Über verdiente und unverdiente Einkommen – Maurice Allais
„Wir müssen die Verteilung der Einkommen überdenken nicht nach ihrer absoluten Höhe für jeden Einzelnen, sondern nach ihrer Natur.“
„Der Rückschritt des ökonomischen Denkens
Über das absolut fundamentale Problem der Verteilung der Einkommen in einer Märktewirtschaft (Allais legt Wert auf den Plural, WH) mit privatem Eigentum, gibt es zweifellos einen Rückschritt im ökonomischen Denken der letzten dreißig Jahre im Vergleich zum früheren Denken. Die Autoren des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, maßen der Analyse der Einkommen in einer Märktewirtschaft mit privatem Eigentum eine große Bedeutung bei: Löhne, Grundrenten, reine Zinsen, Gewinne, Monopol- und Konjunkturgewinne. Die Kritiker der Märktewirtschaft hatten namentlich die sehr erhellenden Konzepte der „verdienten Einkommen“ und der „unverdienten Einkommen“ eingeführt. Diese Analyse ist in der zeitgenössischen Literatur zum größten Teil in den Hintergrund geraten, wenn nicht verschwunden.
…
Es ist in jedem Fall symptomatisch, dass das französische Steuerwesen vom Grundsatz her Löhne wie andere Einkommensquellen behandelt. Die Weigerung oder die Unfähigkeit, zwischen den verschiedenen Einkommensquellen zu unterscheiden, führt zu einer pauschalen Annahme oder Ablehnung der Märktewirtschaft mit privatem Eigentum, so wie sie existiert.
… wir müssen die Verteilung der Einkommen überdenken nicht nach ihrer absoluten Höhe für jeden Einzelnen, sondern nach ihrer Natur; und untersuchen, ob es möglich ist oder nicht, dafür zu sorgen, dass die „unverdienten Einkommen“ einer Märktewirtschaft entweder verschwinden oder kollektiv angeeignet werden können, d. h. ob es möglich ist oder nicht, eine freiheitliche Wirtschaft für einen Sozialisten akzeptabel zu machen.“
Aus: Maurice Allais, „L‘Impôt sur le Capital et la Réforme Monétaire“ („Die Kapitalsteuer und die Geldreform“, 1972, S. 20f), Übersetzung aus dem Französischen: Walter Hanschitz-Jandl (WH).
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