Bankenzahlen – Thomas Kubo
Vertreter von Banken äußern sich in der Presse regelmäßig missbilligend zu Negativzinsen. Geldreformer verweisen hingegen auf die positiven gesamtwirtschaftlichen Effekte der langanhaltenden Niedrigzinsphase und fordern mit Hilfe konkreter Reformschritte, wie beispielsweise einer Umlaufsicherungsgebühr, mehr Spielraum für einen noch weiter ins Minus tendierenden, marktgerechten Zinsfuß. Ihrer Meinung nach ist Marktgerechtigkeit nicht gegeben, solange trotz Überangebot an anlagesuchenden Geldvermögen die Möglichkeit des Ausweichens in Bargeldhaltung das Marktgeschehen systembedingt behindert. Solange es die Möglichkeit gibt, Geld zu Null Prozent „anzulegen“, indem man es in bar hortet, sind Banken hinsichtlich der Weitergabe der von der Zentralbank vorgegeben Minuszinsen an die Kunden die Hände gebunden. Es lohnt sich in Bezug auf die Gesamtlage des Zinsumfelds, einen Blick auf konkrete Zahlen zu richten.
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Die Bundesbank-Monatsberichte, welche im September jeden Jahres in einem Übersichtsartikel „Die Ertragslage der Deutschen Kreditinstitute“ mit aufschlussreichen Zahlen aufwarten, bieten hierfür eine Fundgrube an Informationen. Dabei offenbart sich ein Gegensatz zwischen veröffentlichter Meinung von Bankenvertretern und der Realität.
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Bankzinserträge, Bankzinsaufwendungen und Zinsspanne
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Helmut Creutz ist es zu verdanken, dass die volkswirtschaftliche Belastung durch den Zins anhand der drei Größen Bankzinserträge, Bankzinsaufwendungen und Zinsspanne realistischer eingeschätzt werden kann. Die Bankzinserträge stellen dabei die Zahlungen von Schuldnern dar, die einen Kredit bei ihrer jeweiligen Bank aufgenommen haben. Die Bankzinsaufwendungen wiederum sind die Zinsen, die die Banken an Geldanleger auszahlen. Die Differenz bildet die Zinsspanne. Sie stellt den Ertrag dar, der bei der Bank verbleibt. In der Darstellung 1 sind die Summen dieser drei Größen aus allen Bankengruppen für die Jahre 1970 bis 2018 angegeben. Es zeigt sich der überraschende Befund, dass die Zinsspanne relativ lange, unabhängig vom Schwanken der Zinsraten selbst, bei konstant 90 Mrd. € pro Jahr lag und erst in den letzten Jahren leicht sank. Bankzinserträge und ‑aufwendungen hingegen sind rapide gefallen.
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Für den Jahresabschluss und für die Rentabilität einer Bank ist am Ende des Tages nur die Zinsspanne relevant. Ihr kann es kurz- und mittelfristig »egal« sein, wie hoch die Erträge und Aufwendungen sind, nur wenn am Ende die Differenz dieser beiden Beträge hoch genug ist, um die Aufrechterhaltung des Bankengeschäftes weiter zu ermöglichen. Die Leitzinsen der Zentralbank mit ihren verschiedenen Zinssätzen geben einer Bank hierbei nur den Korridor vor, in welcher die Bank sich bewegen darf. Nach unten ist die Grenze gesetzt, weil die Banken sonst Verlust machen. Nach oben ist die Grenze gesetzt, weil die Konkurrenten ansonsten bessere Konditionen anbieten können. Der Korridor der Zentralbanken ist also ganz wesentlich.
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Der Höchstwert der Bankzinserträge seit Aufzeichnung war im Jahre 2008 und betrug 433 Mrd. €; dieser Wert ist auf 167 Mrd. € im Jahre 2018 gefallen. Eine volkswirtschaftliche Entlastung von 260 Mrd. €! Eine begründete Frage lautet, warum diese gewaltige Entlastung in den Klagen der Bankenvertreter nie auftaucht.
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