Der Überblick Nr. 271 – Redaktion

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Die kurz­ge­fass­te Inhalts­über­sicht der Aufsät­ze in dieser Ausgabe
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Finan­zie­rung einer kapi­tal­ge­deck­ten Alters­grund­si­che­rung über die Erbschafts­steu­er – Dirk Löhr – Seiten 6 – 11
Die Einbe­zie­hung des Unter­neh­mens­ver­mö­gens in die Erbschaft­steu­er kann als Finan­zie­rungs­quel­le für eine kapi­tal­ge­deck­te Alters­vor­sor­ge dienen. Es gilt dabei auf die Begren­zung der Liqui­di­täts­be­las­tung der Unter­neh­menser­ben zu achten. Das kann über Steu­er­satz und Frei­be­trag geschehen.
Der Vorschlag sieht vor, dass ein Teil des jähr­li­chen Unter­neh­mens­ge­winns vor Ertrag­steu­ern zur Tilgung der Steu­er­schuld abge­führt wird. Die Staats­kas­se parti­zi­piert somit von ertrags­star­ken Jahren ähnlich wie bei einer Betei­li­gung, unab­hän­gig davon, ob das Unter­neh­men die Gewin­ne des Unter­neh­mens ansam­melt oder ausschüt­tet. Der Sinn einer Gewinn­be­tei­li­gung des Finanz­amts liegt darin, dass für den Erben in ertrags­schwa­chen Jahren das Risiko begrenzt wird, das sich aus einem stei­gen­den Verschul­dungs­grad in Bezug auf das Eigen­ka­pi­tal erge­ben kann. Auch werden Fehl­be­wer­tun­gen des Unter­neh­mens­ver­mö­gens zum Zeit­punkt des Vermö­gens­über­gangs korri­giert. Der zweck­ge­bun­de­ne Teil der Erbschaft­steu­er fließt in die Stär­kung einer kapi­tal­ge­deck­ten Alters­grund­si­che­rung, während der nicht zweck­ge­bun­de­ne Teil in die Haus­hal­te der Länder geht – mit im Wesent­li­chen unver­än­der­tem Aufkommen.
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Renten­pro­ble­me und Alters­ar­mut – Markt­ver­sa­gen stei­gert die Dring­lich­keit grund­le­gen­der Refor­men – Ernst Niemei­er – Seiten 12 – 16
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Der Aufsatz befasst sich mit der Alters­ar­mut in Deutsch­land in Bezug zum Renten­sys­tem und den aktu­el­len Vorschlä­gen der Poli­tik. Es wird argu­men­tiert, dass die geplan­te Reform der Regie­rung zur Einfüh­rung einer Akti­en­ren­te nicht ziel­füh­rend ist und die Ursa­che des Problems der demo­gra­fie­be­ding­ten Beitrags­über­las­tung falsch begründet.
Ernst Niemei­er sieht eine grund­le­gen­de Reform der gesetz­li­chen Rente als drin­gend notwen­dig an. Es gäbe system­be­ding­te Ursa­chen für unzu­rei­chen­de Renten, die sowohl in der wissen­schaft­li­chen Diskus­si­on als auch in der poli­ti­schen Praxis vernach­läs­sigt würden. Dies sei für die bestehen­de und sich noch verschär­fen­de Renten­pro­ble­ma­tik verant­wort­lich. Deshalb reiche eine Einkom­mens­auf­sto­ckung allein nicht aus. Statt­des­sen müss­ten Refor­men einge­lei­tet werden, die die Renten korri­gier­ten und auf ein Niveau anhe­ben, das zumin­dest eine menschen­wür­di­ge Exis­tenz sichert.
Der Autor schlägt auch vor, dass in Fällen von Markt­ver­sa­gen die Renten aus dem Steu­er­auf­kom­men ange­ho­ben werden soll­ten. Dr. Ernst Niemei­er ist ein ehema­li­ger Mitar­bei­ter von IBM Deutsch­land und Lehr­be­auf­trag­ter für Makro­öko­no­mie und Wirt­schafts­po­li­tik an der Hoch­schu­le Bremen.
