Schuldbefreiung – Editorial

Schul­den sind eine proble­ma­ti­sche Sache. Es gibt kaum jeman­den, der keine hat. Man mag schul­den­frei sein und ist trotz­dem mit ihnen belas­tet, weil zum Beispiel die Stadt, in der man lebt, verschul­det ist. Im Unter­neh­men, für das man arbei­tet, sind Kredi­te bei Banken eine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Das bleibt nicht ohne Auswir­kun­gen auf den eige­nen Arbeits­platz. Ganz zu schwei­gen von Staats­schul­den. Stän­dig tauchen sie in Zeitungs­be­rich­ten, Nach­rich­ten und Diskus­sio­nen auf. Deutsch­land belas­ten mehr als zwei Billio­nen Euro, aber auch die erdrü­cken­den Schul­den Grie­chen­lands haben Folgen, die jeden Euro­pä­er tref­fen. Unter der welt­wei­ten Käse­glo­cke dieser inein­an­der verschach­tel­ten Schuld­ver­hält­nis­se leben wir alle. Dabei enden Gesprä­che meist, wie solche über den Nebel in London oder den Regen in Wupper­tal: Gut, dass wir darüber geplau­dert haben, ändern können wir ohne­hin nichts.
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Um der baby­lo­ni­schen Verwir­rung noch die Krone aufzu­set­zen, schwelt zwischen Geld- und Finanz­ex­per­ten Streit über die Frage, wie Schul­den entstehen!
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Aus dem Nichts behaup­ten die einen; weil Über­schüs­se Einzel­ner im Wirt­schafts­kreis­lauf nicht konsu­miert, sondern gespart werden die ande­ren. Einig sind die Theo­rie­kon­tra­hen­ten nur in einem Punkt: Es gibt keine Schul­den ohne Gutha­ben in genau glei­cher Höhe. Deren Verbleib ist weit­aus nebu­lö­ser. Nur eines steht außer Zwei­fel: Ein paar Wenige welt­weit, schei­nen über eine Art Geld­ma­gnet zu verfü­gen. Ihre immensen Vermö­gen ziehen mit schein­bar stär­ker werden­der Kraft immer noch mehr an.
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Egal, wer im Theo­rien­streit recht haben mag, eines liegt doch auf der Hand: Das Schul­den-Geld­ver­mö­gens-Gefüge erzeugt ein alles Leben beein­flus­sen­des Klima. Eines, das niemand haben will. Die Natur kann nicht mitre­den. Sie erlei­det ihr Schick­sal der Ausbeu­tung und „hono­riert“ das mensch­li­che Stre­ben nach ewigem Wirt­schafts­wachs­tum mit stei­gen­der Wärme. Wer ist schuld an dem Schla­mas­sel? Das Team der HUMANEN WIRTSCHAFT fand die Antwort heraus und setzte die Erkennt­nis „reiße­risch“ auf der Titel­sei­te um. Damit tref­fen wir den Trend der Zeit. Das Aufein­an­der-Zeigen, die Welt in Gut und Böse teilen, nur Schwarz und Weiß sehen ist poli­ti­scher und gesell­schaft­li­cher Mode­trend des begin­nen­den drit­ten Jahr­tau­sends. Wer anders sollte auch schuld sein als der Einzelne?
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Die Frage ist für diese Zeit­schrift selbst­ver­ständ­lich rheto­risch. Wir blei­ben der Linie einer ganz­heit­li­chen Sicht auf die Dinge treu. Im Beson­de­ren die Wirt­schaft beweist, dass alles mit allem verbun­den ist. Der im Univer­sum winzi­ge Körper Erde ist ein Gefüge in rela­ti­ver Balan­ce, der in einer Viel­heit von Substan­zen und Elemen­ten lebt. Das Zusam­men­wir­ken, das sich gegen­sei­tig nähren und versorgt werden, bildet einen Plane­ten voller Leben.
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Ein Indi­vi­du­um kann etwas verän­dern, das steht außer Zwei­fel. So gese­hen ist es sinn­voll, sein Schick­sal und das der Welt in die eigene Hand zu nehmen. Wenn viele Millio­nen Menschen Fahr­rä­der, statt Autos mit Verbren­nungs­mo­to­ren benut­zen, dann hat das einen wünschens­wer­ten Effekt. Auf die billi­ge Kurz­flug­rei­se verzich­ten wir eben­falls und von dem Klei­dungs­stück, das unter frag­wür­di­gen Bedin­gun­gen herge­stellt auf einem mit Schwer­öl betrie­be­nen Contai­ner­schiff aus Fern­ost kommt, lassen wir die Finger. Im Schwä­bi­schen soll es bekann­ter­ma­ßen noch ein Textil­un­ter­neh­men geben, das ausschließ­lich in Deutsch­land produ­ziert. Mit welcher Baum­wol­le? Nein, das geht jetzt zu weit!
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Zurück zu den Schul­den und das bedrü­cken­de Klima, das sie erzeu­gen. Eine „Klima­än­de­rung“ schaf­fen wir nur, wenn wir uns gemein­schaft­lich darum kümmern. Die Rolle des Geldes in der Wirt­schaft darf nicht auf den Sezier­tisch selbst­er­nann­ter Exper­ten ausge­la­gert werden. Aus der Erkennt­nis der Verbun­den­heit von allem mit allem, soll­ten wir Verant­wor­tung für die menschen­ge­mach­ten, künst­li­chen Syste­me über­neh­men, die das Zusam­men­le­ben mindes­tens genau­so beein­flus­sen, wie indi­vi­du­el­le Handlungsweisen.
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Folg­lich zum Schluss die Gebrauchs­an­wei­sung für unser Titel­blatt: Nehmen Sie es nicht persön­lich, sondern nutzen Sie es bei einem Tref­fen mit ande­ren. Lassen Sie es im Kreis gehen. Regen Sie an, über Schuld und Schul­den nach­zu­den­ken und darüber, was wir umge­stal­ten müssen, damit wir befreit werden.
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Herz­lich grüßt Ihr Andre­as Bangemann 

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