inflationszieles die konjunkturfördernde Wirkung einer Geldvermehrung durch das Sinken der Umlaufgeschwindigkeit kompensiert?
Wirtschaftswachstum erleichtert durch höhere Steuereinnahmen die Verzinsung und Tilgung hoher Staatsschulden. Inflationierung erleichtert beides auch. Vielleicht ist das Motiv der Notenbanker egal. Hauptsache die Wirtschaft läuft und die Steuerzahler müssen die Lasten nicht allein tragen, sondern die leichtfertigen Gläubiger der immensen Staatsschulden werden auch beteiligt. – Aber Achtung: Solange die Notenbanken sich nicht zu höheren Inflationszielen bekennen, bleiben die konjunkturellen Effekte weitgehend aus, die Geldvermehrung führt nur in weitere Staatsverschuldung und Blasenbildung auf wechselnden Märkten.
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