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Eine Bühne für Geld­kon­flik­te – Erfah­rungs­be­richt zum Forum­thea­ter beim Dialog­Raum­Geld-Kongress Augs­burg 2022 – Holger Kreft und Nina Roob – Seiten 17 – 19
Was ist das Forum­thea­ter und wie kann man es anwenden?
Forum­thea­ter ist ein thea­tra­ler Erfah­rungs­raum, der auf der Arbeit des brasi­lia­ni­schen Thea­ter­ma­chers Augus­to Boal basiert. Dabei wird eine persön­lich erleb­te Konflikt­si­tua­ti­on in einer kurzen Thea­ter­sze­ne nach­ge­spielt und wieder­holt, bis eine Person aus dem Publi­kum eingreift. Mit einer eige­nen alter­na­ti­ven Hand­lungs­idee zur mögli­chen Lösung des Konflik­tes nimmt der/die Zuschauer:in aktiv den Platz einer betei­lig­ten Person in der Szene ein. So können die Betrof­fe­nen gemein­sam reflek­tie­ren und werden in die Lage versetzt, in ähnlich auftre­ten­den Real­si­tua­tio­nen die Erfah­run­gen anzuwenden.
Das Forum­thea­ter kann dazu beitra­gen, Reibungs­flä­chen unse­res herr­schen­den Geld­sys­tems aufzu­de­cken, indem es indi­vi­du­el­le Konflik­te auf einer zwischen­mensch­li­chen Ebene bear­bei­tet und dadurch struk­tu­rel­le Verän­de­run­gen ermög­licht. Durch die Einbin­dung des Publi­kums in den Austausch nach den gespiel­ten Szenen können Ideen gesam­melt werden, die perspek­ti­visch zu grund­le­gen­den Umwand­lun­gen der Verhält­nis­se führen können. Aller­dings müssen auch die Gren­zen der Metho­de beach­tet werden.
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Vom schmerz­haf­ten Erwa­chen – Pat Christ – Seiten 20 – 23
In diesem Bericht geht es um Marcel Barz, einen Mann aus Jüter­bog, der im Jahr 2020 zu den Todes­fall­zah­len während der Pande­mie forsch­te. Obwohl er seine brisan­ten Ergeb­nis­se öffent­lich machte, gab es kaum Inter­es­se daran.
Das führte Marcel Barz in einen persön­li­chen Wand­lungs­pro­zess. Er denkt heute anders, arbei­tet anders und hat mit ande­ren Menschen zu tun. Sein Leben wandel­te sich. Er begann, sich selbst in Bezug auf seine Stär­ken und Schwä­chen zu hinter­fra­gen und erkann­te, dass er in hohem Maße unter dem Einfluss von Massen­me­di­en stand. Marcel Barz versucht heute, Menschen, die hinter die Kulis­sen blicken wollen, zu vernet­zen und arbei­tet an alter­na­ti­ven Lebensweisen.
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Einfach weiter … bis man die Augen wieder öffnen kann – Inter­view von Karin Veli­no­va – Seiten 24 – 27
In diesem Inter­view geht es um Proble­me, mit denen das Volk der Yane­sha in Peru konfron­tiert ist, insbe­son­de­re ille­ga­le Land­nah­men und Inva­sio­nen in ihren Terri­to­ri­en sowie den Mangel an Bildungs­chan­cen und Gesund­heits­ver­sor­gung. Es wird beschrie­ben, wie das Projekt Chance e. V. dazu beiträgt, die Rechte Einhei­mi­scher zu vertei­di­gen und ihre innere Stärke zu fördern.
