Ungleichgewicht: Das neue Einmaleins

Eine syste­mi­sche Diagno­se dieses Komple­xes ist dage­gen nicht ganz so einfach. Sie betrach­tet nicht nur, was beim Staats­haus­halt unterm Strich steht, sondern analy­siert auch, wie sich die Salden von Privat­haus­hal­ten, Unter­neh­men und Staat zuein­an­der verhal­ten. Denn in jedem Wirt­schafts­sys­tem kann ein Akteur nur so viel Geld schul­den, wie der andere spart und dann verleiht: Die Summe aller Über­schüs­se und Defi­zi­te ist Null.

Was kann daraus folgen, wenn es um die Lösung des Problems der Über­schul­dung geht?
Doch nur, dass wir uns Gedan­ken um die Redu­zie­rung der Geld­ver­mö­gen machen müssen. Eine zurück­ge­hen­de Verschul­dung gibt es nur um den Preis zurück­ge­hen­den Geld­ver­mö­gen.
Also muss die nächs­te Frage lauten: Wie entste­hen die Geld­ver­mö­gen?
Bereits im Okto­ber 1993 wusste die Deut­sche Bundes­bank zu berich­ten, dass der Zuwachs der Geld­ver­mö­gen zu 45 (80%) aus „Selbst­a­li­men­ta­ti­on“ erfolgt. Auf Deutsch: Der Zinses­zins­ef­fekt vermehrt die auto­ma­tisch immer weiter wach­sen­den Geld­ver­mö­gen?
Und wer kann Geld­ver­mö­gen auf Dauer stehen und immer weiter wach­sen lassen? Die Reichs­ten der Reichen.
Man sich heute, 17 Jahre später, ausma­len, dass die Selbst­a­li­men­ta­ti­on weiter fort­ge­schrit­ten ist und heute ein noch größe­rer Teil der Geld­ver­mö­gens­zu­wäch­se dadurch zustan­de kommt. Das deckt sich auch mit den mitt­ler­wei­le hinläng­lich bekann­ten Entwick­lun­gen von Armut und Reichtum. 

Wie hoch müsste der Steu­er­satz auf Zins­ge­win­ne sein, um die die weite­re Entwick­lung der Geld­ver­mö­gen zu stop­pen? Alles was unter 100% Steu­ern läge würde das nicht schaf­fen.
Sind 100 % Steu­ern auf „Einkom­men“ realis­tisch? Wohl kaum.
Zins und Zinses­zins sind die trei­ben­den Kräfte unse­res Wirt­schafts­sys­tems. In jeder Hinsicht. Wir haben den Zeit­punkt über­schrit­ten, bis zu dem die reale Wirt­schaft mit der Entwick­lung der Geld­ver­mö­gen Schritt halten konnte.
Jetzt gehen wir jenen Tagen entge­gen, an denen immer mehr Schuld­ner zahlungs­un­fä­hig werden, denn die Zinsen der Schul­den und damit die Bedie­nung der Geld­ver­mö­gen können nur durch Arbeit in der realen Wirt­schaft verdient werden. 

Wir brau­chen ein Geld­sys­tem, in dem es ein zins­be­ding­tes Wachs­tum von Geld­ver­mö­gen nicht mehr gibt. Das brau­chen wir schnell. Dane­ben brau­chen wir Stra­te­gien, wie wir mit den bereits entstan­de­nen bedroh­li­chen Ungleich­ge­wich­ten von Geld­ver­mö­gen und Schul­den umge­hen.
Ein Abschmel­zen wäre durch einma­li­ge Vermö­gens­ab­ga­ben und Schul­den­er­las­se möglich, aber auch durch gere­gel­te Insol­ven­zen zahlungs­un­fä­hi­ger Schuld­ner, wie Banken oder ganze Staaten. 

Über uns hängt ein Damo­kles­schwert. Es wird glück­li­cher­wei­se von immer mehr Denkern als solches erkannt. Jetzt braucht es den poli­ti­schen Mut für einschnei­den­de, syste­mi­sche Reformen.

Posted via email from HUMANE-WIRTSCHAFT

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