Fundstück 05/2019 – Für Sie aufgestöbert!
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entdeckt von Anselm Rapp in:
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„Auferstehung“ von Leo Tolstoi (Zweiter Teil, Kapitel 6 )
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Alles war ihm jetzt so klar, daß er sich nicht genug wundern konnte, wie die Leute das nicht einsahen, und wie er selbst so lange nicht sah, was so augenscheinlich klar war. Das Volk stirbt aus, es hat sich an sein Aussterben gewöhnt, es haben sich bei ihm die dem Aussterben eigentümlichen Erscheinungen eingestellt, Sterblichkeit der Kinder, übermäßige Arbeit der Frauen, Mangel an Nahrung für alle, besonders für die Alten. Und so allmählich ist das Volk in eine Lage gekommen, deren ganzes Grausen es selbst nicht sieht, so daß es nicht einmal klagt. Daher glauben auch wir, daß es so nur natürlich sei und so sein müsse. Jetzt war es ihm klar wie der Tag, daß die Hauptursache des Volkselends, die immer vom Volk selber eingesehen und hervorgehoben wurde, darin bestand, daß das Land, von welchem einzig das Volk sich ernähren konnte, ihm von den Grundbesitzern genommen war. „Es ist aber vollkommen klar, daß die Kinder und die alten Leute sterben, weil sie keine Milch haben; sie haben aber keine Milch, weil sie kein Land haben, um das Vieh zu weiden, Brot und Heu zu ernten; es ist ganz klar, daß das ganze Elend des Volkes, oder wenigstens die nächste Hauptursache des Volkselends darin hegt, daß das Land, das es ernährt, sich nicht in seinen Händen, sondern in den Händen von Leuten befindet, die ihr Recht auf den Boden ausnützen und von der Arbeit dieses Volkes leben. Das Land aber, das den Leuten so notwendig ist, daß sie, seiner ermangelnd, zugrunde gehen müssen, wird von diesen bis zur äußersten Not gebrachten Leuten bearbeitet, damit das Brot im Ausland verkauft wird und damit die Besitzer des Bodens sich Hüte, Spazierstöcke, Kaleschen, Bronzen kaufen können.“ Das war ihm jetzt so klar, wie es ihm klar war, daß in einer Umzäunung eingeschlossene Pferde, wenn sie alles Gras unter den Füßen aufgefressen haben, mager werden und Hungers sterben, wenn man ihnen nicht die Möglichkeit gibt, anderes Land zu benutzen, auf dem sie Futter finden können.
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Und das war schrecklich, und durfte nicht – konnte nicht so sein! Man mußte doch Mittel finden, daß es nicht mehr so ist, oder wenigstens, daß man selber keinen Teil daran nehme. „Und ich finde diese Mittel unbedingt„, dachte er, in der nächsten Birkenallee hin und her gehend.
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„In den wissenschaftlichen Gesellschaften, in den staatlichen Instituten, in den Zeitungen reden wir von den Ursachen der Armut des Volkes und von den Mitteln zur Hebung derselben, nur nicht von dem einzigen unzweifelhaften Mittel, das das Volk sicher heben würde, und welches darin besteht, daß man ihm das weggenommene, ihm notwendige Land zurückgibt.“ Und er erinnerte sich lebhaft an die Grundsätze Henry Georges und an seine Begeisterung für denselben, und er wunderte sich, wie er das alles habe vergessen können.
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„Das Land kann nicht Gegenstand des Eigentums, kann nicht Gegenstand des Kaufs und Verkaufs sein, so wenig wie Wasser, wie Luft, wie die Sonnenstrahlen. Alle haben das gleiche Recht auf das Land und auf alle Vorteile, die es den Menschen bietet.“
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Und er begriff jetzt, warum er sich geschämt hatte, an die Ordnung der Verhältnisse in Kusminskoje zu denken. Er hatte sich selber betrogen.
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Wissend, daß der Mensch kein Recht auf den Boden haben kann, hatte er für sich dieses Recht in Anspruch genommen und den Bauern einen Teil dessen geschenkt, von dem er in innerster Seele wußte, daß er gar kein Recht darauf habe. Jetzt würde er das nicht mehr tun; er wird das, was er in Kusminskoje getan, ändern. Und er formte in seinem Kopf einen Plan, der darin bestand, den Bauern den Boden für eine Rente zu verpachten, diese Rente aber sollte Eigentum derselben Bauern sein; sie sollten dies Geld zahlen und für Steuern und Gemeindeangelegenheiten verwenden. Das war noch keine „single tax“, aber es war die bei der jetzigen Ordnung möglichst größte Annäherung an dieselbe. Die Hauptsache aber war, daß er auf die Ausnutzung seiner Rechte auf das Grundeigentum verzichtete.
