Negativzinsen – Notenbanken in der Zwickmühle – Eckhard Behrens

Die heuti­ge Situa­ti­on ist nicht in Ordnung. Die Noten­ban­ken verzwei­feln, weil sie erst­mals – aber schon allzu lange – zu wenig Spiel­raum für Leit­zins­sen­kun­gen haben, um die Konjunk­tur zu fördern, von der auch die Kredit­nach­fra­ge der Unter­neh­men abhängt. Die Ursa­che für die Klemme, in der die Noten­ban­ken stecken, ist das riesi­ge Ange­bot an Spar­geldern, die in den letz­ten Jahr­zehn­ten gebil­det wurden. Sie haben die lang­fris­ti­gen Zinsen nach und nach gedrückt. Sie bilden die obere Grenze des Spiel­raums für Leit­zins­fest­set­zun­gen Die untere Schran­ke für ausrei­chend nega­ti­ve Leit­zin­sen setzt das mit null Prozent „rentie­ren­de“ Bargeld. – Das frei­wirt­schaft­li­che Ziel für die gegen­wär­ti­ge konjunk­tu­rel­le Lage ist eine stei­le­re Zins­struk­tur­kur­ve. Das Niveau ihrer Lage ist eine Frage der Vertei­lungs­ge­rech­tig­keit, aber nicht der Konjunkturpolitik.
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In der konjunk­tu­rel­len Lage, in der wir welt­weit sind, benö­ti­gen wir recht steile Zins­struk­tur­kur­ven. Sie sind derzeit in den meis­ten Währungs­räu­men zu flach und bieten daher auch zu wenig Anreiz für mittel- und lang­fris­ti­ge Kapi­tal­an­la­gen. Daher verharrt zurzeit ein so großer Anteil der Erspar­nis­se in den kurz­fris­ti­gen Anla­ge­for­men. Die flache Zins­struk­tur­kur­ve drückt auch auf die Zins­mar­gen der Banken. Fris­ten­trans­for­ma­ti­on bringt zurzeit nicht viel. – Das lange Ende der Zins­struk­tur­kur­ve bestimmt das Kapi­tal­an­ge­bot, das kurze haben norma­ler­wei­se die Noten­ban­ken in der Hand.
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Wenn wir das Problem, wonach den Noten­ban­ken nega­ti­ve Leit­zin­sen ermög­licht werden müssen, bei echter Geld­wert­sta­bi­li­tät – also der Über­ein­stim­mung von Nomi­nal- und Real­zin­sen – lösen wollen, dann brau­chen wir eine Steuer auf Bargeld (Geld­hal­te­ge­bühr). Sie senkt die untere Grenze für nega­ti­ve Leit­zin­sen zumin­dest in Höhe ihres Prozent­sat­zes ab. Die Noten­bank hätte dann einen (vom Gesetz­ge­ber bestimm­ten) Spiel­raum für nega­ti­ve Leit­zins­set­zun­gen. Diesen kann sie nach konjunk­tur­po­li­ti­schem Bedarf mehr oder weni­ger oder gar nicht nutzen. Die Geld­hal­te­ge­bühr beein­flusst nicht nur das Anla­ge­ver­hal­ten der Sparer, sondern auch das Konsum­ver­hal­ten aller Geld­ein­kom­mens­be­zie­her im Sinne einer Stabi­li­sie­rung. Das wird es der Noten­bank ganz wesent­lich erleich­tern, den Geld­wert bei +/- 0 % Inflation/Deflation zu stabilisieren.
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Heute haben wir die Geld­hal­te­ge­bühr nicht und daher keinen hinrei­chen­den Spiel­raum der Noten­bank für (nomi­na­le) nega­ti­ve Leit­zins­set­zun­gen. Sie kann nur versu­chen, den realen Leit­zins etwas unter 0 % zu drücken, indem sie Infla­ti­ons­ra­ten erzeugt. Ben Bernan­ke hat jüngst in einem Blog darge­legt, dass dieser Weg theo­re­tisch möglich, aber poli­tisch-prak­tisch in ausrei­chen­dem Maße nicht gang­bar sei; es sei nämlich ein höhe­res Infla­ti­ons­ziel als zwei Prozent für die Noten­ban­ken poli­tisch nicht vertretbar.
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Er lotet daher die Möglich­keit aus, jetzt schon nega­ti­ve Zinsen fest­zu­set­zen, und zeigt, dass die Null­zins­schran­ke nicht starr ist. Er verweist auf die Praxis verschie­de­ner Noten­ban­ken (EZB, Japan, Schweiz) und wirft sogar die Frage der Kombi­nier­bar­keit der beiden Wege (Infla­ti­ons­ra­ten und nega­ti­ve Zinsen) auf. In der Tat wird über­all ein 2 %-Infla­ti­ons­ziel ange­strebt, wenn auch nicht mit der ausdrück­li­chen Begrün­dung, real nega­ti­ve Leit­zin­sen anzustreben.
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Mögli­cher­wei­se wird von den großen Kapi­tal­sam­mel­stel­len der Weg in die Bargeld­hor­tung bei der gegen­wär­ti­gen Höhe der nega­ti­ven Leit­zin­sen deshalb nicht in dem viel­fach erwar­te­ten Umfang beschrit­ten, weil für sie klar ist, dass eine Infla­ti­ons­ra­te von 2 % wie eine entspre­chend hohe Geld­hal­te­ge­bühr von der Bargeld­hor­tung abschreckt. Auch bei momen­tan gerin­ge­ren tatsäch­li­chen Infla­ti­ons­ra­ten und der Erkennt­nis, dass sie schwer auf das ange­streb­te Niveau hoch­zu­trei­ben sind, bleibt es abschre­ckend, dass die Noten­ban­ken ihr Infla­ti­ons­ziel nicht aufge­ben, sondern so hart­nä­ckig wie möglich weiter­hin anstreben.
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Es sollte also heute schon möglich sein, dass die Noten­ban­ken nomi­nal nega­ti­ve Leit­zin­sen in der Höhe ihrer jeweils erreich­ten Infla­ti­ons­ra­ten fest­set­zen. Die fest­ge­setz­ten Leit­zin­sen tref­fen nicht das Bargeld, aber die Infla­ti­on schreckt bei einer solchen Höhe nega­ti­ver Zinsen doch von der Bargeld­hor­tung ab. Die Infla­ti­ons­ra­te und der nomi­nal nega­ti­ve Zins summie­ren sich zum real nega­ti­ven Leitzins.
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Siehe dazu und zur Notwendigkeit
höhe­rer Infla­ti­ons­zie­le das nach­fol­gen­de Posi­ti­ons­pa­pier des Semi­nars für frei­heit­li­che Ordnung e. V. zum
Euro-Leitzins.
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