Unsere Demokratie und das Trojanische Pferd – Siegfried Wendt
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1. Was ist Demokratie?
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Demokratie ist ein Sammelbegriff für bestimmte kulturell entwickelte Organisationsformen zur Regelung des Zusammenlebens von Menschen. Die Bezeichnung „Demokratie“ ist griechischen Ursprungs und bedeutet Volksherrschaft.
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Bekannte deutsche Kompositionsbegriffe, in denen der Begriff Demokratie vorkommt, sind beispielsweise Deutsche Demokratische Republik, Christlich-Demokratische Union, Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Freie Demokratische Partei
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Es wäre allerdings nicht korrekt, dem Begriff der Demokratie dadurch näher kommen zu wollen, dass man nach einer Eigenschaft sucht, die all den Organisationsformen gemeinsam ist, die das Wort Demokratie in ihrem Namen führen. Denn „nicht überall, wo Demokratie draufsteht, ist auch Demokratie drin“!
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Im Unterschied zu einem Bienen-oder Ameisenstaat, in dem bereits durch die Geburt festgelegt ist, welche Aufgaben eine Biene oder Ameise im Laufe ihres Lebens wahrzunehmen hat, wird die spätere Rolle eines Menschen in der Gemeinschaft nur in einem äußerst geringen Maße durch das Fehlen oder Vorhandensein bestimmter angeborener Eigenschaften eingeschränkt. So wird sicher aus einem blind geborenen Knaben später kein genialer Kunstmaler à la Picasso werden, und ein intellektuell unterdurchschnittlich begabtes Mädchen wird es nicht zu einer großartigen Forscherin und Wissenschaftlerin bringen.
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Beim Menschen entscheidet im Wesentlichen nicht die Biologie, sondern die kulturelle Situation, in die er hineingeboren wird, darüber, welche Wege ihm offenstehen.
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Ein wesentliches Kennzeichen der jeweiligen kulturellen Situation ist das Gewicht, das der Vererbung bestimmter Eigenschaften beigemessen wird. In der vorliegenden Betrachtung geht es vor allem um die Fähigkeit, das eigene Wohl möglichst immer dem Allgemeinwohl nachzuordnen und vor jeder politischen Entscheidung möglichst alle wesentlichen Vor- und Nachteile der zur Wahl stehenden Alternativen klar zu erkennen und uneigennützig gegeneinander abzuwägen.
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Es gab tatsächlich einmal eine Zeit, da hatten es die aktuellen Machthaber geschafft, die große Mehrheit ihrer Untertanen von der hundertprozentigen Vererbbarkeit dieser Fähigkeit zu überzeugen, so dass es als ganz selbstverständlich akzeptiert wurde, dass die politische Macht jeweils von den Eltern auf deren Kinder weitergegeben wurde. Die Herrschenden bezeichneten sich als „adlig“, und ihnen stand die große Masse der nicht adligen Untertanen gegenüber. Innerhalb des Adels gab es auch noch eine streng definierte Abstufung, worin die höchste Position einem König oder gar Kaiser zukam, der seine Stellung als „von Gottes Gnaden“ gegeben rechtfertigte.
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An diese Zeiten werde ich immer wieder erinnert, wenn ich mir die Zähne putze. Denn da benutze ich einen Porzellanbecher mit der Aufschrift: „Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.“
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Es ist allerdings kein Wunder, dass das nichtadlige Volk eines Tages begann, an der Gottgegebenheit dieser Machtverteilung zu zweifeln. Allerdings durfte man nicht erwarten, dass der Adel freiwillig auf seine Privilegien verzichtete. Es ist ganz natürlich, dass der Adel seine Macht nutzte, um seine Vormachtstellung zu verteidigen, und zwar nicht dadurch, dass er versuchte, das Volk von der Gottgegebenheit der alten Ordnung zu überzeugen, sondern einfach durch die Anwendung seiner Macht. Wenn also das Volk die Machtverteilung ändern wollte, konnte es dies nicht innerhalb der bestehenden Gesetze erreichen, sondern musste die Gesetze brechen und „rohe Gewalt“ anwenden. So kam es 1789 zur französischen Revolution und danach zu all den anderen Revolutionen, die letztlich zur vollständigen Entmachtung des Adels führten.
