Sharing Economy – Reinhard Loske
Bike oder Ride Sharing, Couchsurfing oder Kleidertausch, Urban Gardening oder Food Sharing, Crowdfunding oder Office Sharing, Coworking oder freie Software – in all diesen Segmenten der Sharing Economy erleben wir momentan weltweit ein enormes Wachstum, insbesondere in Nordamerika, Europa und Australien, zunehmend aber auch in Asien. Hinter dieser Entwicklung liegen verschiedenste Motive, vom gestiegenen Umwelt- und Kostenbewusstsein bis zur neuen Freude am gemeinsamen Wirken.
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Zwei Faktoren für diese Entwicklung sind von herausragender Bedeutung: zum einen die sich vor allem bei jungen Menschen durchsetzende Gewissheit, dass Nutzen (können) wichtiger ist als Besitzen (müssen), um Zugang zu Gütern, Leistungen und Wissen zu erlangen; zum anderen die enormen und weiter zunehmenden Möglichkeiten des Internets und die damit einhergehende Erleichterung und Beschleunigung des Zusammenbringens von Angebot und Nachfrage auf den entsprechenden Märkten.
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Es ist nicht gewagt, dem Sharing eine große Zukunft zu prophezeien. Aber wie ist dieser Trend zu bewerten? Ist er für Gesellschaften, Ökonomien und Einzelne eher gut und chancenreich oder eher schlecht und risikoreich? Meine Antwort: Die Ökonomie des Teilens kann ebenso zu einem Generator von sozialer Kohäsion und nachhaltiger Entwicklung werden, wie sie zum permanenten Wettbewerb aller gegen alle und zur vollständigen Ökonomisierung unseres Lebens führen kann – bei gleichzeitigem Entstehen von global agierenden Digitalmonopolen mit Hang zum Totalitären. Zwingend ist aber keine dieser Entwicklungen. Es kommt darauf an, welchen politischen und rechtlichen Rahmen wir der Ökonomie des Teilens geben: regional, national, in der EU und weltweit.
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Optimisten versus Pessimisten
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Analysiert man die große Fülle der in den letzten Jahren erschienenen Veröffentlichungen und Verlautbarungen zum weiten Feld der Sharing Economy, so lassen sich im Wesentlichen zwei generelle Sichtweisen erkennen: eine optimistische und eine pessimistische.
Auf der einen Seite wird nicht selten euphorisch argumentiert, etwa von Jeremy Rifkin, die gemeinschaftliche Nutzung von Fahr‑, Werk- und Spielzeugen, Gebäuden, Geräten und Maschinen, Kleidung, Nahrungsmitteln und Software biete ein enormes Potential für Ressourceneinsparung und Umweltentlastung, stifte sozialen Zusammenhalt durch Kooperation und Rückbindung und ersetze egoistische Motive Schritt für Schritt durch altruistische. Hier wird dem Sharing-Modus, der im gesellschaftlichen Alltag an die Stelle kompetitiver Grundorientierungen treten soll, eine transformative und letztlich systemsprengende Kraft zugeschrieben. Am Horizont erscheint nichts Geringeres als das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen.
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Ganz anders schaut eine ungewöhnliche Koalition aus berufsständischen Verbänden, Internetavantgardisten sowie Verbraucher- und Datenschützern auf die Sharing Economy. Gewerkschaften etwa warnen auf einer Linie mit Netzexperten wie Sascha Lobo oder Evgeny Morozov vor einer „Dumpinghölle“, in der nach unten offener Wettbewerb zur Regel werde. Im sogenannten Plattformkapitalismus drohe die Erosion sozialstaatlicher Errungenschaften und eine allumfassende Entsolidarisierung der Gesellschaft – also das exakte Gegenteil dessen, was die Sharing-Optimisten voraussehen. Was wir ehedem aus Empathie und ohne ökonomisches Kalkül taten, so die Befürchtung, machen wir in Zukunft nur noch aus Berechnung und gegen Geld.
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Mittelständische Unternehmen, etwa des Taxi- oder Hotelgewerbes, sehen sich durch ungleiche Regulierung in einen ruinösen Wettbewerb getrieben und in ihrer Existenz bedroht. Ihre Interessenverbände streiten daher Seit an Seit mit den Gewerkschaften, was sonst eher selten der Fall ist. Verbraucher- und Datenschützer wiederum verweisen auf mangelnde Sicherheitsstandards, mangelnden Versicherungsschutz und allzu freigiebigen Umgang mit persönlichen Daten in der Sharing Economy. Zugleich müssen sie zur Kenntnis nehmen, dass immer mehr Menschen von der Möglichkeit des Teilens Gebrauch machen, sich also freiwillig in diese neue Welt begeben.
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Zweifel am Sharing werden nun selbst aus ökologischer und konsumkritischer Richtung laut: Zwar sei es richtig, dass Teilen potentiell umweltentlastend und ressourcenschonend wirke, weil theoretisch weniger Güter produziert und gekauft werden müssten. Da das Ganze aber mehr und mehr von einer sozialökologisch inspirierten Praxis zu einem wachstumsorientierten Business Case werde – wofür Unternehmen wie Uber, Airbnb, Car2go, DriveNow oder Kleiderei stünden –, gehe es nicht mehr um Konsumbeschränkung, sondern um die Stimulierung von multioptionalem Konsum für jedermann zu jeder Zeit an jedem Ort. Wenn alles billiger werde, so das Argument, könne man sich von allem immer mehr leisten, wodurch der Ressourcenverbrauch eher steige als sinke. Mit Nachhaltigkeit habe das nichts mehr zu tun.
