„Revolution der Demokratie“ – Rezension von Siegfried Wendt

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Als ich den Aufsatz „Ketze­ri­sche Gedan­ken zum Problem der Macht­ver­tei­lung“ verfass­te, der dann in der HUMANEN WIRTSCHAFT (3/2021) erschien, kannte ich das Buch „Revo­lu­ti­on der Demo­kra­tie“ von Johan­nes Hein­richs noch nicht. Am Ende meines dama­li­gen Aufsat­zes habe ich darauf hinge­wie­sen, dass ich für diesen Aufsatz auch den Titel „Demo­kra­tie ja – aber nicht so! Ja wie denn dann?“ hätte wählen können. Hier kann ich nun sagen, dass dies auch ein passen­der Titel für Hein­richs Buch gewe­sen wäre. Denn das zweite Kapi­tel dieses Buches hat die Über­schrift „Demo­kra­tie von Gestern“, und das neunte Kapi­tel hat die Über­schrift „Demo­kra­tie von Morgen“.
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Mir liegt die zweite Aufla­ge dieses Buches vor, und diese erschien bereits 2014 im Acade­mia-Verlag (St. Augus­tin). Ich vermu­te, dass bereits kurz nach dem ersten Erschei­nen des Buches irgend­wo eine erste Rezen­si­on erschie­nen ist. Aber das macht meine heuti­ge Rezen­si­on nicht über­flüs­sig, denn das Buch ist so zukunfts­re­le­vant, dass es auf keinen Fall in Verges­sen­heit gera­ten darf. Der Autor Johan­nes Hein­richs ist Philo­soph und Sozio­lo­ge; da kann leicht die Frage aufkom­men, wieso ich als Inge­nieur der Digi­tal­tech­nik auf die Idee komme, das vorlie­gen­de Buch zu rezen­sie­ren. Dazu muss ich sagen, dass ich dieses Buch nicht als akade­mi­scher Fach­mann rezen­sie­re, sondern als poli­tisch gebil­de­ter Bundes­bür­ger, der sich schon seit vielen Jahren über die ekla­tan­ten Mängel unse­rer Demo­kra­tie aufregt. Aber erst beim Lesen des vorlie­gen­den Buches ist mir klar gewor­den, dass diese Mängel die unmit­tel­ba­re Konse­quenz der untaug­li­chen Form unse­rer Demo­kra­tie sind und dass es durch­aus eine Form von Demo­kra­tie geben kann, welche diese Mängel vermeidet.
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Die folgen­de kurze Liste enthält die wesent­li­chen Mängel, die ich hier meine:
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Obwohl in Arti­kel 38 des Grund­ge­set­zes fest­ge­hal­ten ist, dass die Abge­ord­ne­ten an Aufträ­ge und Weisun­gen nicht gebun­den und nur ihrem Gewis­sen unter­wor­fen sind, gibt es den Frak­ti­ons­zwang. In diesem äußert sich der Sach­ver­halt, dass die Partei­en dem Partei­wohl den Vorrang geben vor dem Allge­mein­wohl. Zwar kommt der Begriff Frak­ti­ons­zwang im Grund­ge­setz nicht vor, trotz­dem aber wissen die Abge­ord­ne­ten, dass sie ihre Wieder­auf­stel­lung auf den Kandi­da­ten­lis­ten für die kommen­den Wahlen aufs Spiel setzen, wenn sie nicht im Sinne der Frak­ti­ons­füh­rung abstimmen.
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Die Konkur­renz­si­tua­ti­on, in der sich die Partei­en zuein­an­der befin­den, führt dazu, dass keine Partei sich traut, den Wählern offen zu sagen, dass wir unse­rer Verant­wor­tung gegen­über zukünf­ti­gen Gene­ra­tio­nen nur dadurch gerecht werden, dass wir zu einem beschei­de­ne­ren Lebens­wan­del zurück­keh­ren. Statt­des­sen wird weiter­hin – wider besse­res Wissen – gebets­müh­len­ar­tig die Forde­rung nach Wirt­schafts­wachs­tum wiederholt. – - – 

Der Bundes­tag ist weit davon entfernt, ein reprä­sen­ta­ti­ves Abbild des Wahl­vol­kes zu sein. So sind beispiels­wei­se – jeweils bezo­gen auf ihren Anteil an der Gesamt­be­völ­ke­rung – die Juris­ten um den Faktor zehn über- und die Inge­nieu­re um den Faktor zehn unter­re­prä­sen­tiert. Dies ist eine Folge der unter­schied­li­chen Attrak­ti­vi­tät des Abge­ord­ne­ten­am­tes für die verschie­de­nen Berufs­grup­pen. Gerade dieje­ni­gen Bürger, die aufgrund ihrer hohen Bildung und ihrer ausge­präg­ten Soli­dar­ver­ant­wor­tung beson­ders für ein Abge­ord­ne­ten­amt geeig­net wären, treten als Kandi­da­ten gar nicht an, weil sie damit rech­nen müss­ten, im Wahl­kampf von weni­ger geeig­ne­ten Kandi­da­ten „mit Schmutz bewor­fen zu werden“. – - – 

Die Viel­falt der Fach­ge­bie­te, auf die sich die vom Bundes­tag zu verab­schie­den­den Geset­ze bezie­hen, ist so groß, dass – wenn über­haupt – immer nur ganz wenige Abge­ord­ne­te kompe­tent darüber urtei­len können. Grob kann man sagen, dass die Erwar­tung, auf so vielen Gebie­ten kompe­tent zu sein, dazu führt, dass letzt­lich auf keinem Gebiet eine echte Kompe­tenz vorliegt.
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Sowohl das rezen­sier­te Werk „Revo­lu­ti­on der Demo­kra­tie“, als auch die Kurz­fas­sung „Demo­kra­tie­ma­ni­fest“ von Johan­nes Hein­richs sind beide bei uns im Shop erhält­lich. Der KURZLINK führt Sie direkt dort­hin: https://hwlink.de/jhb275
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