Mythos Geldschöpfung – Felix Fuders

Können Banken Geld aus dem Nichts erschaffen?
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I. Einleitung
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Eigent­lich ist es erstaun­lich, wie viel Verwir­rung in der Wissen­schaft bezüg­lich des Themas Geld­schöp­fung herrscht. Obwohl die meis­ten ökono­mi­schen Model­le Preise in Geld­ein­hei­ten ausdrü­cken, herrscht viel Unkennt­nis darüber, was Geld eigent­lich ist, und wie es entsteht. Dieses Unwis­sen ist ein wesent­li­cher Grund für die Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen über die Ursa­chen der regel­mä­ßig wider­keh­ren­den Finanz­kri­sen, der Ungleich­ver­tei­lung der Vermö­gen und auch des Wachs­tums­zwangs der Wirt­schaft und der damit einher­ge­hen­den Umwelt­über­be­las­tung. Bei dem klei­nen Anteil derje­ni­gen Wissen­schaft­ler, die sich mit dem Thema Geld­schöp­fung befas­sen, gibt es offen­bar zwei Strö­mun­gen. Beide Strö­mun­gen sind sich zwar einig darüber, dass die Zentral­bank nur einen klei­nen Teil der Geld­men­ge produ­ziert (Zentral­bank­geld), während der aller­größ­te Teil der Geld­men­ge durch Kredit­ver­ga­be entsteht. Wie letz­te­res von stat­ten geht, ist aber ein Streit­punkt in der Lehre. Während die eine Sicht­wei­se davon ausgeht, dass sich die Geld­men­ge im Banken­sek­tor als Ganzes durch die Verga­be von Kredi­ten und die späte­re Einla­ge dieser Gelder in ande­ren Banken erhöht (Geld­schöp­fungs­mul­ti­pli­ka­tor), so geht die andere Sicht­wei­se davon aus, dass Banken Geld aus dem Nichts (ex nihilo) erzeu­gen und dabei ledig­lich durch die von der Zentral­bank aufer­leg­te Mindest­re­ser­ve­an­for­de­rung limi­tiert werden.
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Die beiden Sicht­wei­sen sollen im Folgen­den kurz skiz­ziert werden. Anschlie­ßend wird der Frage nach­ge­gan­gen werden, warum es eigent­lich zu den Miss­ver­ständ­nis­sen kommt. Wir werden zu dem Schluss kommen, dass die Theo­rie der „Geld­schöp­fung aus dem Nichts“ auf einer Fehl­in­ter­pre­ta­ti­on eines Buchungs­sat­zes beruht. Anschlie­ßend wird unter­sucht, inwie­fern der Vorschlag einer Mindest­re­ser­ve von 100 % der Stabi­li­tät unse­res Finanz­sys­tems dien­lich ist.
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II. Der Geldschöpfungsprozess
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1. Geld­ent­ste­hung durch den
Geldschöpfungsmultiplikator
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Schon in der Schule bekom­men wir beigebracht, dass Banken die Gelder ihrer Kunden verlei­hen. Dabei besteht das Geschäfts­mo­dell eines Kredit­in­sti­tuts im Wesent­li­chen darin, die Kunden­gel­der zu einem höhe­ren Zins­satz zu verlei­hen, als die Bank ihren Kunden auf die Einla­gen zahlt. Was wir in der Schule in der Regel nicht lernen, ist, dass sich dabei die Geld­men­ge als Ganzes erhöht, jeden­falls dann, wenn man Geld, so wie es die Zentral­ban­ken und Lehr­bü­cher tun, als Summe des umlau­fen­den Bargel­des zuzüg­lich der kurz- und mittel­fris­ti­gen Buch­gel­der versteht (so genann­te Geld­men­ge M3). Inter­es­sant ist in diesem Zusam­men­hang der Ursprung des deut­schen Wortes „Geld“. Geld bezeich­net ursprüng­lich das, womit man Buße und Opfer erstat­ten kann, und nimmt erst ab dem 14. Jahr­hun­dert seine aktu­el­le Bedeu­tung als gesetz­li­ches Zahlungs­mit­tel an. Geld kommt also von vergel­ten, eine Schuld begleichen.
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Wenn jemand, der z. B. 100 € besitzt, dieses Geld auf die Bank bringt, nennen wir sie “Bank 1” (vgl. Schau­bild 1), dann wird die Bank dieses Geld, abzüg­lich einer klei­nen Reser­ve, einem ihrer Kunden verlei­hen. Die Bank kann nicht alle ihre Verbind­lich­kei­ten ande­ren Kunden auslei­hen, da sie eini­ges von den Einla­gen noch als Barre­ser­ve zurück­hal­ten muss, um liqui­de zu sein, wenn die Eigen­tü­mer der Gutha­ben diese verfü­gen wollen. Nehmen wir an, dass die Bank eine Reser­ve von 10 % hält. Sie wird dann also 90 € einem ihrer Kunden auslei­hen, während aber die ursprüng­li­chen 100 € immer noch als Gutha­ben des Kunden in der “Bank 1” zur (vermeint­li­chen) Verfü­gung stehen. Der Kredit­neh­mer, der die 90 € als Kredit ausge­lie­hen bekommt, wird das Geld irgend­wo ausge­ben. Viel­leicht kauft er sich ein neues Handy. Der Handy-Verkäu­fer bringt die 90 € nun zu seiner Bank, nennen wir sie “Bank 2”. Die ursprüng­lich 100 € vermehr­ten sich nun also zu 190 € Bank­gut­ha­ben. Bank 2 wird dassel­be tun wie die Bank 1. Sie wird die Einla­gen von 90 € unter Zurück­be­hal­tung einer Reser­ve weiter verlei­hen, wodurch die Geld­men­ge weiter wächst. Wenn alle Banken eine Liqui­di­täts­re­ser­ve von 10 % der Einla­gen halten, so können aus den ursprüng­lich 100 €, die von der Zentral­bank in Umlauf gebracht wurden, bis zu 1.000 € werden. Bei einer heute nicht unüb­li­chen Reser­ve von 1 % können daraus 10.000 € werden. Dieser Mecha­nis­mus der Kredit­geld­schöp­fung, der auch Geld­schöp­fungs­mul­ti­pli­ka­tor genannt wird (im Engli­schen money multi­pli­er), ist sehr bekannt, und es ist derje­ni­ge, der am ehes­ten der Wahr­heit entspricht.
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Der Geld­schöp­fungs­pro­zess entsteht hier also dadurch, dass Geld ausge­lie­hen wird, das eigent­lich ein Sicht­gut­ha­ben darstellt. Der Bank­kun­de weiß in der Regel nicht, dass die Bank sein Geld auf dem Giro­kon­to verleiht. Möglich ist dies auch nur, weil immer nur ein klei­ner Teil der Gelder in bar verfügt wird. Die Bank macht sich diese Tatsa­che zunut­ze und verleiht den Rest. Banken verlei­hen Sicht­gut­ha­ben beson­ders gerne, weil sie den Kunden keine oder nur wenige Zinsen zahlen, weshalb die Zins­mar­ge bei Kredi­ten, die aus Sicht­ein­la­gen verge­ben werden, beson­ders groß ist. – - – mehr online 

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