Ist das Kunst – oder…? – Andreas Bangemann
Satire und politisches Kabarett in der Krise
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Zu einer aktiven Demokratie gehört eine Gegenbewegung. Ständiges Hinterfragen, fundierte Kritik – nicht nur in Form parteipolitischer Opposition, sondern auch aus der Zivilgesellschaft heraus. Gemeinwohlorientierte Organisationen können einen soziomoralischen Humus schaffen, aus dem Einwirkung auf politische Entscheidungen erwächst. Im Vergleich zu organisierter Lobbyarbeit, getragen von wirtschaftlichen Interessen, fehlt es Ehrenamtlichen an Macht und den Möglichkeiten direkter Einflussnahme. Mit Geld lässt sich Erfolg kaufen. Verfügt man darüber nicht, dann helfen raffiniertere Methoden, mit deren Hilfe Veränderungen angestoßen werden können. Kunst im Allgemein gehört in diese Kategorie. Im Besonderen bietet sich Politisches Kabarett dafür an. Kann es Wirkung entfalten?
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Im Bereich Moderne Kunst gelangte Joseph Beuys’ „Fettecke“ zu Berühmtheit als 1986 eine eifrige Putzkolonne das Atelier des neun Monate zuvor verstorbenen Künstlers von ranziger Butter befreite. Und noch ein derartiger Vorfall: Eine Reinigungskraft scheuerte 2011 im Dortmunder Museum die weißliche Schicht eines Gummitrogs ab, der sich unter einem Stapel Holzlatten befand. Das Werk „Wenn’s anfängt durch die Decke zu tropfen“ von Maler und Installationskünstler Martin Kippenberger (1953–1997) war dadurch nicht mehr in seinen Ursprungszustand zurückzuversetzen. In beiden Fällen reagierten die jeweiligen Besitzer der Kunstobjekte erbost. Rechtsstreitigkeiten und Schadensersatzforderungen folgten. Es spielte dabei keine Rolle, wie die Künstler sich verhalten hätten. Der Kölner Kunstexperte und langjährige Freund Kippenbergers, Dr. Werner Peters, geht davon aus, dass dieser entspannt damit umgegangen wäre und höchstwahrscheinlich den vermeintlichen Zerstörungsakt zum Teil des Kunstwerks gemacht hätte. Kippenberger habe mit Hilfe seiner Arbeit Widerstand geleistet gegen Marktmechanismen und die Ignoranz der Macht. Die Eliten in ihrer Hybris maßen sich mit aufgesetzter Seriosität und angeblicher Ernsthaftigkeit die Interpretationshoheit über alternative Weltsichten an. Mit seiner Nichternsthaftigkeit verfolgte Martin Kippenberger den ernsten Zweck, diese Überheblichkeit zu entlarven. Die fleißige Putzfee verschaffte unbewusst des Künstlers Intention Ausdruckskraft und düpierte damit die Statthalter der systemischen Realität des „Kunstmarktes“. Ihre materiellen Verluste ergäben Kippenbergers posthumen Gewinn.
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Eine andere Kunstform mit dem Anspruch, Widerstandskraft zu sein, ist das Kabarett. Experten datieren seine Ursprünge an den Beginn des 19. Jahrhunderts. Vorstellbar, dass es aus naiver Volkskunst entstand und sich zu einem anspruchsvollen Métier entwickelte. Immer noch schauen die Protagonisten dem Volke „aufs Maul“ und präsentieren Themen, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Politisches Kabarett wird von Zuschauern und Politikern gleichermaßen geliebt. Das gilt nicht überall und in allen Epochen. Je nach Regierungsform gehen Mächtige damit unterschiedlich entspannt um. Zu Zeiten des Nationalsozialismus lebten die Tucholskys und Valentins wegen ihrer Popularität gefährlich. Traute man ihnen zu, Menschen gegen die Macht mobilisieren zu können? Erich Kästner, der selbst Kabarettautor war, charakterisierte Tucholsky nach dem Krieg als jemanden, der mit der Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten wolle.
