Respektlos
Am 24. Mai haben auch wir darauf hingewiesen, was Horst Köhler dem Deutschlandfunk zu Protokoll gegeben hat.
Nun ist er zurück getreten. Vermutlich war der Blogeintrag hier der Tropfen, der das Gemütsfass des Bundespräsidenten zum Überlaufen gebracht hat. Respektlos wären seine Kritiker mit dem Amt des Bundespräsidenten umgegangen, so sagte Köhler bei seinem Rücktritt.
Doch ist diese Reaktion des Staatsoberhauptes nicht die eigentliche Respektlosigkeit vor diesem Amt? Wer nicht in erster Linie persönliche Gründe, sondern den Schutz des bekleideten Amtes in den Vordergund stellt, der muss sich doch bewusst sein, welchen Schaden er dem Amt, der Regierung und dem ganzen Land zufügt, wenn er dieses Amt einfach im Stich lässt. Mag Köhler auch noch so dünnhäutig sein. Wenn es noch eines weiteren Beweises bedurfte, wie tief wir bereits im Chaos der politischen Führungs- und Alternativlosigkeit stecken, dann ist dieser heute erbracht worden.
Schon der Rücktritt Roland Kochs deutete an, was der von Horst Köhler noch weiter verstärkt. Spüren unsere Politiker bereits, dass die in naher Zukunft bevorstehenden Herausforderungen und Aufgaben nicht mehr gewachsen sein werden? Machen sich die ersten vom Acker, bevor sie für ihre Beteiligung an dieser hilflosen Politik an den Pranger der Geschichte gestellt werden? Sowohl Roland Koch, als auch Horst Köhler müssen über ihre Ämter in vieles eingeweiht sein, was derzeit im Rahmen der „schlimmsten Krise seit 1929“ an Hintergrundinformationen verfügbar ist. Horst Köhlers Vorgeschichte in der Welt des internationalen Finanzmarktes deutet darauf hin, dass er neben Informationen aus der Politik auch auf solche aus dem Innenleben der gloabelen Finanzgeschäfte verfügt. Wenn wirklich absehbar wäre, dass diese Krise überwindbar ist, geht man nicht in einer Phase von Bord, in der die Bevölkerung verunsichert den Halt und das Vertrauen in die demokratischen Strukturen sucht. Man durchsteht die schwierige Zeit gemeinsam mit den Weggefährten, mit denen man auch die Erfolge gefeiert hat, auch wenn man dafür Opfer in Kauf nehmen müsste. Was müsste man andererseits von einem Kapitän halten, der das „Schiff“ verlässt, obwohl er mit dessen Untergang rechnen muss?
„Durch Deutschland muss ein Ruck gehen“. Roman Herzog, der frühere Amtskollege von Horst Köhler hat es in seiner Berliner Rede von 1997 anders gemeint. Doch wenn unserer gewählten Volksvertreter jetzt nicht aufwachen und sich „ruckartig“ für Veränderungen einsetzen, die dem Staat die Entscheidungsgewalt über Geschehnisse in die Hände geben, die das Leben aller Menschen betreffen, dann gehen wir ganz harten Zeiten entgegen.
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