Brezel Logik – Dietrich Heißenbüttel
Eine Ausstellung im Kunstverein Neuhausen bei Stuttgart versprach „neue Sichtweisen auf Tauschmittel, Finanzwelt und Ökonomie“. Was Ökonomen und Künstler zu diesem Thema zu sagen haben, wäre von höchstem Interesse für unsere Wirtschaft und Politik. – - –
„Our mind into a Brezel“ – Ausstellung vom 16. 10. bis 4. 12. 2016 – Ein Bericht
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Die Bären gähnen. Sie sitzen auf der Anklagebank und langweilen sich. Sie wissen, es wird ihnen nichts passieren. Denn „die Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise sind vielfältig und einfache Schuldzuweisungen nicht möglich.“ Das behauptet zumindest die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) auf ihrer Homepage. Dabei war der Abschlussbericht der Financial Crisis Inquiry Commission (FCIC) über die Krise im Jahr 2008, den die bpb gleich im ersten Absatz zitiert, durchaus zu dem Ergebnis gekommen, die Krise sei durch „menschliche Taten und Tatenlosigkeit verursacht worden.“ Die Bären, gezeichnet von Zanny Begg, tragen Goldkettchen um den Hals, an denen die Logos der Großbanken hängen: Citibank, Chase Manhattan, Deutsche Bank, Commerzbank. Es sind die Börsen-Bären, die für die Baisse, den „Bärenmarkt“ verantwortlich sind und die doch nichts zu befürchten haben. – - –
„Es war die dümmste Reaktion einer Regierung auf eine Bankenkrise in der Weltgeschichte“, so beschreibt William K. Black im Video von Oliver Ressler, in dem diese Bären immer wieder mal auftauchen, die irische Reaktion. Die Banken hatten ihr Geld in angeblich hoch riskante Anlagen gesteckt. „Und die irische Regierung beschließt, dass das irische Volk die Garantie für alle Schulden der Banken übernimmt.“ Freundlich lachend über diese Absurdität fährt der Kriminologe für Wirtschaftsverbrechen fort: „Also, die Banken sind bankrott. Bankrotte Banken sollten ihre Gläubiger nicht alle auszahlen. Das ist das Abkommen, das die Gläubiger eingehen. Die Gläubiger sagen: Wir leihen Ihnen Geld. Wir wissen, dass es keine Sicherheiten gibt. Dafür müssen Sie uns höhere Zinsen zahlen. Um uns vor diesem Risiko zu schützen. Wenn wir uns getäuscht haben, wenn sich herausstellt, dass wir einer bankrotten Bank Geld geliehen haben, werden wir den Verlust zu tragen haben.“ Die wichtigsten Gläubiger waren die deutschen Banken, präzisiert Black, auch die Landesbanken: „Und die irische Regierung war so verrückt, dass sie sogar die nachrangigen Darlehen auszahlte“ – die nämlich erst bedient werden sollten, nachdem alle anderen Schuldner an die Reihe gekommen sind. Genau diese bediente die irische Regierung zuerst: „Vollkommen gegen jede Logik.“
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Das Video von Oliver Ressler und Zanny Begg, das in der Ausstellung im Kunstverein Neuhausen zu sehen ist, beleuchtet die Ursachen der Krise, die Millionen von Amerikanern ihr Eigenheim gekostet und halb Südeuropa arbeitslos gemacht hat. „Die häufigste Ursache katastrophaler Bankenzusammenbrüche in den Vereinigten Staaten“, erklärt Black weiter, „war immer Insider-Betrug, den wir als Wirtschaftskriminologen auch Kontrollbetrug nennen. Die bevorzugte Waffe dafür in der Finanzwelt ist die Buchhaltung.“ Kontrollbetrug, sekundiert Yves Smith, die Autorin des Blogs Naked Capitalism, besteht darin, die Bilanzen besser aussehen zu lassen als sie sind. Tiffiniy Cheng, Koordinatorin der Kampagne „A New Way Forward“, und Gerald Epstein, Co-Direktor des wirtschaftspolitischen Forschungsinstituts in Amherst, Massachusetts, kommen als weitere Experten zu Wort, während im Hintergrund vor einem gezeichneten Fenster Luftballons aufsteigen und platzen. Die Fakten kann man genauso gut irgendwo nachlesen. Während aber bei Stichworten wie Subprime-Krise oder Derivate die meisten schnell abschalten, macht die humorvolle Aufbereitung Lust, weiter zuzuhören. Die Bodenlosigkeit von krimineller Energie, Unverschämtheit, Inkompetenz und Ignoranz tritt so erst richtig vor Augen. Besser ist die Finanzkrise wohl nie dargestellt worden. …