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Zu einer aktiven Demokratie gehört eine Gegenbewegung. Ständiges Hinterfragen, fundierte Kritik – nicht nur in Form parteipolitischer Opposition, sondern auch aus der Zivilgesellschaft heraus. Gemeinwohlorientierte Organisationen können einen soziomoralischen Humus schaffen, aus dem Einwirkung auf politische Entscheidungen erwächst. Im Vergleich zu organisierter Lobbyarbeit, getragen von wirtschaftlichen Interessen, fehlt es Ehrenamtlichen an Macht und den Möglichkeiten direkter Einflussnahme. Mit Geld lässt sich Erfolg kaufen. Verfügt man darüber nicht, dann helfen raffiniertere Methoden, mit deren Hilfe Veränderungen angestoßen werden können. Kunst im Allgemein gehört in diese Kategorie. Im Besonderen bietet sich Politisches Kabarett dafür an. Kann es Wirkung entfalten?
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Im Bereich Moderne Kunst gelangte Joseph Beuys’ „Fettecke“ zu Berühmtheit als 1986 eine eifrige Putzkolonne das Atelier des neun Monate zuvor verstorbenen Künstlers von ranziger Butter befreite. Und noch ein derartiger Vorfall: Eine Reinigungskraft scheuerte 2011 im Dortmunder Museum die weißliche Schicht eines Gummitrogs ab, der sich unter einem Stapel Holzlatten befand. Das Werk „Wenn’s anfängt durch die Decke zu tropfen“ von Maler und Installationskünstler Martin Kippenberger (1953–1997) war dadurch nicht mehr in seinen Ursprungszustand zurückzuversetzen. In beiden Fällen reagierten die jeweiligen Besitzer der Kunstobjekte erbost. Rechtsstreitigkeiten und Schadensersatzforderungen folgten. Es spielte dabei keine Rolle, wie die Künstler sich verhalten hätten. Der Kölner Kunstexperte und langjährige Freund Kippenbergers, Dr. Werner Peters, geht davon aus, dass dieser entspannt damit umgegangen wäre und höchstwahrscheinlich den vermeintlichen Zerstörungsakt zum Teil des Kunstwerks gemacht hätte. Kippenberger habe mit Hilfe seiner Arbeit Widerstand geleistet gegen Marktmechanismen und die Ignoranz der Macht. Die Eliten in ihrer Hybris maßen sich mit aufgesetzter Seriosität und angeblicher Ernsthaftigkeit die Interpretationshoheit über alternative Weltsichten an. Mit seiner Nichternsthaftigkeit verfolgte Martin Kippenberger den ernsten Zweck, diese Überheblichkeit zu entlarven. Die fleißige Putzfee verschaffte unbewusst des Künstlers Intention Ausdruckskraft und düpierte damit die Statthalter der systemischen Realität des „Kunstmarktes“. Ihre materiellen Verluste ergäben Kippenbergers posthumen Gewinn.
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Eine andere Kunstform mit dem Anspruch, Widerstandskraft zu sein, ist das Kabarett. Experten datieren seine Ursprünge an den Beginn des 19. Jahrhunderts. Vorstellbar, dass es aus naiver Volkskunst entstand und sich zu einem anspruchsvollen Métier entwickelte. Immer noch schauen die Protagonisten dem Volke „aufs Maul“ und präsentieren Themen, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Politisches Kabarett wird von Zuschauern und Politikern gleichermaßen geliebt. Das gilt nicht überall und in allen Epochen. Je nach Regierungsform gehen Mächtige damit unterschiedlich entspannt um. Zu Zeiten des Nationalsozialismus lebten die Tucholskys und Valentins wegen ihrer Popularität gefährlich. Traute man ihnen zu, Menschen gegen die Macht mobilisieren zu können? Erich Kästner, der selbst Kabarettautor war, charakterisierte Tucholsky nach dem Krieg als jemanden, der mit der Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten wolle.
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