Verantwortungsvolle Kryptowährungen – Arthur Brock
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Ich habe viel darüber nachgedacht, wie man ICOs zu einer gänzlich soliden, ethisch vertretbaren und beständigen Quelle des Guten machen kann. Das Herzstück einer ICO ist jedoch das „C“ – also die Kryptowährung, die angeboten wird. Wie kommen wir zu ethischen ICOs, wenn Kryptowährungen selbst nicht in der Lage sind, den Mainstream-Anforderungen gerecht zu werden? Ehrlicherweise muss man sagen, dass Kryptowährungen im täglichen Gebrauch für normale Menschen und Unternehmen noch zu unsicher sind.
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Dabei rede ich nicht von Doppelzahlungen oder 51 %-Attacken. Auch nicht von schwerzugänglichen Benutzeroberflächen oder undurchdringlicher Sprache. Ich rede nicht einmal von schlechter Schlüsselverwaltung oder Gerätesicherheit. Das sind zwar alles wesentliche Probleme, aber das Hauptproblem ist das große Wertrisiko. Diese Kryptowährungs-Achterbahnfahrt ist für manche Menschen sicherlich ein Vergnügen, aber diejenigen die es sich nicht leisten können, alles investierte zu verlieren, werden bei so etwas nicht mitmachen.
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Krypto-Handelsmärkte sind derzeit (bewusst) nicht besonders zugänglich. Die Risiken scheinen groß und unergründlich. Die meisten können weder Code analysieren noch aus einem Whitepaper erkennen, wer nur heiße Luft produziert oder tatsächlich vertrauenswürdig ist. Es gibt einen Wust an relevanten Nachrichten, die verfolgt werden müssen und zu viele erforderliche Insider-Informationen.
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„Krypto-Wale“ können jederzeit in kleinere Münzenpools springen und Wellen schlagen, mit denen sie Preise manipulieren. Ist man nicht einer dieser marktbestimmenden Wale, dann muss man als kleiner Fisch auf das Glück hoffen, nicht abgezockt zu werden. Aktuell existieren tatsächlich nur Handelsmärkte. Es gibt bislang keine substanzielle Ökonomie, die Kryptowährungen verwendet. Die unsinnigen Marktaktivitäten entstehen einzig durch Personen, die eine Art von Pokerchip gegen einen anderen tauschen.
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Ich weiß, damit zeichne ich ein ziemlich düsteres Bild. Viele werden auf den langfristigen Aufwärtstrend der wenigen Riesen wie Bitcoin oder Ether hinweisen wollen, trotz der Ökonomen, die davon ausgehen, dass diese Blasen bald platzen werden. Ich frage mich, was mit ihnen geschieht, wenn die nächste Technologie-Generation herauskommt, die „proof-of-work“, „proof-of-stake“, „consensus“ und selbst Blockchain überflügeln wird? Wie lange werden aufgeblähte „Energiefresser“, die bereits unter der Kontrolle von nur wenigen Mining-Pools stehen, gegen wirklich widerstandsfähige, energiesparende und vollständig verteilte Alternativen bestehen können?
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Es muss aber nicht so sein
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Es gibt keine physikalischen Gesetze oder Rechenregeln, die uns dieselben todbringenden Rezepte im Krypto-Raum wiederholen lassen, die schon die globalen Finanzmärkte zerstört haben, beispielsweise die Konzentration von Reichtum und Macht bei Wenigen, die dann in der Lage sind, Konjunkturzyklen zu manipulieren. Wir wiederholen einfach nur die Fehler der Vergangenheit, weil wir keine echten Alternativen sehen. Die Entwickler von Blockchain haben wahrscheinlich die Verschlüsselungstechnik verstanden, aber es sieht so aus, als ob sie die Grundlagen zur Ausgestaltung einer Währung nicht lernen wollten, oder nicht bereit waren schlecht funktionierende Abläufe des bestehenden Finanzsystems in Frage zu stellen.
Kryptowährungen müssen keine „Spielchips“ sein, die aus dem nichts geschaffen werden. Sie könnten verantwortungsbewusst mit echten Vermögenswerten, Vereinbarungen oder realen Werten verbunden werden. Sie müssen nicht jene spekulativen Geldprobleme neu erschaffen, die sie eigentlich lösen sollten.
Tatsächlich versteht die gesamte Krypto-Community von Währungsdesign so wenig, dass sie das Wort „fiat“ (Lateinisch: aus dem Nichts ins Dasein gerufen) quasi umdefiniert hat, um damit nationale Währungen zu beschreiben. Dabei wird übersehen, dass bis dato jede Krypto-Münze aus dem Nichts ins Dasein gerufen wurde. (Hinweis: Woher weiß man, ob diese Behauptung stimmt? Fragen Sie sich: „Wer wird belastet, wenn jemand neu geschöpfte Münzen gutgeschrieben bekommt?“ Sollte die Antwort „Niemand“ sein, dann wissen Sie, dass „fiat“ zutrifft.)
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Optimierung als Tauschmittel
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Nationale Währungen genießen dadurch eine Monopolstellung, dass Steuern mit ihnen bezahlt werden müssen und sie als gesetzliche Zahlungsmittel fungieren. Im Wesentlichen wird aus diesem Grund ein Leben ohne Verwendung einer Landeswährung nahezu unmöglich. Dieses aufgezwungene Monopol könnte durch Kryptowährungen leicht zerschlagen werden, wenn wir gute hätten – schnell, billig, austauschbar, dezentral. Aber wir stecken immer noch in der monopolistischen Denkweise des Geldes fest.
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Wir haben eine Reihe unterschiedlichster Funktionen beim Geld, die in mehrerlei Hinsicht umgestaltet werden sollten: Tauschmittel, Wertaufbewahrungsmittel, Verrechnungseinheit und Statussymbol.
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Regel zum Aufbrechen eines Monopols: Nicht versuchen, alles für alle zu sein.
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Das Währungsdesign sollte so optimiert werden, dass es entweder zu einem Tauschmedium oder einem Wertspeicher wird, aber nicht zu beidem. Diese gepaarten traditionellen Funktionen widersprechen sich. Wird eine Währung als guter Wertspeicher optimiert, möchte man sie nicht ausgeben. Sie wird gehortet und viele Aktivitäten in der Realwirtschaft finden in dieser Währung nicht statt. Eine der Möglichkeiten, den Umlauf einer Währung zu optimieren, ist z. B. der Einsatz verschiedener Formen der „Demurrage“ (eine Gebühr aufs Horten), wodurch eine Art Heiße-Kartoffel-Effekt erzeugt wird, der das Geld in Bewegung hält. Dabei muss das Zahlungsmittel mit geringem Aufwand und wenig Kosten genutzt werden können.- – -
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