Der leise Atem der Zukunft – Eine Buchrezension von Andreas Bangemann
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Ulrich Grober: „Der leise Atem der Zukunft“ – Vom Aufstieg nachhaltiger Werte in Zeiten der Krise. oekom verlag München, Juli 2016, Paperback, 320 Seiten, € 19,95 ISBN 978–3‑86581–807‑2 – - –
https://www.oekom.de/nc/buecher/gesamtprogramm/buch/der-leise-atem-der-zukunft.html
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Ulrich Grober ist ein anerkannter Nachhaltigkeitsexperte. Sein Buch „Die Entdeckung der Nachhaltigkeit“ gilt ebenso als Standardwerk, wie „Vom Wandern“. Im vorliegenden Werk verknüpft er seine beiden Herzensthemen auf besondere Weise. Der Autor lässt den Leser auf eine erzählerische Wanderung gehen, die Lust macht. Lust auf das Wandern als Freizeitbetätigung, Lust auf das Erschließen von Städten und Regionen zu Fuß, aber vor allem Lust auf das Entdecken des Wandels.
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„Ist Nachhaltigkeit tatsächlich primär eine Kultur des ‚Machens‘, des Andersmachens und Neumachens? Oder nicht primär eine ‚Kultur des Lassens‘?“
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Anhand der vielen Beispiele, die Ulrich Grober allesamt für das Buch „erwanderte“ wird klar, dass Letzteres überwiegt. Im Stadtwald von Lübeck stellten sich die Förster vor 30 Jahren, nach den Verwüstungen des Orkans „Wiebke“ die Frage „Was tun?“ Ihre Antwort: „Nichts!“ So wandelte sich ein künstlicher, von Menschenhand angelegter Fichtenwald zu einem natürlichen Buchenmischwald. Natürliche Regenerationskraft durch menschliches Nichtstun.
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In seinen Erzählungen dringt durch, wie die Natur uns Menschen ihre Liebe beweist. Sie schenkt uns die Macht, sie zu zerstören, aber vertraut darauf, dass wir es nicht tun.
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Die Realität sieht anders aus, wird der nüchterne Betrachter urteilen. Das weiß auch der Autor. Die Art, wie er die Akteure innerhalb der „ökonomischen Erzählung“ beschreibt ist schonungslos. Und ist doch von einem unterschwelligen Positivismus geprägt, dass man an einen weisen Mann denkt, der sein verzweifeltes Gegenüber tröstend in den Arm nimmt. Ulrich Grober nutzt Verknüpfungen zu aktuellen Schriftstellern, schlägt aber auch die Brücke zu Kunst, Kultur und Erkenntnissen aus Jahrhunderte alter Vergangenheit. Das dabei entstehende Gesamtbild lässt die dem Turbokapitalismus innewohnende „Schlange“ Gier zum Kaninchen werden. Das Feindbild Banker wird zum bedauernswerten „Master of nothing“. Den Versuchen der Autoindustrie – am Beispiel von VW – mit Marketingmaßnahmen irgendwie die Kurve zur Nachhaltigkeit zu kriegen, unterstellt er nichts mehr als der Abgesang eines Endspiels zu sein, an dessen Ende eine völlig neue Ära von Mobilität und ökonomischen Werten stehen wird. Man merkt Grober förmlich an, wie er selbst die Gelassenheit lebt, die es braucht, um „lassen“ zu können. Er ist außerhalb des Hamsterrads und sucht zu Fuß die Orte auf, an denen sich der Bau des „oikos“, dem „gemeinsamen Haus“ der Menschheit beispielhaft nachweisen lässt. Er nimmt die Leser mit in die „Autostadt“ nach Wolfsburg, jenem Ort, der derzeit wie kein anderer den drohenden Untergang repräsentiert. Betrug, Renditehatz und das blinde Mantra verfolgend, wonach das oberste Gebot lautet: „Das Kapital muss bedient werden“. Er wandert zur „Quelle“ von Wilhelm Hauffs „Das kalte Herz“ in den Schwarzwald, zum „Horizont-Observatorium“ nach Herten nahe seiner persönlichen Heimat im Ruhrgebiet, nach Erfurt oder in einen niedersächsischen Genossenschaftswald.
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Auf diesem Weg zu den guten Beispielen unserer Zeit schlägt Ulrich Grober so manchen geistigen Haken. Dabei entführt er seine Leser in die Musikszene der 60er Jahre, zu Meister Eckart, Laotse, Karl Jaspers oder dem großen deutschen Philosophen Leibniz, der konstatierte „Die Gegenwart ist aufgeladen mit Vergangenheit – und geht schwanger mit der Zukunft“. Die englische Romantik ist vertreten durch William Blakes Erkenntnis, wonach „Der Weg des Exzesses zum Palast der Weisheit führt“. Ulrich Grober beweist mit diesem Buch, wie die Kunst des Patchworks auch beim Schreiben zu einem Gesamtwerk führen kann, das für Verstand und Seele eine Wohltat ist.
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Seine geistigen und tatsächlichen „Ausflüge“ umrahmt er darüber hinaus mit ganz praktischen Vorschlägen, wie man sein Leben mit einfachen Methoden auf ausgefallene Weise bereichern kann. Gerade für Menschen, deren Themen sehr stark von theoretischen Problemstellungen geprägt sind, ist dieses Buch eine willkommene Lockerungsübung. Für alle anderen ist es eine abwechslungsreiche Unterhaltung, bei der man in vielerlei Hinsicht nur gewinnen kann.