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Unabhängig davon, wie die jeweiligen Machthaber zu ihrer Macht gelangt sind, versuchen auch heute noch viele von ihnen, durch ihre Machtausübung sicherzustellen, dass möglichst wenig von ihrer Macht an das Volk „verloren geht“, sondern das meiste innerhalb „ihrer Kreise“ weitergegeben wird. Das ist selbstverständlich nicht im Interesse der großen Mehrheit der Beherrschten. Diese können die Regeln, nach denen der Prozess der Verteilung von Macht innerhalb ihrer Gemeinschaft ablaufen soll, nur akzeptieren, wenn das Ergebnis des Prozesses grundsätzlich „offen“ ist und keine einseitigen Privilegien festgeschrieben sind.
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Das bedeutet, dass die Regeln dem Volk die Möglichkeit bieten müssen, die jeweiligen Machthaber inklusive ihres Klüngels gewaltlos zu entmachten. Der Philosoph Karl Popper (1902 – 1994) hat dies als das wesentliche Kriterium herausgestellt, welches darüber entscheidet, ob eine Organisationsform als Demokratie bezeichnet werden kann oder nicht.
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Allerdings wird die konkrete Ausgestaltung einer demokratischen Organisationsform durch das Poppersche Demokratiekriterium nicht vollständig festlegt, denn es bleibt ja die Frage offen, wer nun die Macht bekommen soll, nachdem die bisherigen Machthaber entmachtet sind. Festzulegen, wer die Machtnachfolger sein sollen, ist viel schwieriger als die bisherigen Machthaber zu entmachten. Denn ob die Entmachtung geschehen soll oder nicht, ist eine klare Binärentscheidung, bei der nur zwischen ja und nein entschieden werden muss. Dagegen muss bei der Nachfolgerfrage zuerst einmal eine Menge möglicher alternativer Kandidaten gefunden werden, aus der dann anschließend diejenigen auszuwählen sind, denen die Macht übertragen werden soll.
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Eine mögliche Form der Kandidatenfindung und Machtvergabe ist die sog. Parteiendemokratie, die seit dem Ende des zweiten Weltkriegs das politische Geschehen in Deutschland bestimmt. Es ist an dieser Stelle unnötig, diese Form zu beschreiben, denn jeder wahlberechtigte Deutsche sollte mehr oder weniger genau mit dieser Demokratieform vertraut sein.
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1. Was ist Demokratie?
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Demokratie ist ein Sammelbegriff für bestimmte kulturell entwickelte Organisationsformen zur Regelung des Zusammenlebens von Menschen. Die Bezeichnung „Demokratie“ ist griechischen Ursprungs und bedeutet Volksherrschaft.
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Bekannte deutsche Kompositionsbegriffe, in denen der Begriff Demokratie vorkommt, sind beispielsweise Deutsche Demokratische Republik, Christlich-Demokratische Union, Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Freie Demokratische Partei
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Es wäre allerdings nicht korrekt, dem Begriff der Demokratie dadurch näher kommen zu wollen, dass man nach einer Eigenschaft sucht, die all den Organisationsformen gemeinsam ist, die das Wort Demokratie in ihrem Namen führen. Denn „nicht überall, wo Demokratie draufsteht, ist auch Demokratie drin“!
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Im Unterschied zu einem Bienen-oder Ameisenstaat, in dem bereits durch die Geburt festgelegt ist, welche Aufgaben eine Biene oder Ameise im Laufe ihres Lebens wahrzunehmen hat, wird die spätere Rolle eines Menschen in der Gemeinschaft nur in einem äußerst geringen Maße durch das Fehlen oder Vorhandensein bestimmter angeborener Eigenschaften eingeschränkt. So wird sicher aus einem blind geborenen Knaben später kein genialer Kunstmaler à la Picasso werden, und ein intellektuell unterdurchschnittlich begabtes Mädchen wird es nicht zu einer großartigen Forscherin und Wissenschaftlerin bringen.
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Beim Menschen entscheidet im Wesentlichen nicht die Biologie, sondern die kulturelle Situation, in die er hineingeboren wird, darüber, welche Wege ihm offenstehen.
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Ein wesentliches Kennzeichen der jeweiligen kulturellen Situation ist das Gewicht, das der Vererbung bestimmter Eigenschaften beigemessen wird. In der vorliegenden Betrachtung geht es vor allem um die Fähigkeit, das eigene Wohl möglichst immer dem Allgemeinwohl nachzuordnen und vor jeder politischen Entscheidung möglichst alle wesentlichen Vor- und Nachteile der zur Wahl stehenden Alternativen klar zu erkennen und uneigennützig gegeneinander abzuwägen.