Der Regen­wald ist für viele indi­ge­ne Völker von entschei­den­der Bedeu­tung, da sie aus ihm ihre Medi­zin, Heil­pflan­zen und Nahrung gewin­nen. Die Kultur dieses Volkes ist eng mit dem Ökosys­tem des Regen­walds verbun­den. Der Schutz des Regen­walds ist daher auch ein entschei­den­der Aspekt für den Schutz der Lebens­wei­se und der Kultur indi­ge­ner Völker.
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Einfach nicht abge­brüht – Charles Eisen­stein – Seiten 28 – 29
Der Beitrag befasst sich mit den Gedan­ken zur Umwand­lung des wahren Reich­tums. Er beleuch­tet, wie Abge­brüht­heit und Kälte notwen­dig sind, um in der heuti­gen Welt erfolg­reich zu sein. Der vorge­schla­ge­ne Weg sei deshalb, diese Verhal­tens­wei­se durch eine Kultur des Mitge­fühls und der Aufrich­tig­keit zu erset­zen, die alle glück­li­cher und erfüll­ter machen würde.
Charles betont, dass die Umwand­lung von Natur­ka­pi­tal und sozia­lem, kultu­rel­lem und spiri­tu­el­lem Kapi­tal in Geld von wirt­schaft­li­chen Kräf­ten voran­ge­trie­ben wird. Dieje­ni­gen, die in der Lage sind, diese Umwand­lung am effek­tivs­ten durch­zu­füh­ren, werden oft als erfolg­reich ange­se­hen. Der Autor stellt fest, dass „die Geschich­te zeigt, dass dort, wo Märkte und Geld am tiefs­ten einge­drun­gen sind, die geizigs­ten, vertrau­ens­lo­ses­ten, zynischs­ten und einsams­ten Menschen zu finden sind.“ Der Autor schlägt vor, die Kultur des Schen­kens wieder­her­zu­stel­len, d.h. nicht-mone­tä­re Formen der Verbin­dung zwischen Gaben und Bedürf­nis­sen zu schaffen.
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Die Zukunfts­fra­ge der Mensch­heit – Markus Henning – Seiten 30 – 32
Der Atlas der Welt­wirt­schaft 202223 hilft dabei, die globa­li­sier­te Ökono­mie besser zu verste­hen. Es finden sich darin Zahlen, Fakten und Analy­sen, die helfen, die Zukunfts­fra­ge der Mensch­heit zu beant­wor­ten. Es geht um die Frage nach Wegen zu einer egali­tä­ren Welt­ge­mein­schaft, die die Begrenzt­heit natür­li­cher Ressour­cen aner­kennt. Es wird betont, dass es drin­gend ziel­füh­ren­de Antwor­ten braucht, um den drama­ti­schen Verlust an Arten­viel­falt, den menschen­ge­mach­ten Klima­wan­del, Diskri­mi­nie­rung, Armut und Hunger sowie auto­ri­tä­re Herr­schaft und Kriegs­bar­ba­rei zu bekämp­fen. Markus Henning weist ergän­zend zur Buch­re­zen­si­on auf die Frei­wirt­schaft und deren Poten­ti­al hin, den Raub­bau an Mensch und Natur zu been­den. Es wird auch gezeigt, wie die frei­wirt­schaft­li­che Boden­re­form auf alle Natur­gü­ter abzielt, die nicht durch mensch­li­che Arbeit vermehr­bar sind – also auf Grund und Boden sowie auf alle Boden­schät­ze und natür­li­chen Ressourcen.
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Radi­ka­les Umsteu­ern statt Schrump­fen – Karl-Martin Hent­schel – Seiten 34 – 37
Der Aufsatz setzt sich mit der Degrowth-Theo­rie und dem Buch „Das Ende des Kapi­ta­lis­mus“ von Ulrike Herr­mann ausein­an­der. Es werden verschie­de­ne Ansich­ten zur Trans­for­ma­ti­on des Kapi­ta­lis­mus in eine klima­neu­tra­le Gesell­schaft diskutiert.