„Our mind into a Brezel“ – Ausstellung vom 16. 10. bis 4. 12. 2016 – Ein Bericht
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Die Bären gähnen. Sie sitzen auf der Anklagebank und langweilen sich. Sie wissen, es wird ihnen nichts passieren. Denn „die Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise sind vielfältig und einfache Schuldzuweisungen nicht möglich.“ Das behauptet zumindest die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) auf ihrer Homepage. Dabei war der Abschlussbericht der Financial Crisis Inquiry Commission (FCIC) über die Krise im Jahr 2008, den die bpb gleich im ersten Absatz zitiert, durchaus zu dem Ergebnis gekommen, die Krise sei durch „menschliche Taten und Tatenlosigkeit verursacht worden.“ Die Bären, gezeichnet von Zanny Begg, tragen Goldkettchen um den Hals, an denen die Logos der Großbanken hängen: Citibank, Chase Manhattan, Deutsche Bank, Commerzbank. Es sind die Börsen-Bären, die für die Baisse, den „Bärenmarkt“ verantwortlich sind und die doch nichts zu befürchten haben. – - –
„Es war die dümmste Reaktion einer Regierung auf eine Bankenkrise in der Weltgeschichte“, so beschreibt William K. Black im Video von Oliver Ressler, in dem diese Bären immer wieder mal auftauchen, die irische Reaktion. Die Banken hatten ihr Geld in angeblich hoch riskante Anlagen gesteckt. „Und die irische Regierung beschließt, dass das irische Volk die Garantie für alle Schulden der Banken übernimmt.“ Freundlich lachend über diese Absurdität fährt der Kriminologe für Wirtschaftsverbrechen fort: „Also, die Banken sind bankrott. Bankrotte Banken sollten ihre Gläubiger nicht alle auszahlen. Das ist das Abkommen, das die Gläubiger eingehen. Die Gläubiger sagen: Wir leihen Ihnen Geld. Wir wissen, dass es keine Sicherheiten gibt. Dafür müssen Sie uns höhere Zinsen zahlen. Um uns vor diesem Risiko zu schützen. Wenn wir uns getäuscht haben, wenn sich herausstellt, dass wir einer bankrotten Bank Geld geliehen haben, werden wir den Verlust zu tragen haben.“ Die wichtigsten Gläubiger waren die deutschen Banken, präzisiert Black, auch die Landesbanken: „Und die irische Regierung war so verrückt, dass sie sogar die nachrangigen Darlehen auszahlte“ – die nämlich erst bedient werden sollten, nachdem alle anderen Schuldner an die Reihe gekommen sind. Genau diese bediente die irische Regierung zuerst: „Vollkommen gegen jede Logik.“
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Das Video von Oliver Ressler und Zanny Begg, das in der Ausstellung im Kunstverein Neuhausen zu sehen ist, beleuchtet die Ursachen der Krise, die Millionen von Amerikanern ihr Eigenheim gekostet und halb Südeuropa arbeitslos gemacht hat. „Die häufigste Ursache katastrophaler Bankenzusammenbrüche in den Vereinigten Staaten“, erklärt Black weiter, „war immer Insider-Betrug, den wir als Wirtschaftskriminologen auch Kontrollbetrug nennen. Die bevorzugte Waffe dafür in der Finanzwelt ist die Buchhaltung.“ Kontrollbetrug, sekundiert Yves Smith, die Autorin des Blogs Naked Capitalism, besteht darin, die Bilanzen besser aussehen zu lassen als sie sind. Tiffiniy Cheng, Koordinatorin der Kampagne „A New Way Forward“, und Gerald Epstein, Co-Direktor des wirtschaftspolitischen Forschungsinstituts in Amherst, Massachusetts, kommen als weitere Experten zu Wort, während im Hintergrund vor einem gezeichneten Fenster Luftballons aufsteigen und platzen. Die Fakten kann man genauso gut irgendwo nachlesen. Während aber bei Stichworten wie Subprime-Krise oder Derivate die meisten schnell abschalten, macht die humorvolle Aufbereitung Lust, weiter zuzuhören. Die Bodenlosigkeit von krimineller Energie, Unverschämtheit, Inkompetenz und Ignoranz tritt so erst richtig vor Augen. Besser ist die Finanzkrise wohl nie dargestellt worden. …
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