Ein ande­res Zukunfts­bild des Wirt­schaf­tens – Editorial

Ein ande­res Zukunfts­bild des Wirtschaftens —

Es ist genau 10 Jahre her. Anfang 2006 durfte ich Sie das erste Mal mit meinem Edito­ri­al begrü­ßen und das aktu­el­le Heft der HUMANEN WIRTSCHAFT einleiten.

In der dama­li­gen Ausga­be befand sich auch ein klei­ner Hinweis auf ein selt­sa­mes Finanz­pro­dukt, mit dessen Hilfe in den USA Leute mit gerin­gem Einkom­men eine eigene Immo­bi­lie erwar­ben. Ja sogar Mittel­lo­se konn­ten hohe Kredi­te aufneh­men, weil die ausge­ben­den Banken von den Kredit­neh­mern 5 Jahre keine Tilgung und nicht die volle Zins­zah­lung erwar­te­ten. „Option ARM“ (Adjus­ta­ble Rate Mortga­ge) hieß das Produkt und ließ den Schuld­ner weit­ge­hend darüber bestim­men, wie viel er in den ersten 5 Jahren an seinem Darle­hen zurück­be­zah­len wollte. Diese Finanz­markt-Schöp­fun­gen erfreu­ten sich millio­nen­fa­cher Beliebt­heit und mach­ten viele Ameri­ka­ner zu „Häus­le­bau­ern”. Später tauch­ten Kredi­te dann – seman­tisch hübsch verpackt – in Anla­ge­pro­duk­ten wieder auf, die deut­sche Banken in ihr Port­fo­lio aufnah­men. Rating-Agen­tu­ren, haupt­säch­lich US-Ameri­ka­ni­sche hatten den hoch­ver­zins­li­chen Papie­ren Best­no­ten gege­ben. Das dicke Ende kam im Herbst 2008. Die Option, arm zu werden traf aber nur die Staa­ten – vor allem in Deutsch­land und Europa – und ihre Steu­er­zah­ler. In einem nie dage­we­se­nen Ausmaß rette­te man Banken, die den Schrott­pa­pie­ren auf den Leim gegan­gen waren.

Zehn Jahre später hat sich nicht allzu viel geän­dert, sieht man einmal von dem histo­ri­schen Zins­tief ab, in dem die Finanz­welt seit gerau­mer Zeit dümpelt. Noch immer stei­gen Geld­ver­mö­gen und Schul­den drama­tisch an. Das Schul­den­be­die­nen ist leich­ter gewor­den, aber schon schwin­gen die USA das Damo­kles­schwert höhe­rer Zinsen. Das könnte inner­halb kurzer Zeit dazu führen, dass die Schul­den­last Staa­ten, Unter­neh­men und Banken in Gefahr bringt. Dass es ein weite­res Mal zu einer Verschie­bung von Lasten auf Steu­er­zah­ler kommt, ist in Anbe­tracht des nega­ti­ven Images der seiner­zei­ti­gen Maßnah­me höchst unwahrscheinlich. 

Auf eine Entwick­lung – wenn man sich zu grund­le­gen­den Verän­de­run­gen nicht durch­rin­gen kann – weisen immer mehr Mahnen­de hin: Zuneh­men­der Terror und Kriege. Die Zeichen, wonach das auf uns zukom­men wird, verstär­ken sich dramatisch. 

1916 wies schon Silvio Gesell auf die Zusam­men­hän­ge einer verfehl­ten Geld­po­li­tik und damit einher­ge­hen­den Kriegs­ge­fah­ren in seinem Haupt­werk „Die Natür­li­che Wirt­schafts­ord­nung“ hin. Heute – 100 Jahre später – finden Gesells Lösungs­vor­schlä­ge zwar vermehr­ten Einfluss auf alter­na­ti­ve Denker der Ökono­mie, doch von einem echten Durch­bruch scheint das noch weit entfernt. Zu weit, betrach­tet man sich die vor der Haus­tür Euro­pas bereits schwe­len­den Brand­her­de. Die Kriege, an denen das menschen­ge­mach­te Geld­sys­tem maßgeb­li­chen Anteil hat, führen uns die Flücht­lin­ge ins Land. Auch räum­lich kommen sie uns näher, bzw. sind in Form von Terror­an­schlä­gen längst zur laten­ten Gefahr geworden. 

Wie immer in höchs­ter Not wird die verfüg­ba­re Ener­gie in die Linde­rung der Auswir­kun­gen gesteckt. Viel zu selten wird nach den Ursa­chen gefragt. So gut wie nie, wird Grund­sätz­li­ches in Frage gestellt. Alle machen weiter wie bisher und hoffen auf andere, irgend­wie ange­neh­me­re Ergebnisse. 

Wir von der HUMANEN WIRTSCHAFT werden im Rahmen unse­rer beschei­de­nen Möglich­kei­ten weiter­hin ein Garant für Alter­na­ti­ven blei­ben. Diese sind nicht nur erreich­bar, sondern liegen auch in weiten Zügen schon als umsetz­ba­re Konzep­te auf dem Tisch. Uner­müd­lich werden wir jenes andere Zukunfts­bild des Wirt­schaf­tens zeich­nen, dem wir zutrau­en, für einen grund­le­gen­den Wandel zu sorgen. Einem, bei dem die Menschen das Klima vorfin­den, welches das Gute zur vollen Blüte entfal­ten lässt.

Immer ist es die Gegen­wart, die uns den Hand­lungs­spiel­raum bietet, etwas zu verän­dern. Die Vergan­gen­heit mag uns mit einem Ruck­sack an Bedin­gun­gen in die Gegen­wart geführt haben und lähmend wirken. Was wir jedoch davon in die Zukunft tragen oder völlig neuge­stal­ten, obliegt einzig unse­rem Willen und unse­rer Kreativität.

Wie sagte der Dalai Lama so treffend:

„Es gibt nur zwei Tage im Jahr,
an denen man so gar nichts tun kann.
Der eine heißt ‚gestern‘, der andere ‚morgen‘. Also ist heute der rich­ti­ge Tag, um zu lieben, zu handeln und vor allem zu leben.“

Herz­lich grüßt Ihr Andre­as Bangemann 

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