Richtig rechnen – Buchbesprechung
Die heutigen Unternehmen blendeten in ihren Kennzahlen die sozialen und die ökologischen Auswirkungen ihrer Tätigkeit aus, schreibt Hiß: „Erst dann, wenn die sozialen und ökologischen, das heißt gesamtökonomischen Effekte des Wirtschaftens anhand von faktischen und objektiven Werten in Zahlen in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung und in der Bilanz ersichtlich sind und dadurch die Preise auf den Märkten die ökonomische Wahrheit sagen, kann und wird die Chance bestehen, dass sich der Raubbau umkehrt und Aufbau statt Abbau von Ressourcen zum Grundsatz des Wirtschaftens wird.“ Denn genau das ist Hiß’ Ziel mit seinen Vorschlägen: den Raubbau an natürlichen und sozialen Ressourcen zu beenden und zu einer Wirtschaft des Erhaltens und des Aufbaus zu gelangen.
Aufgrund seines Werdegangs und weil er die Landwirtschaft als die Grundlage des Wirtschaftens schlechthin betrachtet, verdeutlicht der Autor seine Ideen mit praktischen Beispielen aus seinem eigenen Erfahrungsbereich. „Wenn nicht mehr Holz geschlagen wird als nachwächst, wird der Wald nachhaltig bewirtschaftet.“ Dieses Verhalten will Hiss künftig als Maxime der ganzen Wirtschaft sehen. Neben dem Maschinenpark, den Anlagen und dem Betriebskapital sollen künftig auch die Bodenfruchtbarkeit, die Energieherkunft, die genetischen Ressourcen von Nutzpflanzen und Nutztieren, die Versorgungssicherheit, die Biodiversität, die Fertigkeiten und Fähigkeiten, fachliches Wissen und die Zugänglichkeit zum Markt als weitere Vermögenswerte gelten. Wird auf einem Hof eigener Samen gezüchtet, werden Lehrlinge ausgebildet und die Bodenfruchtbarkeit durch sorgsames Pflanzen verbessert, so hat er einen höheren Wert als der gleich große Nachbarbetrieb, der den Samen von den globalen Multis bezieht, ausländische Hilfskräfte beschäftigt und die Böden durch Übernutzung oder Agrochemie schädigt.
Es geht Christian Hiß darum, dass in den Wirtschaftsbilanzen künftig die vollen ökologischen und sozialen Kosten eingeschlossen werden. Dies werde zu einer neuen ökonomischen Logik führen und letztlich eine neue Wirtschaftsweise fördern, ist er überzeugt. Dem Autor ist klar, dass diese neue Art zu rechnen die Aufgabe alter Denkschemen verlangt und eine Menge praktischer Fragen aufwirft. Er macht sich in seinem Tätigkeitsfeld gleich selber auf, zusammen mit Gleichgesinnten mit kleinen, nachvollziehbaren Elementen zu zeigen, dass er die ökonomische Logik nicht auf den Kopf stellen, sondern sie vervollständigen will.
Der Autor ist Träger des Nachhaltigkeitspreises 2009 der deutschen Bundesregierung. Erste Reaktionen aus Unternehmerkreisen auf sein neues Buch sind sehr positiv ausgefallen. Das anregende, leicht verständlich geschriebene Buch ist allen zu empfehlen, die sich Gedanken zu einer zukunftsfähigen Wirtschaft machen.
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