entdeckt von Anselm Rapp in:
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„Auferstehung“ von Leo Tolstoi (Zweiter Teil, Kapitel 6 )
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Alles war ihm jetzt so klar, daß er sich nicht genug wundern konnte, wie die Leute das nicht einsahen, und wie er selbst so lange nicht sah, was so augenscheinlich klar war. Das Volk stirbt aus, es hat sich an sein Aussterben gewöhnt, es haben sich bei ihm die dem Aussterben eigentümlichen Erscheinungen eingestellt, Sterblichkeit der Kinder, übermäßige Arbeit der Frauen, Mangel an Nahrung für alle, besonders für die Alten. Und so allmählich ist das Volk in eine Lage gekommen, deren ganzes Grausen es selbst nicht sieht, so daß es nicht einmal klagt. Daher glauben auch wir, daß es so nur natürlich sei und so sein müsse. Jetzt war es ihm klar wie der Tag, daß die Hauptursache des Volkselends, die immer vom Volk selber eingesehen und hervorgehoben wurde, darin bestand, daß das Land, von welchem einzig das Volk sich ernähren konnte, ihm von den Grundbesitzern genommen war. „Es ist aber vollkommen klar, daß die Kinder und die alten Leute sterben, weil sie keine Milch haben; sie haben aber keine Milch, weil sie kein Land haben, um das Vieh zu weiden, Brot und Heu zu ernten; es ist ganz klar, daß das ganze Elend des Volkes, oder wenigstens die nächste Hauptursache des Volkselends darin hegt, daß das Land, das es ernährt, sich nicht in seinen Händen, sondern in den Händen von Leuten befindet, die ihr Recht auf den Boden ausnützen und von der Arbeit dieses Volkes leben. Das Land aber, das den Leuten so notwendig ist, daß sie, seiner ermangelnd, zugrunde gehen müssen, wird von diesen bis zur äußersten Not gebrachten Leuten bearbeitet, damit das Brot im Ausland verkauft wird und damit die Besitzer des Bodens sich Hüte, Spazierstöcke, Kaleschen, Bronzen kaufen können.“ Das war ihm jetzt so klar, wie es ihm klar war, daß in einer Umzäunung eingeschlossene Pferde, wenn sie alles Gras unter den Füßen aufgefressen haben, mager werden und Hungers sterben, wenn man ihnen nicht die Möglichkeit gibt, anderes Land zu benutzen, auf dem sie Futter finden können.
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Und das war schrecklich, und durfte nicht – konnte nicht so sein! Man mußte doch Mittel finden, daß es nicht mehr so ist, oder wenigstens, daß man selber keinen Teil daran nehme. „Und ich finde diese Mittel unbedingt„, dachte er, in der nächsten Birkenallee hin und her gehend.
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„In den wissenschaftlichen Gesellschaften, in den staatlichen Instituten, in den Zeitungen reden wir von den Ursachen der Armut des Volkes und von den Mitteln zur Hebung derselben, nur nicht von dem einzigen unzweifelhaften Mittel, das das Volk sicher heben würde, und welches darin besteht, daß man ihm das weggenommene, ihm notwendige Land zurückgibt.“ Und er erinnerte sich lebhaft an die Grundsätze Henry Georges und an seine Begeisterung für denselben, und er wunderte sich, wie er das alles habe vergessen können.
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„Das Land kann nicht Gegenstand des Eigentums, kann nicht Gegenstand des Kaufs und Verkaufs sein, so wenig wie Wasser, wie Luft, wie die Sonnenstrahlen. Alle haben das gleiche Recht auf das Land und auf alle Vorteile, die es den Menschen bietet.“
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Und er begriff jetzt, warum er sich geschämt hatte, an die Ordnung der Verhältnisse in Kusminskoje zu denken. Er hatte sich selber betrogen.
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Wissend, daß der Mensch kein Recht auf den Boden haben kann, hatte er für sich dieses Recht in Anspruch genommen und den Bauern einen Teil dessen geschenkt, von dem er in innerster Seele wußte, daß er gar kein Recht darauf habe. Jetzt würde er das nicht mehr tun; er wird das, was er in Kusminskoje getan, ändern. Und er formte in seinem Kopf einen Plan, der darin bestand, den Bauern den Boden für eine Rente zu verpachten, diese Rente aber sollte Eigentum derselben Bauern sein; sie sollten dies Geld zahlen und für Steuern und Gemeindeangelegenheiten verwenden. Das war noch keine „single tax“, aber es war die bei der jetzigen Ordnung möglichst größte Annäherung an dieselbe. Die Hauptsache aber war, daß er auf die Ausnutzung seiner Rechte auf das Grundeigentum verzichtete.
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