Ulrich Grober: „Der leise Atem der Zukunft“ – Vom Aufstieg nachhaltiger Werte in Zeiten der Krise. oekom verlag München, Juli 2016, Paperback, 320 Seiten, € 19,95 ISBN 978–3‑86581–807‑2 – - –
https://www.oekom.de/nc/buecher/gesamtprogramm/buch/der-leise-atem-der-zukunft.html
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Ulrich Grober ist ein anerkannter Nachhaltigkeitsexperte. Sein Buch „Die Entdeckung der Nachhaltigkeit“ gilt ebenso als Standardwerk, wie „Vom Wandern“. Im vorliegenden Werk verknüpft er seine beiden Herzensthemen auf besondere Weise. Der Autor lässt den Leser auf eine erzählerische Wanderung gehen, die Lust macht. Lust auf das Wandern als Freizeitbetätigung, Lust auf das Erschließen von Städten und Regionen zu Fuß, aber vor allem Lust auf das Entdecken des Wandels.
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„Ist Nachhaltigkeit tatsächlich primär eine Kultur des ‚Machens‘, des Andersmachens und Neumachens? Oder nicht primär eine ‚Kultur des Lassens‘?“
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Anhand der vielen Beispiele, die Ulrich Grober allesamt für das Buch „erwanderte“ wird klar, dass Letzteres überwiegt. Im Stadtwald von Lübeck stellten sich die Förster vor 30 Jahren, nach den Verwüstungen des Orkans „Wiebke“ die Frage „Was tun?“ Ihre Antwort: „Nichts!“ So wandelte sich ein künstlicher, von Menschenhand angelegter Fichtenwald zu einem natürlichen Buchenmischwald. Natürliche Regenerationskraft durch menschliches Nichtstun.
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In seinen Erzählungen dringt durch, wie die Natur uns Menschen ihre Liebe beweist. Sie schenkt uns die Macht, sie zu zerstören, aber vertraut darauf, dass wir es nicht tun.
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Die Realität sieht anders aus, wird der nüchterne Betrachter urteilen. Das weiß auch der Autor. Die Art, wie er die Akteure innerhalb der „ökonomischen Erzählung“ beschreibt ist schonungslos. Und ist doch von einem unterschwelligen Positivismus geprägt, dass man an einen weisen Mann denkt, der sein verzweifeltes Gegenüber tröstend in den Arm nimmt. Ulrich Grober nutzt Verknüpfungen zu aktuellen Schriftstellern, schlägt aber auch die Brücke zu Kunst, Kultur und Erkenntnissen aus Jahrhunderte alter Vergangenheit. Das dabei entstehende Gesamtbild lässt die dem Turbokapitalismus innewohnende „Schlange“ Gier zum Kaninchen werden. Das Feindbild Banker wird zum bedauernswerten „Master of nothing“. Den Versuchen der Autoindustrie – am Beispiel von VW – mit Marketingmaßnahmen irgendwie die Kurve zur Nachhaltigkeit zu kriegen, unterstellt er nichts mehr als der Abgesang eines Endspiels zu sein, an dessen Ende eine völlig neue Ära von Mobilität und ökonomischen Werten stehen wird. Man merkt Grober förmlich an, wie er selbst die Gelassenheit lebt, die es braucht, um „lassen“ zu können. Er ist außerhalb des Hamsterrads und sucht zu Fuß die Orte auf, an denen sich der Bau des „oikos“, dem „gemeinsamen Haus“ der Menschheit beispielhaft nachweisen lässt. Er nimmt die Leser mit in die „Autostadt“ nach Wolfsburg, jenem Ort, der derzeit wie kein anderer den drohenden Untergang repräsentiert. Betrug, Renditehatz und das blinde Mantra verfolgend, wonach das oberste Gebot lautet: „Das Kapital muss bedient werden“. Er wandert zur „Quelle“ von Wilhelm Hauffs „Das kalte Herz“ in den Schwarzwald, zum „Horizont-Observatorium“ nach Herten nahe seiner persönlichen Heimat im Ruhrgebiet, nach Erfurt oder in einen niedersächsischen Genossenschaftswald.
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Auf diesem Weg zu den guten Beispielen unserer Zeit schlägt Ulrich Grober so manchen geistigen Haken. Dabei entführt er seine Leser in die Musikszene der 60er Jahre, zu Meister Eckart, Laotse, Karl Jaspers oder dem großen deutschen Philosophen Leibniz, der konstatierte „Die Gegenwart ist aufgeladen mit Vergangenheit – und geht schwanger mit der Zukunft“. Die englische Romantik ist vertreten durch William Blakes Erkenntnis, wonach „Der Weg des Exzesses zum Palast der Weisheit führt“. Ulrich Grober beweist mit diesem Buch, wie die Kunst des Patchworks auch beim Schreiben zu einem Gesamtwerk führen kann, das für Verstand und Seele eine Wohltat ist.
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Seine geistigen und tatsächlichen „Ausflüge“ umrahmt er darüber hinaus mit ganz praktischen Vorschlägen, wie man sein Leben mit einfachen Methoden auf ausgefallene Weise bereichern kann. Gerade für Menschen, deren Themen sehr stark von theoretischen Problemstellungen geprägt sind, ist dieses Buch eine willkommene Lockerungsübung. Für alle anderen ist es eine abwechslungsreiche Unterhaltung, bei der man in vielerlei Hinsicht nur gewinnen kann.
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