Wissen ist Macht

Münde­ner Gesprä­che zum Thema „Geis­ti­ge Eigentumsrechte“

 

„Die Priva­ti­sie­rung des Gemein­schaft­li­chen in der Welt schrei­tet schein­bar unauf­halt­sam voran. Was in der Neuzeit in England mit der Einzäu­nung des Weide­lan­des begann, setzt sich heute mit der Schaf­fung „geis­ti­ger Eigen­tums­rech­te“ fort. Die Befür­wor­ter begrün­den diese Priva­ti­sie­run­gen mit höhe­rer Effi­zi­enz. Dabei werden in der wissen­schaft­li­chen und poli­ti­schen Diskus­si­on wich­ti­ge Unter­schie­de verwischt: Während im Bereich der Produk­te mensch­li­cher Arbeit das priva­te Eigen­tum nicht nur als unpro­ble­ma­tisch, sondern im Inter­es­se der Frei­heits­ent­fal­tung als erwünscht anzu­se­hen ist, erscheint es in Bezug auf Natur und Geist als durch­aus frag­wür­dig. Der mögli­che Ausschluss von der Nutzung hat nämlich sowohl bei Boden wie auch bei Wissen eine ganz andere Quali­tät als bei sons­ti­gen Gütern.  Nicht nur das Boden­ei­gen­tum, sondern auch das Eigen­tum an Ideen war daher histo­risch immer wieder heftig umstrit­ten.
   Das Patent­recht ist das stärks­te geis­ti­ge Eigen­tums­recht.  Es gilt seit ca. 150 Jahren als zentra­les Element der Forschungs­fi­nan­zie­rung, ohne das es angeb­lich keinen tech­ni­schen Fort­schritt gibt.  In einer Gesell­schaft, in der das tech­ni­sche Wissen eine immer größe­re Rolle spielt, wächst auch die Bedeu­tung dieses Instru­ments, das dem Erfin­der das Privi­leg der exklu­si­ven wirt­schaft­li­chen Verwer­tung gewährt. Kriti­sche Sicht­wei­sen des Patent­rechts, im 19. Jahr­hun­dert noch mit Vehe­menz verfoch­ten, sind seit­dem weit­ge­hend verstummt.
   In neue­rer Zeit hat sich das Patent­recht, an sich nur für Erfin­dun­gen gedacht, immer weiter in den Bereich der Entde­ckun­gen vorge­scho­ben:  Die Tore sind inzwi­schen weit geöff­net worden für eine Paten­tie­rung von Leben oder Bestand­tei­len des gene­ti­schen Codes von Lebe­we­sen. Über diese neuzeit­li­chen „Claims“ entsteht ein wirkungs­vol­ler Mecha­nis­mus der Aneig­nung.
   Auf der ande­ren Seite wird denje­ni­gen Menschen, die nicht über die notwen­di­ge finan­zi­el­le Ausstat­tung verfü­gen, der Zugang zur Nutzung des Wissens verwehrt. Ganz beson­ders bedenk­lich sind diese „Mauern des Wissens“, wenn sie z.B. den Zugang zu lebens­not­wen­di­gen Medi­ka­men­ten verbau­en.
   In ähnli­cher Weise hat das Patent­recht im Bereich der Compu­ter­soft­ware über seinen frühe­ren Anwen­dungs­be­reich hinaus eine Ausdeh­nung erfah­ren, die die Beherr­schung und Mono­po­li­sie­rung weiter Markt­be­rei­che ermög­licht und das Ziel einer höhe­ren Effi­zi­enz ad absur­dum führt.  Das Patent- und das Urhe­ber­recht schlie­ßen immer mehr Menschen vom Zugang zu Infor­ma­tio­nen aus, der aber in einer Wissens­ge­sell­schaft immer bedeut­sa­mer wird und eine wesent­li­che Grund­la­ge für eine funk­tio­nie­ren­de Demo­kra­tie darstellt.
   Das Patent­recht begrün­det ein Privi­leg, das – dem Boden­ei­gen­tum in vieler Hinsicht vergleich­bar – in der Sphäre des Wissens Mauern, Ausgren­zun­gen und Konflikt­stoff schafft. Die – von der Wissen­schaft weit­ge­hend verges­se­nen – Ideen der Boden­re­for­mer sind auch vor diesem Hinter­grund aktu­el­ler denn je.“

 

Alles zum Programm und den Termi­nen ist hier zu finden.

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