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Zwei Faktoren für diese Entwicklung sind von herausragender Bedeutung: zum einen die sich vor allem bei jungen Menschen durchsetzende Gewissheit, dass Nutzen (können) wichtiger ist als Besitzen (müssen), um Zugang zu Gütern, Leistungen und Wissen zu erlangen; zum anderen die enormen und weiter zunehmenden Möglichkeiten des Internets und die damit einhergehende Erleichterung und Beschleunigung des Zusammenbringens von Angebot und Nachfrage auf den entsprechenden Märkten.
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Es ist nicht gewagt, dem Sharing eine große Zukunft zu prophezeien. Aber wie ist dieser Trend zu bewerten? Ist er für Gesellschaften, Ökonomien und Einzelne eher gut und chancenreich oder eher schlecht und risikoreich? Meine Antwort: Die Ökonomie des Teilens kann ebenso zu einem Generator von sozialer Kohäsion und nachhaltiger Entwicklung werden, wie sie zum permanenten Wettbewerb aller gegen alle und zur vollständigen Ökonomisierung unseres Lebens führen kann – bei gleichzeitigem Entstehen von global agierenden Digitalmonopolen mit Hang zum Totalitären. Zwingend ist aber keine dieser Entwicklungen. Es kommt darauf an, welchen politischen und rechtlichen Rahmen wir der Ökonomie des Teilens geben: regional, national, in der EU und weltweit.
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Optimisten versus Pessimisten
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Analysiert man die große Fülle der in den letzten Jahren erschienenen Veröffentlichungen und Verlautbarungen zum weiten Feld der Sharing Economy, so lassen sich im Wesentlichen zwei generelle Sichtweisen erkennen: eine optimistische und eine pessimistische.
Auf der einen Seite wird nicht selten euphorisch argumentiert, etwa von Jeremy Rifkin, die gemeinschaftliche Nutzung von Fahr‑, Werk- und Spielzeugen, Gebäuden, Geräten und Maschinen, Kleidung, Nahrungsmitteln und Software biete ein enormes Potential für Ressourceneinsparung und Umweltentlastung, stifte sozialen Zusammenhalt durch Kooperation und Rückbindung und ersetze egoistische Motive Schritt für Schritt durch altruistische. Hier wird dem Sharing-Modus, der im gesellschaftlichen Alltag an die Stelle kompetitiver Grundorientierungen treten soll, eine transformative und letztlich systemsprengende Kraft zugeschrieben. Am Horizont erscheint nichts Geringeres als das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen.
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Ganz anders schaut eine ungewöhnliche Koalition aus berufsständischen Verbänden, Internetavantgardisten sowie Verbraucher- und Datenschützern auf die Sharing Economy. Gewerkschaften etwa warnen auf einer Linie mit Netzexperten wie Sascha Lobo oder Evgeny Morozov vor einer „Dumpinghölle“, in der nach unten offener Wettbewerb zur Regel werde. Im sogenannten Plattformkapitalismus drohe die Erosion sozialstaatlicher Errungenschaften und eine allumfassende Entsolidarisierung der Gesellschaft – also das exakte Gegenteil dessen, was die Sharing-Optimisten voraussehen. Was wir ehedem aus Empathie und ohne ökonomisches Kalkül taten, so die Befürchtung, machen wir in Zukunft nur noch aus Berechnung und gegen Geld.
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Mittelständische Unternehmen, etwa des Taxi- oder Hotelgewerbes, sehen sich durch ungleiche Regulierung in einen ruinösen Wettbewerb getrieben und in ihrer Existenz bedroht. Ihre Interessenverbände streiten daher Seit an Seit mit den Gewerkschaften, was sonst eher selten der Fall ist. Verbraucher- und Datenschützer wiederum verweisen auf mangelnde Sicherheitsstandards, mangelnden Versicherungsschutz und allzu freigiebigen Umgang mit persönlichen Daten in der Sharing Economy. Zugleich müssen sie zur Kenntnis nehmen, dass immer mehr Menschen von der Möglichkeit des Teilens Gebrauch machen, sich also freiwillig in diese neue Welt begeben.
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Zweifel am Sharing werden nun selbst aus ökologischer und konsumkritischer Richtung laut: Zwar sei es richtig, dass Teilen potentiell umweltentlastend und ressourcenschonend wirke, weil theoretisch weniger Güter produziert und gekauft werden müssten. Da das Ganze aber mehr und mehr von einer sozialökologisch inspirierten Praxis zu einem wachstumsorientierten Business Case werde – wofür Unternehmen wie Uber, Airbnb, Car2go, DriveNow oder Kleiderei stünden –, gehe es nicht mehr um Konsumbeschränkung, sondern um die Stimulierung von multioptionalem Konsum für jedermann zu jeder Zeit an jedem Ort. Wenn alles billiger werde, so das Argument, könne man sich von allem immer mehr leisten, wodurch der Ressourcenverbrauch eher steige als sinke. Mit Nachhaltigkeit habe das nichts mehr zu tun.
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