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Es gab tatsächlich einmal eine Zeit, da hatten es die aktuellen Machthaber geschafft, die große Mehrheit ihrer Untertanen von der hundertprozentigen Vererbbarkeit dieser Fähigkeit zu überzeugen, so dass es als ganz selbstverständlich akzeptiert wurde, dass die politische Macht jeweils von den Eltern auf deren Kinder weitergegeben wurde. Die Herrschenden bezeichneten sich als „adlig“, und ihnen stand die große Masse der nicht adligen Untertanen gegenüber. Innerhalb des Adels gab es auch noch eine streng definierte Abstufung, worin die höchste Position einem König oder gar Kaiser zukam, der seine Stellung als „von Gottes Gnaden“ gegeben rechtfertigte.
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An diese Zeiten werde ich immer wieder erinnert, wenn ich mir die Zähne putze. Denn da benutze ich einen Porzellanbecher mit der Aufschrift: „Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.“
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Es ist allerdings kein Wunder, dass das nichtadlige Volk eines Tages begann, an der Gottgegebenheit dieser Machtverteilung zu zweifeln. Allerdings durfte man nicht erwarten, dass der Adel freiwillig auf seine Privilegien verzichtete. Es ist ganz natürlich, dass der Adel seine Macht nutzte, um seine Vormachtstellung zu verteidigen, und zwar nicht dadurch, dass er versuchte, das Volk von der Gottgegebenheit der alten Ordnung zu überzeugen, sondern einfach durch die Anwendung seiner Macht. Wenn also das Volk die Machtverteilung ändern wollte, konnte es dies nicht innerhalb der bestehenden Gesetze erreichen, sondern musste die Gesetze brechen und „rohe Gewalt“ anwenden. So kam es 1789 zur französischen Revolution und danach zu all den anderen Revolutionen, die letztlich zur vollständigen Entmachtung des Adels führten.
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Unabhängig davon, wie die jeweiligen Machthaber zu ihrer Macht gelangt sind, versuchen auch heute noch viele von ihnen, durch ihre Machtausübung sicherzustellen, dass möglichst wenig von ihrer Macht an das Volk „verloren geht“, sondern das meiste innerhalb „ihrer Kreise“ weitergegeben wird. Das ist selbstverständlich nicht im Interesse der großen Mehrheit der Beherrschten. Diese können die Regeln, nach denen der Prozess der Verteilung von Macht innerhalb ihrer Gemeinschaft ablaufen soll, nur akzeptieren, wenn das Ergebnis des Prozesses grundsätzlich „offen“ ist und keine einseitigen Privilegien festgeschrieben sind.
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Das bedeutet, dass die Regeln dem Volk die Möglichkeit bieten müssen, die jeweiligen Machthaber inklusive ihres Klüngels gewaltlos zu entmachten. Der Philosoph Karl Popper (1902 – 1994) hat dies als das wesentliche Kriterium herausgestellt, welches darüber entscheidet, ob eine Organisationsform als Demokratie bezeichnet werden kann oder nicht.
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Allerdings wird die konkrete Ausgestaltung einer demokratischen Organisationsform durch das Poppersche Demokratiekriterium nicht vollständig festlegt, denn es bleibt ja die Frage offen, wer nun die Macht bekommen soll, nachdem die bisherigen Machthaber entmachtet sind. Festzulegen, wer die Machtnachfolger sein sollen, ist viel schwieriger als die bisherigen Machthaber zu entmachten. Denn ob die Entmachtung geschehen soll oder nicht, ist eine klare Binärentscheidung, bei der nur zwischen ja und nein entschieden werden muss. Dagegen muss bei der Nachfolgerfrage zuerst einmal eine Menge möglicher alternativer Kandidaten gefunden werden, aus der dann anschließend diejenigen auszuwählen sind, denen die Macht übertragen werden soll.
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Eine mögliche Form der Kandidatenfindung und Machtvergabe ist die sog. Parteiendemokratie, die seit dem Ende des zweiten Weltkriegs das politische Geschehen in Deutschland bestimmt. Es ist an dieser Stelle unnötig, diese Form zu beschreiben, denn jeder wahlberechtigte Deutsche sollte mehr oder weniger genau mit dieser Demokratieform vertraut sein.
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