Hent­schel teilt die zentra­len Aussa­gen von Ulrike Herr­mann nicht und ist bei seinen Arbei­ten zu völlig ande­ren Ergeb­nis­sen gelangt.
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Mühe­los mäch­tig – die Verer­bung von Besitz schreibt mate­ri­ell Ungleich­heit über Gene­ra­tio­nen fort – Roland Rotten­fuß­er – Seiten 38 – 42
Der Aufsatz thema­ti­siert die Macht­kon­zen­tra­ti­on durch Erbschaf­ten. Der Autor macht Vorschlä­ge, wie Erbschaf­ten auf ein sozi­al­ver­träg­li­ches Maß begrenzt werden können, um Fami­li­en­pri­vi­le­gi­en zu vermei­den und die Chan­cen­gleich­heit zu fördern.
Erbschaf­ten gefähr­den diese, da sie zu einer unglei­chen Vertei­lung von Vermö­gen führen. Laut der Baye­ri­schen Verfas­sung soll die Erbschafts­steu­er dazu dienen, die Ansamm­lung von Riesen­ver­mö­gen in den Händen Einzel­ner zu verhin­dern. Aller­dings kommen nur etwa 15 Prozent der Deut­schen jähr­lich in den Genuss einer nennens­wer­ten Erbschaft oder Schen­kung, während der Rest faktisch „enterbt“ ist. Das Erbrecht führt auch dazu, dass die meis­ten Unter­neh­men, die heute von Unternehmer:innen aufge­baut werden, morgen von Perso­nen geführt werden, die sich in erster Linie dadurch quali­fi­ziert haben, dass sie deren Söhne oder Töch­ter sind. Das führt unwil­li­ge oder unge­eig­ne­te Erben in verant­wor­tungs­vol­le Positionen.
Als Gesell­schaft können wir dazu beitra­gen, dass Erbschaf­ten fairer verteilt werden, indem wir poli­ti­schen Druck ausüben und uns für eine gerech­te­re Erbschafts­steu­er einsetzen.
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Ein Pater pran­gert an – Wie extre­mer Reich­tum allmäh­lich Enteig­nungs­phan­ta­sien anre­gen kann – Pat Christ – Seiten 43 – 45
Für diesen Arti­kel besuch­te Pat Christ Pater Klaus Mertes. Es geht um den Einsatz von Mut, um ein Leben in Würde zu führen. Mertes sagt, es gäbe mit Blick auf die mensch­li­che Würde viele Sorge berei­ten­de Prozes­se. Einige genann­te Beispie­le sind Skla­ve­rei, alte Menschen, die aufgrund von Perso­nal­man­gel in Pfle­ge­hei­men unter­ver­sorgt würden und sexu­el­ler Missbrauch.
Laut Klaus Mertes sei ein Leben in Würde möglich, wenn man der Angst die Stirn biete. Mut setze also genau dort an, wo man durch Angst in Schach gehal­ten wird.
Aktu­ell pran­gert Klaus Mertes den poli­ti­schen Einfluss der Super­rei­chen an. Es käme zu intrans­pa­ren­ten Entschei­dun­gen, wenn einzel­ne Reiche diese aufgrund ihrer Mittel und der damit verbun­de­nen Macht träfen. Es stellt sich die Frage, welche Inter­es­sen dahin­ter­ste­cken und woher die einge­setz­ten Mittel in Wahr­heit stam­men. Klaus Mertes macht sich Sorgen über die Akku­mu­la­ti­on von Kapi­tal an weni­gen Stel­len in der Welt und fragt sich, wer bei Bedarf über­haupt noch enteig­nen könnte. Er ist der Meinung, dass von den Medien kein Impuls kommt, den Hyper­reich­tum und seine Einfluss­nah­me auf die Poli­tik zu problematisieren.
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