Ante Portas: Radikale und Radikalismus! – Gero Jenner
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Überall in Europa vom Süden bis in den hohen Norden stehen sie in den Startlöchern, bereit für den politischen Umbruch: Fremdenhasser, Europafeinde. In Österreich gelang es bei der jüngsten Bundespräsidentenwahl nur äußerst knapp – mit einem Stimmenvorsprung von weniger als einem Prozent – die extreme Rechte gerade noch abzuschmettern.
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Europaweit war ein Aufatmen zu hören, aber ist damit auch nur eines der Probleme gelöst, welche die rechtsextreme Opposition überall im alten Kontinent so stark werden ließ? Natürlich nicht – und deswegen ist dieser Wahlgang ein unheimliches Menetekel: Sie werden beim nächsten Mal mit Sicherheit an die Macht gelangen, nicht weil es ihnen gelingen würde, irgendeines der anstehenden Probleme zu lösen, sondern weil diese mit den bisherigen Mitteln der Politik nicht länger zu lösen sind.
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Diese Probleme bestehen zunächst in der hohen Verschuldung sämtlicher Staaten Europas: in erdrückendem Ausmaß in Griechenland und Italien, aber in eklatantem Umfang – über sechzig Prozent des BIP – nahezu in der ganzen Union. Für die heutige Wohlstandsgesellschaft haben die vorangehenden Regierungen die Arbeit kommender Generationen verpfändet: die unserer Kinder und Enkel. Für ein solches Vorgehen gab es von Anfang an keine Rechtfertigung, denn bei jedem ernsthaften Konjunktureinbruch droht einem hochverschuldeten Land der wirtschaftliche Kollaps.
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Die falsche Theorie der Globalisierung
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Doch die eigentlichen Ursachen für den Niedergang der Europäischen Union und den steigenden Unmut immer breiterer Bevölkerungsschichten liegen tiefer: Sie sind in den selbstgewählten Zwängen der Globalisierung und einer von ihr beschleunigten Ungleichheit der Bürger zu sehen. Nach klassischem liberalen Credo bedeutet Globalisierung einen Gewinn für alle Beteiligten. Man stützt sich dabei auf die Binsenweisheit, dass die Beseitigung von Handelshemmnissen und Zöllen im Inneren eines Staates den Wohlstand unzweifelhaft fördert, ja, ihn überhaupt erst ermöglicht. Die Theorie ist in der Tat unanfechtbar, solange man sie auf ein Staatsgebiet oder einen Staatenbund mit weitgehend gleichen sozialen Bedingungen und gleichem Lebensstandard bezieht. Doch sie verliert ihre Geltung und wird zu einer gefährlichen Illusion, sobald diese Gleichheit der Bedingungen fehlt, denn dann ermöglicht man Staaten mit Niedriglöhnen und fehlendem Umweltschutz, die Standards und soziale Struktur höher entwickelter Handelspartner von unten her auszuhöhlen. In diesem Fall ist Globalisierung alles andere als ein Gewinn für alle Beteiligten: Sie kommt nur den aufholenden Staaten zugute, während sie die Rückentwicklung der schon entwickelten Staaten zur Folge hat.
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Weltweites Teilen? Ja, aber nicht unter diesen Bedingungen
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Im Grunde hat die Globalisierung einen Prozess weltweiten Teilens in Gang gebracht, wo diejenigen, die bisher hohe Preise für ihre eigene Arbeit verlangten, sich immer mehr denjenigen anpassen müssen, die ihre Arbeit für Mindestlöhne verkaufen. Diese Entwicklung entspricht zwar nicht der Theorie der Neoliberalen, die nach wie vor steif und fest darauf beharren, dass der globalisierte Freihandel eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten sei, aber sie widerspricht nicht unserem Gefühl für Gerechtigkeit. Warum sollen die Menschen des Westens dauerhaft reich, die Menschen Asiens und Afrikas dauernd in ihrer Armut gefangen bleiben? Jetzt werden die begrenzten Ressourcen unter sieben Milliarden Menschen verteilt, natürlich müssen sie dann für uns teurer werden.
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Viele Bürger der westlichen Wohlstandsstaaten sind sich der Notwendigkeit globalen Teilens durchaus bewusst. Sie wären auch bereit, sich mit weniger zu begnügen, wenn bei diesem Verzicht jene mit gutem Beispiel vorangehen würden, die ohnehin über den größeren materiellen Wohlstand verfügen. Doch leider bleibt gerade diese entscheidende Voraussetzung unerfüllt, ja, sie wird sogar in ihr Gegenteil verkehrt: Die Globalisierung zwingt die ganze Last den ohnehin schon benachteiligten, materiell gesehen, unteren Schichten auf, während die ohnehin Reichen und Privilegierten den größten Vorteil aus ihr beziehen. Da die Globalisierung den Einzelstaat weitgehend der Möglichkeit der Kontrolle über den Abfluss von Kapital beraubt, steht dem Letzteren die ganze Welt als Spielfeld offen. Mit Hilfe der Mechanismen parasitärer Bereicherung lässt es sich auch dann noch profitabel investieren, wenn es Herkunftsstaaten und deren Bevölkerung zunehmend schlechter geht…
Überall in Europa vom Süden bis in den hohen Norden stehen sie in den Startlöchern, bereit für den politischen Umbruch: Fremdenhasser, Europafeinde. In Österreich gelang es bei der jüngsten Bundespräsidentenwahl nur äußerst knapp – mit einem Stimmenvorsprung von weniger als einem Prozent – die extreme Rechte gerade noch abzuschmettern.
