Sehnsucht nach „der“ Volkspartei?
Während über die Parteitage der „Etablierten“ nüchtern und meist ergebnisorientiert berichtet wird, reizt der Bundesparteitag der Piratenpartei die großen Medien zu flankierenden Maßnahmen, welche die derzeit erfolgreichste „Splitterpartei“ in ein eher schlechtes Licht rücken.
Die „Tagesschau“ bringt dabei die eher unbekannte Politologin Katja Kullmann in Position, um Äußerungen, wie
„Ich würde mir wünschen, dass wieder soziale Standpunkte bezogen werden“ oder
„Ich wünsche mir große, starke, verlässliche Parteien. Eigentlich wünsche ich mir sogar die Rückkehr der Volkspartei statt lauter kleiner Klientel-Parteien.“
als Gegenposition zu den politischen Emporkömmlingen aufzubauen, denen man eher Neoliberalismus unterstellt, als ein soziales Gewissen. Den Beweis liefert Frau Kullmann gleich mit, denn sie hat gezählt, dass im Parteiprogramm der Piraten „acht- oder neunmal“ das Wort „individuell“ und nur einmal „solidarisch“ vorkommt.
„Die“ Volkspartei von Frau Kullmann findet sich demnach irgendwo links der Mitte. Dort wo „Solidarität“ als Hülsenfrucht reichlich in Parteiprogrammen und offiziellen Verlautbarungen ausgesät wird. Wenn Helmut Schmidt beim SPD-Parteitag mit „Europa braucht ein mitfühlendes Herz“ um europäische Solidarität wirbt, dann muss das bei den „Opfern“ der SPD-Hartz-IV-Reformen wie Hohn in deren Ohren klingen.
Um das Erfrischende an den Piraten zu erkennen, braucht es Menschen, die bereit sind, zunächst einmal alles in Frage zu stellen und auf seinen Zukunftswert hin zu beurteilen. Die Tatsache, dass die Piraten noch kein festgeschriebenes Wirtschaftsprogramm haben und statt dessen auf die innerparteilichen Findungs- und Entwicklungsprozesse hinweisen, macht sie nur noch sympathischer. Während die etablierten Parteien von ihren Wirtschaftsprogrammen auch dann nicht abrücken, wenn um sie herum das Wirtschafts- und Sozialgefüge in sich zusammenfällt, halten sich die Piraten in dieser Frage noch alles offen. Das birgt die große Chance, dass sie 2013 mit echten Alternativen zu Fragen des Geldsystems antreten können.
Auf zukünftige „Volksparteien“ mit viel „solidarisch“ im Programm, aber wenig Substanz in den wichtigen Fragen der jetzigen Wirtschaftskrise können wir und alle zukünftigen Generationen geflissentlich verzichten. Ob es die Piraten oder andere junge Parteien letztlich sind, die mit Alternativen aufwarten, die diesen Namen verdienen sei dahingestellt. Alleine die Tatsache, dass den Etablierten ihre „TINA“ um die Ohren gehauen wird, ist schon ein Segen. Auch wenn „Katja“ das nicht wahrhaben will.
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