Kurznachrichten 1/04/2015 – Interessantes
Ökonom Tomáš Sedlácek im Interview mit dem Deutschlandfunk
„Kolbe: Die ganze Welt glaubt also an ein Wirtschaftssystem, von dem Sie denken, dass es falsch ist?
Sedlácek: Manchmal sagen meine Kollegen: Tomáš, Du bist naiv und romantisch. Und dann sage ich: ja, stimmt, beides! Aber mal ehrlich: Wer ist hier naiv? Dann doch ihr! Ihr glaubt, dass Menschen rationell handeln. Und ihr reduziert sie dann allein auf das Streben nach Profit. Das ist doch naiv. Oder auch der Glauben daran, dass die Wirtschaft immer weiter wachsen wird, Jahr für Jahr. Woher habt ihr das? Stand das in den Himmel geschrieben oder in der Bibel? Was habt ihr geraucht oder geträumt? Es gibt nichts in der Geschichte der Ökonomie, dass belegt, dass die Wirtschaft immer weiter wächst. Und trotzdem bauen wir unsere Gesellschaft – unsere Sozialsysteme, die Renten, einfach alles! – auf diese Annahme hin, dass die Wirtschaft jedes Jahr wächst. Das ist, als würde man ein Schiff bauen unter der Annahme, dass immer schönes Wetter ist. Das wird kein gutes Schiff. Nicht, dass ich etwas gegen schönes Wetter hätte. Aber es wäre naiv und dumm – ja geradezu fahrlässig. So ist es auch mit der Ökonomie. Die hat viel mehr mit Mythologie zu tun, mit Religion, Philosophie und Theologie – als mit einer exakten Wissenschaft.“
Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/kapitalismuskritiker-sedlacek-was-habt-ihr-geraucht.769.de.html?dram%3Aarticle_id=315730
Müssen GEZ, Finanzamt und Behörden Bargeld zur Zahlung von Schulden akzeptieren?
„Die Währungsturbulenzen des Euro werfen Fragen auf, die für Beunruhigung sorgen. Rund 80% aller Zahlungsvorgänge im Handel in Deutschland werden nach wie vor durch die Nutzung des einzigen gesetzlichen Zahlungsmittels vorgenommen: dem Bargeld. Doch Forderungen von Experten, welche dessen Abschaffung fordern nehmen zu. Darüber hinaus stiften staatliche Einrichtungen Verwirrung durch die Weigerung der Annahme von Bargeld.
Als gesetzliches Zahlungsmittel bezeichnet man das Zahlungsmittel, das in einem Währungsraum kraft Gesetzes von jedermann zur Begleichung einer Geldschuld akzeptiert werden muss. In Deutschland, wie in allen anderen Mitgliedstaaten der EU sind dies Banknoten und Münzen. Der Euro ist seit 1. Januar 2002 alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel: Jeder Gläubiger muss die Zahlung von Euro zur Begleichung von Geldschulden akzeptieren.
Handelsblatt-Redakteur Norbert Häring wollte sich diesen Umstand zunutze machen und erkor die in Kritik geratene Beitragsfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien zum Labor aus. Er teilte diesen mit, dass er seinen Beitrag mit Bargeld begleichen wolle und erbat Hinweise, wie das geschehen könne. Doch GEZ-Gebühren dürfen laut dem zuständigen Beitragsservice nur unbar bezahlt werden. Man berufe sich dabei auch auf die entsprechenden Erlasse für die Zahlung von Steuerschulden und sonstigen Abgaben, bei denen die Barzahlung ebenfalls nicht möglich sei. Doch wozu ein gesetzliches Zahlungsmittel, wenn Einrichtungen des Gesetzgebers selbst es zur Begleichung einer Geldschuld nicht akzeptieren?
Für den Währungsrechtler Helmut Siekmann von der Universität Frankfurt steht fest: „Die Länder haben nicht die Zuständigkeit, die Verwendung von gesetzlichen Zahlungsmitteln einzuschränken.“ Es gehöre zum Wesen des gesetzlichen Zahlungsmittels, dass es zur Begleichung von öffentlichen Abgaben verwendet werden kann.
Nachdem der Fall zu öffentlichem Aufsehen, vor allem in den Sozialen Netzwerken führte, kam es jetzt zu einer Stellungnahme des Beitragsservice. Demnach sei es sehr wohl möglich, seinen Beitrag in bar zu bezahlen. Die dabei entstehenden Kosten (zwischen 5,- und 15,- €) habe jedoch der Zahlungspflichtige zu tragen. Das steht für Rechtsexperten im Widerspruch zum Zweck eines gesetzlichen Zahlungsmittels. Die Vorteile seien ausgehebelt und werfen grundsätzliche Fragen auf. Die Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit Bargeld könnte in naher Zukunft noch zu weiteren, sich zu Massen aufschaukelnden Protestaktionen gegen unliebsame Einrichtungen und behördliche Willkür führen. In Kreisen der Entscheidungsträger dürfte man gut beraten sein, die Sorgen der Bürger ernster zu nehmen.“
Bezugnahme: http://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge/altersvorsorge-sparen/mit-bargeld-rundfunkbeitrag-bezahlen-beitragsservice-reagiert-auf-handelsblatt-experiment/11903228.html
„Der freie Markt erlaubt Dir, die Preise zu akzeptieren, die man dir diktiert.
Die Meinungsfreiheit erlaubt dir, denjenigen zuzuhören, die in deinem Namen ihre Meinung äußern.
Die Freiheit der Wahl erlaubt dir, die Soße zu wählen, mit der du gegessen werden möchtest.“
Eduardo Galeano
„Wandelnde Worte –
Von Träumen, Maismenschen und Erzengeln“
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