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Europaweit war ein Aufatmen zu hören, aber ist damit auch nur eines der Probleme gelöst, welche die rechtsextreme Opposition überall im alten Kontinent so stark werden ließ? Natürlich nicht – und deswegen ist dieser Wahlgang ein unheimliches Menetekel: Sie werden beim nächsten Mal mit Sicherheit an die Macht gelangen, nicht weil es ihnen gelingen würde, irgendeines der anstehenden Probleme zu lösen, sondern weil diese mit den bisherigen Mitteln der Politik nicht länger zu lösen sind.
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Diese Probleme bestehen zunächst in der hohen Verschuldung sämtlicher Staaten Europas: in erdrückendem Ausmaß in Griechenland und Italien, aber in eklatantem Umfang – über sechzig Prozent des BIP – nahezu in der ganzen Union. Für die heutige Wohlstandsgesellschaft haben die vorangehenden Regierungen die Arbeit kommender Generationen verpfändet: die unserer Kinder und Enkel. Für ein solches Vorgehen gab es von Anfang an keine Rechtfertigung, denn bei jedem ernsthaften Konjunktureinbruch droht einem hochverschuldeten Land der wirtschaftliche Kollaps.
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Die falsche Theorie der Globalisierung
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Doch die eigentlichen Ursachen für den Niedergang der Europäischen Union und den steigenden Unmut immer breiterer Bevölkerungsschichten liegen tiefer: Sie sind in den selbstgewählten Zwängen der Globalisierung und einer von ihr beschleunigten Ungleichheit der Bürger zu sehen. Nach klassischem liberalen Credo bedeutet Globalisierung einen Gewinn für alle Beteiligten. Man stützt sich dabei auf die Binsenweisheit, dass die Beseitigung von Handelshemmnissen und Zöllen im Inneren eines Staates den Wohlstand unzweifelhaft fördert, ja, ihn überhaupt erst ermöglicht. Die Theorie ist in der Tat unanfechtbar, solange man sie auf ein Staatsgebiet oder einen Staatenbund mit weitgehend gleichen sozialen Bedingungen und gleichem Lebensstandard bezieht. Doch sie verliert ihre Geltung und wird zu einer gefährlichen Illusion, sobald diese Gleichheit der Bedingungen fehlt, denn dann ermöglicht man Staaten mit Niedriglöhnen und fehlendem Umweltschutz, die Standards und soziale Struktur höher entwickelter Handelspartner von unten her auszuhöhlen. In diesem Fall ist Globalisierung alles andere als ein Gewinn für alle Beteiligten: Sie kommt nur den aufholenden Staaten zugute, während sie die Rückentwicklung der schon entwickelten Staaten zur Folge hat.
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Weltweites Teilen? Ja, aber nicht unter diesen Bedingungen
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Im Grunde hat die Globalisierung einen Prozess weltweiten Teilens in Gang gebracht, wo diejenigen, die bisher hohe Preise für ihre eigene Arbeit verlangten, sich immer mehr denjenigen anpassen müssen, die ihre Arbeit für Mindestlöhne verkaufen. Diese Entwicklung entspricht zwar nicht der Theorie der Neoliberalen, die nach wie vor steif und fest darauf beharren, dass der globalisierte Freihandel eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten sei, aber sie widerspricht nicht unserem Gefühl für Gerechtigkeit. Warum sollen die Menschen des Westens dauerhaft reich, die Menschen Asiens und Afrikas dauernd in ihrer Armut gefangen bleiben? Jetzt werden die begrenzten Ressourcen unter sieben Milliarden Menschen verteilt, natürlich müssen sie dann für uns teurer werden.
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Viele Bürger der westlichen Wohlstandsstaaten sind sich der Notwendigkeit globalen Teilens durchaus bewusst. Sie wären auch bereit, sich mit weniger zu begnügen, wenn bei diesem Verzicht jene mit gutem Beispiel vorangehen würden, die ohnehin über den größeren materiellen Wohlstand verfügen. Doch leider bleibt gerade diese entscheidende Voraussetzung unerfüllt, ja, sie wird sogar in ihr Gegenteil verkehrt: Die Globalisierung zwingt die ganze Last den ohnehin schon benachteiligten, materiell gesehen, unteren Schichten auf, während die ohnehin Reichen und Privilegierten den größten Vorteil aus ihr beziehen. Da die Globalisierung den Einzelstaat weitgehend der Möglichkeit der Kontrolle über den Abfluss von Kapital beraubt, steht dem Letzteren die ganze Welt als Spielfeld offen. Mit Hilfe der Mechanismen parasitärer Bereicherung lässt es sich auch dann noch profitabel investieren, wenn es Herkunftsstaaten und deren Bevölkerung zunehmend schlechter geht…
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